Rittmeister Johann Jakob Eschmann und das Gefecht um die Bellenschanz bei Hütten            Link auf Oelgemälde

 

Der zweite Villmerger oder Toggenburger Krieg trennte die Eidgenossen zu Beginn des 18. Jahrhunderts erneut in zwei Lager. Auf der einen Seite standen die evangelischen Städte Zürich und Bern, auf der andern die katholischen Städte Uri, Schwyz, Unterwalden, Luzern, Zug und die Abtei St. Gallen. Die entscheidenden militärischen Schläge fielen bei Will (St. Gallen, Mellingen, Baden, Sins an der Reuss, an der Bellenschanze bei Hütten und auf dem alten Kampffeld bei Villmergen. Aus diesem Ringen auf verschiedenen Kriegsschauplätzen sei eine Episode, das Treffen um die Bellenschanze am Morgen des 22. Juli 1712, herausgehoben.

 

Die zürcherische Grenze gegen Schwyz – zwischen Zürichsee und Sihl – war besonders exponiert. Man hoffte die Gefahr dadurch zu verringern, indem man einen beträchtlichen Truppenverband in das Schloss und das Dorf Wädenswil legte, an der Grenze selbst aber nur leichte Vorpostierungen ausstellte. In weitem Bogen hatte man zu Schutze dieser Posten Schanzen aufgeworfen: zu äusserst links gegen den See hin die Sternenschanze bei Gerlisberg, dann das Eichschänzli bei Samstagern, die Bellenschanze am Hüttensee, die Schanze zwischen der Sihl und dem Dorfe Hütten, sowie eine Befestigung, welche die Brücke von Finstersee auf dem rechten Sihlufer deckte. Bei Kriegsausbruch im Frühjahr 1712 besetzte man von Zürich aus zuerst diese befestigten Punkte. Auch die Schwyzer waren nicht untätig geblieben; sie hatten der Sternen- und Eichschanze gegenüber bei Weiler Itlemoos ebenfalls offenen Erdbefestigungen aufgeworfen.

 

Um 3 Uhr früh des 22. Juli flammte vom Rossberg her das Feuer auf, welches dem Schwyzer und Zuger Harst das Zeichen gab, gemeinsam in zürcherisches Gebiet einzufallen. Die Schwzyer standen im Dickhölzli gegenüber der Bellenschanze bereit, die Zuger schickten sich zum Vormarsch über die Finsterseebrücke an. In zwei Kolonnen, jede einige hundert Mann stark, ging es über Allenwinden, nördlich am Zitersteg vorbei, beidseitig dem „Aplis“ entlang gegen Bergli, einem zürcherischen Grenzweiler. Hier trafen sich die beiden Detachemente wieder und stiessen auf eine zürcherische Vorpostierung von wenigen Leuten. Sie genügte jedoch, um die zürcherischen Kontingente, welche weiter zurück gestaffelt lagen, zu alarmieren. Unentwegt rückten die Schwyzer gegen die Hüttnerschanze vor, wo sie aber schon bald in das von Major Hans Conrad Werdmüller geleitete Feuer der Falkonette – das waren leichte Feldgeschütze – und der Gewehre gerieten. Die Schanz blieb in zürcherischer Hand, der Feind wurde hier abgewiesen. Die Schwyzer liessen vom Sturm ab, wandten sich nordwärts und marschierten über den Hof Segel in Richtung der Brücke von Finstersee.

 

Auf der zürcherischen Seite war in der Zwischenzeit Rittmeister Johann Jakob Eschmann alarmiert, der etwas weiter rückwärts in Aesch kampierte. Mit seinen rasch besammelten Reitern galoppierte er gegen die neue Kirche von Schönenberg, um die drei von Segel heranrückenden feindlichen, zirka 600 Mann zählenden Kompagnien aufzuhalten: „Ich avancierte also in Gottes Namen, mit meinen 24 Reuteren und erblickte unweitmehr ersagter Schönenberg Kirch, das feindliche, schon erwehnte Detachement mit einem Rohten und zwei anderen Fahnen… Ich Commandierte meine Leuthe, dass Sie sich zuerst mit den Flinten zu feuren parat machen in aller Eyl darauf Reiten und nach Losbrennung der Gschosen, mit den Sablen in der Faust sich hertzhafft an die Feinde wagen; In dessen zwei Reuter denen im hinderhut seyenden nachkommenden grossen Partey Reuteren (das war die Finte und der Versuch welchen zu hilff name, wegen meinem wenig gehabten Leuthen, da zur selben Stund kein Mensch uns zum Succurs nachfolgete) in aller Geschwinde zu hilff ruffenn, und mit denen Hüete schweyen (schwenken, winken) sollind. Welcher Streich so glücklich angegangen, dass die Feind, welche unser fertigmachen wohl sehen, und dass 2. fingierte Comando der Nachhut zu ylfertiger Assistenz zu wincken, und zu ruffen, leicht hören möchten, und solches nit für ein Kriegslist, sonder für puren Ernst anschauwtend. Sich mit uns in kein Gefecht ynlassen dörfften, sonder auf unser Anneherung uns wichen, und dass Feld raumtend.“ So berichtete Eschmann in seiner selbstverfassten Gefechtsdarstellung, von der eine Kopie sich nun im Landesmuseum, das Original aber noch in privater Hand befindet. Die Schwyzer zogen sich gegen Segel zurück und postierten sich bei diesem Gehöft zusammen mit dem Hauptharst, welcher sich ebenfalls dorthin begeben hatte. Eschmann erzählt weiter: „Interim kame zu gutem Glück Herr Rittmeister Meyer mit seiner Compagnie Reuteren, so wie Vorgemelt im Schloss (Wädenswil) gelegen zu unser Freud an.“

 

Mit dieser Kavalkade sprengte Eschmann nun gegen die beim Segel stehenden Schwyzer an, „welches so wohl glückete, dass Sie ohne weiteres ein Schuss zu thun den Reyssaus machtend, und ob dem Hüter Seeli durch hin, gegen der Bällen Schanzt zu reutend, selbige hitzig angriffend und mit hilff eines nachmahligen Succurs von der nächst gelegenen Lölis-Mülly, Itli Maass, und Weber Reuti (von welchem letzteren mit Brustwehren versehen Ohrt, Sie am Morgen frühe die unserigen unter Comando Herren Major Kilchspergers der grad anfänglich tod geschossen worden, delogiert und vertriben hatten) ihro so hart mit Margieren zu seztend, dass das gar starcke feuren Sie fast auf die Extremitet poussiert hat.“

 

Als die Schwyzer die zürcherische Kavallerie heranreiten sahen, flohen sie „als ein ganz zersträute Herd über Kopf und Halss“. Rittmeister Meyer blieb mit seinen Leuten an der Halde gegen den See hinunter stehen, Eschmann nahm aber die Verfolgung noch über die Lölismühle hinaus auf. „Wir hätend selbigen gern weiters Verfolget, wann nit die Enge der Strass und die für die Reuterey daselbsten nachtrucksam zu agieren sich gezeigte puure unmöglichkeit es verhinderet und also die pursuite nolens volens eingestellt hete.“

 

Auf der Bellenschanze war Hans Jacob Keller von Ohringen Kommandant.

 

Major Hans Konrad Werdmüller befehligte die Besatzung der Hüttenschanze unmittelbar südlich des Dorfes. Ihm gelang es die Schwyzer, welche auf diese Schanze anstürmten, abzuweisen. Eschmann weiss darüber zu berichten: „Darauf hin wolltend Sie geschwind die Hüter-Schantz erschnappen, oder doch wenigstens das Dörffli Hütten rein aussblunderen, und daselbsten, wie auf dem Bergli ihre cruautés ausüeben – und also von Ohrt zu Ohrt continuieren – allein der Comendant in der Hüter Schantz, Herr Major Werdmüller, ein gar dapferer Mann, empfinge Sie mit etlichen Canonen Schützen der gestalten wohl dass etlichen auss Ihnen ihr hitzig Blut abgezapfft, graden wegs über ein Haufen geschossen, den andren dadurch und die unter und über Sie brausenden Kugeln ein Schräcken eingejagt, und der Appetit benomen worden, an disen Ohrt sich weiters zu wagen.“

 

Die Zeit der Jahrhundertwende brachte auch in der Eidgenossenschaft die Einführung der Uniform. Etwas zaghaft wagten sich die einzelnen Stände an die einheitliche Einkleidung ihrer Truppen. Zürich und Bern unternahmen die ersten Versuche bei der Kavallerie. Demanch kannte man in Zürich die roten und di blauen Dragoner, so benannt nach ihrer Uniform. Rote Röcke trugen aber nur jene, welche aus dem Kyburger Amt stammten. Dies traf bei den beiden Schwadronen der Rittmeister Eschmann und Meyer nicht zu. Die Sammelplätze dieser beiden Einheiten waren in Wädenswil und Dübendorf, so dass beide Offiziere blaue Dragoner kommandierten, was auch auf dem Ölgemälde sichtbar wird. Dass Eschmann selbst einen roten Rock trug, kann uns nicht erstaunen, denn solche Spezialitäten und Extravaganzen waren den Herren Offizieren ohne weiters gestattet. Eine besondere Uniform trägt der Trompeter. Sein Rock ist hellgrau, die Knöpfe sind gelb. Über die Schultern und die Ärmelaufschläge laufen Bänder mit geschachtem Muster. Leider lassen sich die Farben nicht genau erkennen. Hingegen sind die nämlichen Tressenarten bei den ausländischen Garden – zum Beispiel den Cents Suisses und in der Folge bei den meisten kantonalen Uniformen der Spielleute – eingeführt. Die letzten Überreste finden sich in der Schweiz auf dem „Schwalbennestern“ – Epaulettenart – der Spielleuteuniform 1852 – 1861.

 

Durch diese Feststellungen erhält das Bild (siehe: Zeitgenössische Oelgemälde von J. Füssli A02+A04.jpg) nun eine ganz neue Topographie. Auf der rechten Seite ist die Hüttner Schanze sichtbar. Sie besteht aus einem Wall aufgeschütteter Erde welcher aussen durch eine Pfahlreihe geschützt ist. Hinter dieser Schutzwehr sind zum Teil die zürcherischen Infanteristen sichtbar; sie schiessen soeben aus ihren Steinschlossgewehren eine Salve gegen die Schwyzer. Ein Falkonett – ein leichtes Feldgeschütz – ist ebenfall in Feuerstellung. Über die Brüstung hinaus ragt noch eine Fahne mit durchgehendem weissem Kreuz. Dicht vor der Schanze ist ein Feuer angezündet, welches der Besatzung die Möglichkeit gibt, auch bei Nacht von der Schusswaffe Gebrauch zu machen. Im Vordergrund sind einzelne Schwyzer Trupps im Angriff gegen den Segel, doch der grösserer Teil befindet sich auf der Flucht vor dem zürcherischen Kugelregen. Unmittelbar hinter dem in der Bildmitte sichtbaren Tannenwald liegt in der Tiefe die Sihl. Das Feuer im Hintergrund ist auf dem nahen Rossberg und erinnert den Beschauer an jenes Signalfeuer, welches die Schwyzer als Zeichen des Angriffbeginns auf dieser Höhe anzündeten und von dem auch Eschmann zu berichten weiss.

 

Über die Uniformierung ist festzuhalten, dass im Gegensatz zum zürcherischen Herr das schwyzerische weit buntscheckiger eingekleidet war. Rote, blaue, braune und graue Röcke, selbst von ungleichem Schnitt, standen in Gebrauch. Auf die Bewaffnung war ungleichmässig. Das Neue, das Uniforme, fehlte praktisch noch völlig.