Die militärische Besetzung der Landschaften Höfe und March zur Zeit des Toggenburgerkrieges.

 

    Der schon lange waltende Streit zwischen dem Fürstabte von St. Gallen und seinen Untertanen im Toggenburg kam zum Ausbruche, als letztere auf einer am 23. März 1707 abgehaltenen Landsgemeinde gemäss Weisung von Zürich und Bern die fürstlichen Beamten, die keine Landleute waren, entliessen, einen aus 80 Mitgliedern bestehenden einfachen und dementsprechend einen dreifachen Landrat wählten, eine sechsgliedrige Regierungskommission ernannten, Blut- und Appellationsgericht bestellten und protestantischerseits die Kollaturrechte an sich zogen. 

    Ueber dieses rechtswidrige Vorgehen beklagten sich am 6. Juni die fürstäbtischen Abgeordneten an der Konferenz der katholischen Orte in Luzern und stellten weitläufig das ungebundene eigenmächtige Verfahren und über alles das grosse Präjudiz der dort sinkenden katholischen Religion vor und ergingen sich über die neuesten Akten und Fakten, ob denen billig jedes unparteiische katholische Gemüt sich bestürzen müsse. Gleichermassen beschwerte sich der Fürst von St. Gallen bei den Boten der katholischen Stände im November. Von diesem Zeitpunkte an blieb das Toggenburger-Geschäft das Schmerzenskind der Tagsatzungen. Nachdem man sich jahrelang herumgezankt, konnte und wollte man sich nicht mehr verstehen. Die Anstände auf friedlichem Wege beizulegen, sollte auch der gemeineidgenössischen Jahrrechnungstagsatzung vom Juli 1711 nicht möglich werden. 

    Inzwischen trat die Angelegenheit in ein anderes Stadium. Nachdem am 18. Januar 1712 der Landrat von Toggenburg ab den Kanzeln verkünden liess, dass niemand ohne seine Bewilligung irgend ein Erkanntnis ausgehen lassen dürfe, wurde am 5. Februar an alle Kirchen ein Mandat des Fürstabtes angeschlagen, worin dieser alle, welche ihm seine Gefälle entziehen würden, mit schwerer Strafe bedrohte. Als Antwort hierauf verbreiteten die Toggenburger am 12. April, im Begriffe, die Klöster St. Johann und Magdenau zu besetzen, ein Manifest, worin es u. a. heisst: „Nachdem Wir nun viele Jahre her mit dem fürstlichen Gotteshause St. Gallen in Zerwürfnis gestanden, weil selbiges Unser Land, den in Unsern Grundbriefen, im Landeid und Landrecht enthaltenen, bestbegründeten und von unsern lieben Voreltern genossenen Freiheiten zuwider, heftig bedrängt, und auf den Sturz einer traurigen Knechtschaft mit Unbarmherzigkeit gebracht hat, wie die von Uns mündlich und schriftlich gegebenen Darstellungen solches alles zur Genüge beweisen, wurden Wir endlich genötigt, Uns wieder in den Besitz Unserer Freiheiten rechtmässig zu setzen, jedoch also, dass Wir immerhin erklärten, Uns allem dem, was durch die bereits aufgestellte unparteiische Mediation billig und recht werde befunden werden, willig unterwerfen zu wollen“.

 

    Deutlicher und offener lautete das tags darauf erlassene Manifest der Stände Zürich und Bern. Zum Schlusse steht da: „Also haben Wir aus fried- und billigkeitsliebendem Gemüte nicht anders gekonnt, als den bedrängten Toggenburgern auf ihr so sehnliches Verlangen und in genugsamer Erwägung ihrer erlittenen Drangsale zu Trost und Hilfe zu kommen, dermalen einen Auszug an Unsere Grenzen gegen Toggenburg zu stellen und wofern hiemit der erwünschte Erfolg nicht erreicht würde, das mehrere Erforderliche vorzunehmen, in keiner andern Meinung, als die Unruhe im Lande Toggenburg wieder zu stillen und eine gesamte löbl. Eidgenossenschaft im Frieden aufrecht zu erhalten.

 

    Bereits vom 5. April an liefen in Schwyz beständig Berichte ein über kriegerische Vorbereitungen im Zürcherlande und Toggenburg. So schreibt Untervogt F.B. Anselm Wissmann in Uznach an diesem Tage: „Werde also nicht ermangeln, gute Aufsicht zu haben. Im Zürchergebiet ist es zwar ganz stille; allein in den gegen unsern und der Toggenburger Grenze liegenden Kirchhören ist alles Volk aufgemahnt“. Am 9. April rapportiert der nämliche Untervogt an den in Schwyz wohnenden Landeshauptmann der Grafschaft Uznach, Joseph Schorno: „Im Zürchergebiet ist zwar öffentlich alles still; allein da unsere Leute diese Woche nach Zürich gereist, haben selbige whrgenommen, dass dem See entlang die aus den Gemeinden das Volk bei angehender Nach in der Stube lassen unter dem Gewehre zusammen kommen ohne einiges Jauchzen und Schiessen und anderem und folglich blinde Musterung machen. Aufgemahnet sei alles durch das ganze Zürchergebiet“. Der Kommandant von Rapperswil, Joseph Anton Reding, lässt sich unterm 12. April dahin vernehmen: „Item das am 1. April an mich Abgegangene habe erhalten. Seitdem nichts Notabels in Erfahrung gebracht, als dass heute ein hiesiger Bürger von Zürich her zurück kam. Der bringt, dass er in Herrn Hauptmann Webers Haus, der Wein ausschenkt, einen Trunk genommen, der ihm gesagt, dass er morgen, wie er sich einbilden könne, mit seiner Kompagnie und noch 20 Andern an die Grenze marschieren werde. Dieser Hauptmann Weber ist zwar ein Prahler; doch gibt es einen Gedanken, dass etwas unter der Hand sein müsse, da die Zürcher die Rohre unserm hiesigen Büchsenschmiede zu verbessern vor wenig Tagen gegeben haben, gestern und heute solche wieder, sogar die nicht reparierten abgeholt unter dem Vorwande, dass eilends eine Musterung sein werde. In diesem Momente vernehme ich von einem hiesigen Bürger, der von Turbenthal herkommt, dass in der Nacht das Kommando gekommen, der Ausschuss solle fortziehen und deswegen er auf seiner Reise viel Volk gesehen. Ein anderer Prilgrim, so von Fischingen kommt, ein Gleiches mitbringt, dass er auch Volk angetroffen. Hiemit ich das von Hauptmann Weber Gesagte wahr halten muss, dass nämlich Vlk auf die Grenze gegen Toggenburg gelegt werde“. Weiter heisst es: In Zürich seien viel Volk und Proviantwagen bereit; sieben Stuck (Kanonen) habe man gegen Winterthur geführt, die Kriegsschiffe in den See geordnet und die Bettler aus dem Lande gejagt.  

    Am nämlichen 12. April übermittelte Luzern ein von Landschreiber Karl Anton Schindler und Untervogt Beat Anton Schnorf in Baden den 11. nachts zwischen 9 und 10 Uhr gefertigtes Schreiben des Inhaltes: Seit ungefähr einer halben Stunde laufen ziemlich zuverlässige Nachrichten ein von katholischen Leuten, die von Zürich kommen und dort gesehen, wie Wagen zur Artillerie parat stehen und alles in Bewegung sei, die Offiziere mit Aufsuchung der Pferde, die Gemeinen mit Zubereitung der Rohre und dergleichen und haben anbei vernommen, dass diesen Morgen allda der Schluss ergangen, „morndrigs Tags“ mit 30 Kompagnien jede à 200 Mann samt Tross und Bagage auszuziehen gegen Toggenburg und zweifelsohne auch gegen die Grenzen von Schwyz, Zug und alte  st. gallische Landschaft. 

    Zur nämlichen Zeit machte Untervogt Wissmann in Uznach seinen zu Hause weilenden Vorgesetzten Schorno auf die gefahrdrohende Vereinigung der Zürcher und Berner Truppen aufmerksam, wenn er schreibt, dass 4000 Berner unterhalb Brugg über eine Schiffbrücke den Zürchern zu Hilfe ziehen sollen, mit dem Beifügen, dass 4000 Fusssoldaten mit Proviant für 4 Tage und 300 Reiter im Zürchergebiet aufgebrochen seien. Auch Zug hielt nicht zurück. Es habe vernommen, dass in der Stadt Zürich die Wagen zur „Attollereye“ parat und alles in Bewegung gewesen, sich mit Wehr und Waffen zu versehen und zum stündlichen Auszuge sich verfasst erzeigt und dass der Schluss ergangen, auf heute verflossenen Morgen mit einer namhaften Mannschaft ins Toggenburg zu ziehen; ein Teil derselben sei schon wirklich abgezogen. Auch sei einige Reiterei nach Kappel an die Grenze zu gehen verordnet. Wie man ebenfalls aus sicherer Hand aus den Freien Aemtern den Bericht erhalten, seien an selbigen Grenzen die Berner aufgemahnt, stündlich parat zu stehen, wie das Gerücht gehe, um sich mit Zürich zu konjungieren. Es habe daher nicht ermangelt, zu veranstalten, dass an seinen Grenzen gegen Zürich genau invigiliert und auf die Bewegungen fleissig Obacht gegeben werde, um nicht unversehens überfallen zu werden. 

    Dass die Truppenbewegungen sich in der Tat nicht nur gegen Toggenburg, sondern auch gegen Schwyz richteten, ging aus einem am 13. April von Landschreiber Hegner in der March gefertigten Briefe hervor, in welchen stund, dass die Zürcher etliche 100 Mann gegen Kappel und etliche 100 zur neuen Kirche im sogenannten Schönenberge gelegt hätten. 

    Nach Eingang des oberwähnten von Luzern übermittelten Schreibens von Landschreiber Schindler und Untervogt Schnorf in Baden versammelte sich am 12. April abends 8 Uhr zu Schwyz der Rat. Zum Ersten ging der Schluss, dass die Kommandanten von Rapperswil, Uznach, Gaster, Marche und Höfe eilends abreisen, alles aufmahnen, das Volk in Bereitschaft halten, die Grenzen verwahren und die Fussboten aufstellen und bis morgen sobald als möglich, was sich ergäbe, fürdersam berichten sollen. An sie ging ferner die Weisung, Spionen zu entsenden, die Vorposten zu besetzen und sich miteinander über die zu ergreifenden Massregeln zu beraten. Hinsichtlich der letztern liess man ihnen freie Hand. Den Quartierhauptleuten war befohlen, all ihr Volk aufzumahnen und selbiges auf das Zeicher der grossen Glocke zum stündlichen Auszuge bereit zu halten. Schliesslich wurde Uri um ein gleiches ersucht und ihm ferner mitgeteilt, dass bei solcher Emergenz der Kommandant von Rapperswil Befehl erhalten, die bestimmten 100 Mann mit sich zu nehmen.1)

 

1) An der am 19. August 1695 zu Weggis stattgehabten Konferenz der geheimen Kriegsräte der V katholischen Orte wurde für den Fall eines Bruches mit Zürich Schwyz darauf aufmerksam gemacht, wie wichtig die Erhaltung von Rapperswil und der dortigen Brücke sei und dass daher ihm obliege, die Stadt mit 500 Mann unter einem kriegskundigen Offizier zu besetzen, bis die Schirmorte nachrücken können.

 

Am folgenden Tage trat der dreifache Landrat neuerdings zusammen und erkannte auf Ueberlassung einer Landsgemeinde einhellig, „dass, wenn Zürich gegen Toggenburg mit seinen Truppen und Mannschaften immer mehr vorrücken werde, wir solche Lupfung der Waffen für eine wirkliche Gewalttat und Friedensbruch erkennt und angesehen haben wollen, und also laut schon öfter ergangenen Landesgemeinde- und dreifachen Ratserkanntnissen, wir den Fürsten zu St. Gallen und die bedrängten katholischen Toggenburger laut und in Kraft des Landrechtes, nicht lassen drängen, sondern sie mit allen unsern Kräften retten, schützen und schirmen helfen, und sobald durch mehrere und sicherere Berichte kontinuiert wird, dass die Zürcher mit dem Auszuge fortfahren, dass wir in Gottes und seiner jungfräulichen Mutter Mariä Namen mit der Landesfahne ausziehen und die löbl. katholischen Orte laut Bünden und goldenem Bunde nachmahnen und um den eidgenössischen Zuzug brüderlich ersuchen wollen, dass sie mit und neben uns zur Rettung der katholischen Mitbrüdern im Toggenburg ihre Hilfe und Hand beitragen wollen.“ 

    Indessen aber solle ein Schreiben an Zürich per expressum abgeschickt werden, mit Bedeuten, dass wir wider ihre den Bünden zuwider laufende gewalttätige kriegerische Aufführung und Lupfung der Waffen und wider alles das, so hieraus erfolgen möchte, vor Gott und der ehrbaren Welt in bester und kräftigster Form protestiert haben wollen. 

    Jedoch ist heiter vorbehalten und ausbedungen worden, dass wir nicht in das Toggenburg, sondern auf und in das Zürchergebiet ziehen und die Zürcher, als welche sich wider alles Recht der Toggenburger angenommen, selbige uns, als mit ihnen verlandrechteten Ort, wider Ehr und Eid abgezogen, angreifen wollen, dadurch dem Fürsten von St. Gallen und den getreuen Katholischen in dem Toggenburg Luft zu machen. 

Ist der Auszug auf morgen eine Stunde vor Tag festgestellt. Zu dem Ende sollen in allen unsern Kirchgängen alle Glocken morgens um 3 Uhr geläutet werden und ein jeder ehrliche Landmann und Beisasse, so zu dem ersten Auszug verordnet bei seinem Vaterlandseide auf seinem verordneten Sammelplatze sich einfinden. 

    Es sollen auch inzwischen auf allen Pässen Wachten bestellt und niemand, ausser obrigkeitliche Bote und Briefträger, bei Strafe und Ungnade, passieren gelassen, sondern alle andern sowohl Weibs- als Mannspersonen hinterhalten werden. 

Herr Brigadier Heinrich Ludwig Reding ist bis zukünftige Maienlandesgemeinde zu einem Landeshauptmann ernannt und Herr  Landammann Schorno in Abwesenheit des Herrn Landesfähnrich Reding als Landesfähnrich erwählt worden. 

Es ist aber unsern gnädigen Herren und Obern, auch einem Kriegsrate überlassen, nach Befinden der Dinge und Abänderung der Sachen den Landsturm wieder einzustellen“. 

    Am 13. April versammelten sich im Schlosse Pfäffikon die Kommandanten von Uznach, March, Rapperswil, Gaster, Grynau und Höfe und verlangten Verhaltungsmassregeln mit dem fernern Beifügen, dass die höchste Notwendigkeit sein werde, Weg und Steg, die in einem elenden Zustande sich befinden, zu verbessern. Tags drauf erhielten sie von der Kanzlei Schwyz, aus Erkanntnis eines hochweisen Kriegsrates, den Befehl, wohl vertraute ehrliche Leute zu bestellen, welche genaue Achtung auf die von Zürich, sonderlich aber nach Toggenburg reisenden Boten haben sollen, um selbige anzuhalten und die auf ihnen vorfindlichen suspekten Papiere zu visitieren, jedoch mit der Spezialerinnerung, dass solches alles heimlich und klüglich angeordnet werde. 

    Glück im Abfangen verdächtiger Papiere scheint man nicht gehabt zu haben, denn später noch wird berichtet, wie täglich Boten zwischen Zürich und Toggenburg durch das Gasterland unbehelligt passieren konnten. Die Herren Kommandanten hatten freilich Notwendigeres zu schaffen, als auf Spione Jagd zu machen. In den Vogteien und abhängigen Landschaften verursachte ihnen das Exerzitium wenig Schmerzen. Zu Hause ihren Privatgeschäften lebend oder in fremden Diensten stehend, begnügten sie sich ab und zu mit einer Musterung, verbunden mit militärischem Drill; das weitere erschien von Ueberfluss. Die Fehde war denn bereits ausgebrochen, als die Kommandanten erst ihre Kriegsvorbereitungen trafen. 

    So schreibt Joseph Anton Reding am 14. April von Rapperswil aus: Berichte in aller Untertänigkeit, dass ich, nachdem ich gestern bei guter Zeit vormittags hier angelangt, sogleich Herrn Stadtschultheiss, Schlossvogt und Kriegsräte zusammen berufen, mit denen ich alle nötigen und möglichen Anstalten alsobald gemacht, dass wir so gut als möglich in einem halb offenen und nun leider allerdings bekanntlich unhaltbaren Orte nicht überfallen werden. Ich habe alle Hochwachten, so der Bürgerschaft entnommen werden, aufgestellt, die Vorwacht mit 2 kontinuierlichen Schildwachten besetzt, alle Feuer- und Loszeichen aufgeführt, eine nächtliche Beiwacht von einer Rotte Hofleute in die Stadt zu nehmen gestern Anfang gemacht, ein „rortell“ und 2 Flösse zur Konservation der Brücke in den See getan, die Bürgerrodel visitiert, die Zeughäuser und neue Schanzen, so in ziemlich gutem Stande gefunden worden, in Augenschein genommen und endlich eine genaue Untersuchung der Lebensmittel getan, so sich leider auch in ziemlich schlechtem Stande befinden, indem wir vor dem wenigstens 400 Mütt, diesmal aber nicht mehr denn 200 gefunden. 

    Tags darauf berichtet der Landeshauptmann von Gaster, Martin Anton Abegg,  dass die ihm unterstellte Landschaft mit Korn sehr übel versehen sei; er tröste sich aber damit, in casu necessitatis von Statthalter Ceberg versorgt zu werden. Zu gleicher Zeit beruft sich Landeshauptmann Joseph Franz Anton Nideröst auf sein letztes an Schwyz gerichtetes Schreiben, worin er für die Landschaft March um Geld oder Frucht sollizierte. „Es haben zwar die Herren Vorgesetzten von hier an Vieh und Käse eine genugsame Provision verordnet und solches ordentlich repartiert, richtig und allein das tägliche Brot abgeht, welches männiglich sehr affektiert ist, wann also die Notwendigkeit erfordern will, meine untergebene Soldateska damit zu providieren und entgegen dass hiezu das erforderliche Geld ermangelt wird.“ 

    Schon am Tage vor Erlass ihres Manifestes, am 12. April, hatten die Stände Zürich und Bern an Luzern geschrieben, dass sie „einen etwelchen geringen Kriegsauszug ins Feld stellen werden“. Noch vor Eintreffen dieses Briefes wurde durch Kundschafter die Nachricht von der Mobilisierung und dem Abmarsche der Züricher Truppen nach Elgg überbracht. Auch davon hatte man Kenntnis, dass die Berner beabsichtigten, über die Aare bei Stilli mit den Zürchern sich zu vereinigen. Als nun in dieser augenscheinlichen Not der Abt von St. Gallen mit Schreiben vom 13. April die mit ihm verlandrechteten Orte Schwyz und Glarus „auf das allerkräftigste und so hoch er könne“ um Hilfe und Rat angerufen und infolge dessen Schwyz die übrigen katholischen Orte unter Hinweis auf den goldenen Bund und die Bundesbriefe sofort zu eidgenössischer Hilfe und brüderlichen Zuzuge aufmahnte, liess Luzern in Eile auf den 15. April eine Konferenz in Brunnen ausschreiben.

 

    Am ersten Tage konnte man sich nicht einigen; die Konferenz wurde bis zum 17. vertagt. Inzwischen langte in Schwyz ein vom 14. April datiertes Schreiben des Fürstabtes von St. Gallen ein des Inhaltes, dass ganz Toggenburg im Krieg begriffen, das Kloster St. Johann unter Anführung züricherischer Offiziere und unter Anleitung Rüdlingers und des meineidigen Schultheissen Wirth von Lichtensteig mit Waffengewalt eingenommen, ebenso auch Magdenau besetzt worden und Oberstwachtmeister Felber von Wyl zur Unterstützung der treuen Gemeinden Bütschwil und Kirchberg abgehe, weshalb um Gotteswillen um Zuzug aller katholischen Orte dringendst gebeten werde. 

Nachdem diese Mahnung sogleich den andern katholischen Ständen mitgeteilt worden, beschloss der gesessene Landrat von Schwyz mit Zuzug des Kriegsrates den 16. April: dass der Auszug auf Montag den 18. dies geschehen solle an die zürcherischen Grenzen, Zeit und Stunde aber dem geheimen Kriegsrate zu determinieren überlassen sein solle, solchergestalten, dass morgens als Montag bei Läutung des Kriegsglöckleins alle die Herren Räte bei Eiden um 4 Uhr morgen im Kriegsrate erscheinen sollen, und wenn dann St. Gallen noch in der Not, wie es dermalen sein wird, es wirklich gestürmt werden solle oder aber auf sichern eintreffenden Bericht, dass St. Gallen und die alte Landschaft nicht mehr in der Not sind, mag der Sturm von selbigem Rat wieder eingestellt werden. Es solle sich aber männiglich auf alle Stunden und Augenblicke parat und marschfertig halten und auf das Zeichen der grossen Glocke jeder an seinem gehörigen Ort und Sammelplatz erscheinen; sollte aber deswegen bei Eiden anders nicht ausgesagt werden, als die Sache sei höchst gefährlich, und wir seien keinen Augenblick sicher, dass wir nicht ausziehen müssen. 

    Am 17. April trat die Konferenz der V katholischen Orte zu Brunnen neuerdings zusammen. Nachdem Schwyz mitgeteilt, dass es beschlossen, auf den 18. April morgens früh mit der Landesfahne und der Hälfte des Volkes auszuziehen und alsbald mit dem Panner nachzufolgen, wurde einhellig befunden, die gewälttätigen Unternehmungen der Zürcher und Berner nicht mehr länger zu dulden; es werden daher die katholischen Orte mit ihren Truppen Schwyz auf dem Fusse nachfolgen, um mit und neben Schwyz zu siegen oder zu liegen, sei es in der Offensive oder in der Defensive. Da aber ein Einfall in das Zürchergebiet bei Kappel, das befestigt ist, nicht tunlich erscheint, so soll eine Diversion in das offene Land gemacht werden; doch sollen die Feindseligkeiten erst eröffnet werden, wenn die Mannschaft sämtlicher Orte sich vereinigt haben wird.

 

    Am 18. April morgens 4 Uhr zog die Landesfahne von Schwyz mit der Hälfte der Mannschaft nach Schindellegi; mit ihr vereinigten sich die Truppen aus Einsiedeln. Am nämlichen Tage schob Zug einen Teil seiner „Völker“ an die Zürchergrenze, um mit dem andern zum ersten Auszug ordinierten Teile unter den Stadt- und Landesfahnen eben dahin zu folgen. Luzern schickte 400 Mann nach Pfäffikon und 400 nach Zug. Die in den Landschaften Höfe und March und in Rapperswil stehenden Truppen bezifferten sich am 28. April auf ungefähr 6450 Mann. Davon entfielen 2000 auf die Bezirke Schwyz, Gersau und Küssnacht, 925 auf Einsiedeln und Höfe und der Rest bis auf ungefähr 3800 auf die March. Eine genaue jedesmalige Bestimmung, wo die Korps stationiert gewesen, ist unmöglich, da Dislokationsbefehle nicht vorliegen. Sodann fanden häufige Verschiebungen statt, infolge deren grössere Abteilungen für längere Zeit verschwinden. Im allgemeinen kann man sich folgendes Bild machen: Das Hauptquartier wurde im Schlosse Pfäffikon aufgeschlagen und verblieb dort bis gegen Ende der Besetzung. Die Garnison von Rapperswil war gebildet aus 300 Mann von den Urständen. In die Verteidigung der March teilten sich die dortigen Landleute, 200 Nidwaldner in Altendorf und ein Detachement Schwyzer in Grynau. In den Höfen waren aufgestellt die eigenen Insassen, die Mannschaften von Innerschwyz imd Einsiedeln, 400 von Luzern, 350 aus der ennetbirgischen Vogtei Bellenz, 500 von Obwalden und 1000 von Uri. Am 21. Mai waren die Luzerner, Nidwaldner, Obwaldner und ein Teil der Urner in das Freiamt abkommandiert.

    Wahrhaft gemütliche Zustände, die an die Kappeler Milchsuppe gemahnen, herrschten bei Beginn der Grenzbesetzung. „Die Richterswiler und Wädenswiler“, schreibt Landschreiber Frischherz am 21. April von Pfäffikon aus an den Landeshauptmann, „haben von guter Nachbarschaft wegen unserm Volke, so auf den Posten steht, Heu und alles, was sie haben, anerboten. Seien beglaubigt, dass man nichts gegen sie vornehmen werde. Dessen werden sie die Probe nehmen, wenn die Unsrigen morgen nach Zürich  werden zu Markt fahren. Ist zu solchem Ende geboten worden, den Markt zu besuchen“. 

    Gemäss dem Beschlusse des Kriegsrates sollten einige vertraute Leute, „die sich im Reden wohl zu präcavieren wissen“, nach Zürich abgeschickt werden, um nach ordinäre Brauch oder etwas mehr an Frucht zu kaufen. Gefangene zurückzubehalten betrachtete man als höchst überflüssig. Als am 7. Mai zwei Mann von den ennetbirgischen Hilfstruppen auf zürcherisches Gebiet sich verirrt und aufgegriffen wurden, schickte der Kriegsrat in Wädenswil einen Tambour als Expressen zu den schwyzerischen Vorposten mit der Meldung, dass die zwei Verlorenen an der Grenze abgeholt werden können. 

    Der Stand Schwyz hatte sich nach 3 Seiten zu decken: nach Norden, Nordosten und Osten. Hohe Berge bildeten die östliche Landesmark gegen das neutral sich verhaltende Glarus. Man glaubte aber auch hier auf der Hut sein zu müssen und beorderte eine Abteilung Muotathaler unter dem Kommando von Leonard Leonz Abyberg auf den Pragel. Da man aber die Passhöhe infolge grosser Schneemassen nicht erreichen konnte, wurde die Mannschaft postiert auf dem Kreuzbühl, weiter unten auf dem Stutze gegenüber dem Stalden und im Hürital.

In die Bewachung der vom Klöntal und von Oberurnen über Brüschalp und Marchegg ins Wäggital einfallenden Übergänge teilten sich die Bewohner der March.
    Die Nordfront erheischte nicht besonders grosse Vorsicht. Die rechte Flanke lehnte an Glarus an, dessen Rat, nachdem Schwyz bereits eine ähnliche Massregel getroffen, beschloss, eine Wacht von 25 Mann aufzustellen, d.h. 12 Mann mit einem  Wachtmeister auf die Grenze gegen Reichenburg, 6 Mann an die Ziegel- und 6 an die Wesenerbrücke. Linth und Zürichsee bildeten frontale Angriffshindernisse. Das Vorterrain, als Rapperswil, Uznach und Gaster war durch eigene und befreundete Truppen okkupiert.

Unstreitig den wichtigsten Punkt bildete hier Rapperswil, seit 1531 eine gemeine Herrschaft der drei Waldstätte1.

 

1W. Öchsli: Orte und Zugewandte, im Jahrbuch für Schweizerische Geschichte XIII 103.

 

    Auf einer Halbinsel erbaut, verband es eine Holzbrücke über seichten Seegrund mit dem auf einer Landzunge gelegenen schwyzerischen Dörfchen Hurden. Schon von Natur zum festen Platze geschaffen, war es mit Ringmauern und zudem seewärts mit Palissaden, auf der Landseite mit Gräben umgeben und hatte im Januar 1656 den Beweis erbracht, dass es im Stande, dem Ansturm eines Belagerungskorps von 10' 000 Mann mit 48 Geschützen zu trotzen2. 

 

2 Rickenmann: Geschichte der Stadt Rapperswil, 177ff

 

    Der militärischen Bedeutung dieses Ortes war man sich denn auch wohlbewusst. An der Konferenz der geheimen Kriegsräte der V katholischen Stände zu Weggis den 15. August 1695 wurde Schwyz darauf aufmerksam gemacht, wie wichtig die Erhaltung von Rapperswil und der dortigen Brücke sei und dass ihm obliege, einesteils die Stadt mit 500 Mann unter einem kriegskundigen Offizier zu besetzen, bis die Schirmorte nachrücken können, andernteils mittelst Versenkung von Schiffen die Brücke zu bewahren 3

 

3Eidg. Abschiede VI 2 B 558.

 

    An einer andern Tagung im Dezember desselben Jahres fasste man den Zweck der Befestigung Rapperswils dahin zusammen, dass durch diesen Platz die Verbindung der Graubündner und evangelischen Glarner und des Oberlandes mit Zürich verhindert, der Vergewaltigung der katholischen Glarner vorgebeugt und der andere Teil im Zaum gehalten und endlich der hochwichtige Pass über den Hummelwald gedeckt würde4. 

4Eidg. Abschiede VI 2 B 596.

 

    In Ausführung des Abschiedes von Luzern vom 9. und 10. Juni 1698 eröffneten an der Konferenz zu Baden den 6. Juli gl. J. die Schirmorte von Rapperswil, sie hätten beschlossen, das Schloss daselbst zu befestigen, die Brücke zu verwahren und einige Flösse in Bereitschaft zu setzten, zu welchem Zwecke sie den französischen Abassador um Zusendung eines geschickten Ingenieurs ersucht. Wohl fand sich ein Ingenieur, der über Verbesserungen der Festungswerke einen Plan entworfen; allein es fehlte an Geld, die vorgesehenen Bauten auszuführen1.

 

1Eidg. Abschiede VI 2 B 720,732,803

 

    Jahre verstrichen, als in der Konferenz der 3 Urstände an der Treib den 17. Oktober 1708 die von den Ingenieuren Bietro Morosini von Lugano und Matthias Leontius Kauflin von Einsiedeln2 ausgearbeiteten Grundrisse zur Eingabe gelangten.3 

 

2An kriegstechnischen Arbeiten von Mathias Leontius Kauflin, ingeniarius Einsidlensis, werden erwähnt: „ Ein Projekt, wie in den Territorial des Fürsten von St. Gallen, auf dem sogenannten Rothmunderberg, Festungswerker angelegt werden könnten.

Carte, oder ungefehrlicher Entwurf des Dorfes und der Brugg Sins im Freyen-Amt, samt Beschreibung der Aktion dabey den 20. Jul. 1712. Carte, oder Entwurf von Hurden bis an den Finstersee, wo sich die Grenzlinien an dem Bach befunden, da die Schweizer den 22. Juli 1712 in das Zürichgebiet eingefallen.

Rapperwilae Delineatio, cum Fortificatione nova, qua muniri possit. Supplement zu Hans Jakob Leus schweizerischem Lexikon III 314.

 

3Schon am 25. Oktober 1708 lag dem zürcherischen Kriegsrate unter der Aufschrift: „ Eingenommener Augenschein, wie man der Rapperswiler-Brücke und des Hurderner-Feldes auf allen Fall sich bemächtigen möchte“ folgender Bericht vor: „Herr Pfleger und alt Zeugherr Scheuchzer erstattete eine mündliche Relation, wie er mit Herrn Lieutenant Schnyder, Schiffmacher von Bern, bei eingenommenem Augenschein die Brücke zu Rapperswil befunden und wie sich deren allenfalls zubemächtigen sein möchte. Worüber meine gnädigen Herren demselben für angewandte Bemühung und bescheinte Dextentet freundlich gedanket und hiebei erkennt, es solle ermelter Herr Zeugherr diese Befindnis ehestens der Kanzlei in Schrift einhändigen, mithin ihm und mitverordneten Herren überlassen sein, von nun an alles dasjenige in möglichster Geheime und Stille zu beratschlagen und zu veranstalten, was zu erfreulicher Ausführung sothanen Vorhabens mit Verfertigung eines Bombardier-Schiffes und alles andern seiner Zeit erforderlich sein möchte.“ Staatsarchiv Zürich A 236. 1.

 

    Der Kostenpunkt fiel zu sehr in Betracht. Rapperswil wurde daher den 12. Mai 1710 lediglich angewiesen, die Gräben und Weiher zu öffnen und aufzuwerfen und Ingenieur Kauflin beauftragt, die nötigen Zeichnungen zu machen, in welcher Weise das ausgehobene Material fortifikatorisch verwendet werden könnte. Im folgenden Jahre lag der Riss den 3 Urständen vor; es wurde jedoch Rapperswil gestattet, mit Fortsetzung der Befestigungsarbeiten bis nächstes Frühjahr einzuhalten.4

 

4Eidg. Abschiede VI 2 B 2260, 2262, 2266, 2267

 

    Die Angelegenheit blieb auf sich beruhen, bis der Kriegsrat zu Pfäffikon am 29. April 1712, als man bereits im Felde stund, nachfolgende Instruktion erliess: „ Sollen die Herren (Kommandanten) befelchet sein, mit Hilfe der Burger und unserer eingelegten Völkern unter Anführung H. Kauflins die Schanzen möglichstermassen zu erbessern und in dieser Zeit in möglichen Defensionstand zu setzen, auch Palissaden, wo es die Herren notwendig finden werden, anzuordnen, da denn hochgedachte löbl. Orte den Meistern um ihren Lohn gebührend entsprechen und den Soldaten auch mit einer Discretion für Tabak begehren“.

    Mehr Schwierigkeiten bot die Nordwestfront, von der Höfe aus, als Westfront zu behandeln. Mit unzähligen Hügeln übersäet, keilt sich der zwischen Zürichsee und Sihltal gelegene, zur Herrschaft Wädenswil gehörende Höhenzug südwärts zwischen das Gebiet von Zug und Schwyz ein, um, die Sihl überschreitend, auf der Höhe der Hohen Rhone auszulaufen. Das am linken Sihl-Ufer gelegene Teilstück war für Zürich während der ganzen Fehdezeit verloren, so dass ein ungehinderter Verkehr zwischen Schindellegi und der Finsterseebrücke über den Rossberg stattfinden konnte. Das am rechten Sihl-Ufer gelegene zürcherische Gelände bot wohl den Vorteil, dass es für einen Einfall in die Höfe gut geschaffen, musste aber anderseits den Nachteil mit in den Kauf nehmen, von Ost und West aus bedroht zu werden.

    Auf dieser linken Flanke lief die Vorpostenkette vom Rossberg über die Sihl beim Scherensteg auf die Albishöhe, Wäldchen unter Allenwieden, Lölismühle (Neumühle), Engel, Unterehrlen, Staudenbühl, bis and den Zürichsee bei den Hafengütern. Stärkere Abteilungen lagerten bei Schindellegi, auf dem Becki ob Wollerau und im Mittelpunkt der Aufstellung im Itlemos, wo eine Schanze erbaut wurde, die inwendig mit Läden verkleidet war. Waldstattschreiber und Ingenieur Mathias Leontius Kauflin hatte überdies Anleitung gegeben zur Errichtung von Werken in Schindellegi, Pfäffikon und Hurden.

    In Verbindung mit der Befestigung des Brückenkopfes Rapperswil sah man nämlich schon frühzeitig die Notwendigkeit einer Sicherung des linksufrigen Brückenzuganges ein. Vor und nach dem Villmerger-Kriege 1656 wurde diese Angelegenheit bei den Zusammenkünften der katholischen Stände des öftern erörtert. So fand man in der Konferenz der VII katholischen Orte den 9. und 10. Juni 1698 zu Luzern angezeigt, das Hurdnerfeld in etwelchen Verteidigungszustand zu setzten. Einen weitern Grund für diese Massnahmen erblickte man in der am 6. Juli gl. J. in Baden stattgefundenen geheimen Tagung auch darin, den Zürchern das Anländen zu erschweren. Zu diesem Zwecke wurden im April 1712, wie es schon 1696 vorgesehen, in Pfäffikon und auf dem Hurdnerfelde die nötigen Gräben aufgeworfen und die Pallisaden gesetzt.

Das auf dem Rossberg stehende Detachement stund in Verbindung mit dem eine Stunde entfernten zugerischen Posten an der Finstersee-Brücke. Von hier zog eine Kette von Sicherungs-Organen bis auf den Baaren-Boden, wo grössere Truppenkörper lagen und weiter zu Sinser-Brücke. Links davon stunden mit 10'000 Mann Fussvolk und einigen Kompagnien Kavallerie die Luzerner in 5 Brigaden in Muri, Münster, Sursee, Willisau und Entlebuch.

    Hinsichtlich dem Wachtdienste galten nachgehende Bestimmungen: „ Sollen die Wachten alle 24 Stunden und allezeit abends um 6 Uhr abgelöst werden. Die Schildwachen sollen auch von den Unteroffizieren und Korporalen Tag und Nacht ordentlich zu 2 und 2 Stunden auf- und abgeführt werden“.

    Die Militärpflicht dauerte vom 16. bis 60. Altersjahr. Als Regel galt, dass beim ersten Aufgebote, mit der Fahne, die jüngern, beim zweiten Aufgebot, mit dem Panner, die ältern Jahrgänge auszuziehen hatten. Die Hauptwaffe bildete die Infanterie, die zum Teil mit Schlagwaffen, zum Teil mit Feuergewehren verschiedenen Kalibers und verschiedener Konstruktion ausgerüstet1 und in von Hauptleuten kommandierten Kompagnien organisiert war.  

 

1Die geheime Konferenz der V katholischen Orte zu Weggis empfahl den 30. April 1708 hinsichtlich der Bewaffnung der Mannschaft für wenigstens zwei Dritteile derselben Feuerrohre mit Bajonetten und für einen Dritteil Hellerbarden zu beschaffen; dass Kaliber soll auf 7 Quintlein oder wenigstens auf 2 Lot gesetzt und ein gleichmässiges Exezieren eingeführt werden. Eidg. Abschiede VI 2 B 1441.

 

    Die Bezirke Schwyz und Küssnacht stellten 8, Einsiedeln 3 Kompagnien. Im Jahre 1688 war der Bestand einer Einsiedler Kompagnie folgender: 1 Hauptmann, 1 Lieutenant, 1 Fähnrich, (bezw. 1 Pannerherr, und 1 Pannervorträger); 1 Musterschreiber, 1 Feldbarbier, 2 Wachtmeister, 1 Proviantmeister, 1 Fourier, 1-2 Tambouren, 1-2 Pfeifer, 1 Brofoss, sowie 6 Korporalschaften à 1 Korporal und 29 Soldaten. Gesamt-Sollbestand mithin 192-195 Mann2. Wie eine Vergleichung mit den Proviantlisten zeigt, trifft dieser Etat auch für das Jahr 1712 zu. 

 

2Bezirksarchiv Einsiedeln: Sektionsprotokoll 1665-1691, S, 203ff.

 

    An Artillerie stellte Schwyz 6 Stücke ins Feld, Einsiedeln und March „einige“. Diese Geschütze wurden von 62 Artilleristen bedient, die unter dem Befehl von Stückhauptmann Niederöst stunden. An Trainmannschaft werden gegen 100 Mann aufgezählt, die meist zu Distributionszwecken zur Verwendung kamen. Ausserdem hatten sie die Bespannung der Artillerie und der mit je 3 Pferden dotierten Reisswagen zu besorgen. Letztere sind zur Hälfte Munitionskarren, zur Hälfte Pionierfuhrwerke und wurden Abteilungen von Kompagnestärke zugewiesen. Vereinzelte Kavalleristen dienten als Ordonanzreiter; daneben wurde der Depeschendienst durch Fussboten besorgt, vorab durch die Standesläufer, deren Dienst sehr aufreibend sich gestaltete. Auch waren Relaisposten zu Fuss und zu Pferde vorgesehen. Erwähung finden solche von Luzern nach Küsnacht zum Engel, nach Arth zum weissen Kreuz und auf Schwyz, anderseits von Zug über Walchwil nach Arth und Schwyz und jeweilen wieder zurück1. 

 

1Eidg. Abschiede VI 2 B 558

 

    Eigentliche Genietruppen existierten nicht, die zur fortifikatiorischen Arbeiten nötigen Mannschaften wurden im Bedürfnisfalle von den Infanteriekompagnien abkommandiert. Den Befehl führte hier Mathias Leontius Kauflin von Einsiedeln. Oberst Joseph Heller, nest andern im Stadler-Handel der Ehre verlustig erklärt, war in der allgemeinen Amnestie vom 14. Juli mit inbegriffen. Da er die feindlichen Schiffe zu verbrennen versprach, wurde ihm das Kommando auf dem Wasser übertragen. Um die Feuerkugeln herzustellen, begab er sich in die Hofapotheke nach Einsiedeln und nach Rapperwil, fand jedoch beiderorts die nötigen Ingredienzen nicht – ein Grund, warum das Pyrotechnische Kunststück unterblieb.

    Das gesamte Verpflegungswesen unterstaund dem Generalkriegskommissär Statthalter Anton Ignaz Ceberg, dem Proviantmeister, der nötige Train und die Metzger- und Bäckermannschaft zugeteilt waren. Unter dem Titel eines Feld- und Kriegsauditors funktionierte Landvogt Schmidig. Auch an Feldpredigern fehlte es nicht; erwähnt wird u.a. Franz Ludwig Reding, Pfarrer von Galgenen.

Den Oberbefehl über die in Höfe und March stehenden Schwyzer-Truppen führte, wenigstens dem Namen nach, Landammann Joseph Franz Ehrler, der mit einem Stabe vom Kriegsräten, Landschreibern, Läufern und Dienern sich umgab und das Schloss Pfäffikon als Hoflager sich auserkoren hatte.

    Nach alter Sitte waren für den Fall der Not, wenn der Sturm im Lande ergehen sollte, besondere Vorrichtungen getroffen. An bestimmten hervorragenden Punkten stunden ständige Wachten, um durch Feuerzeichen (Harzpfannen) oder Abbrennen von Doppelhacken auf die Gefahr aufmerksam zu machen. Vom Hauptquartier in Pfäffikon aus lief die eine Kette über den Rossberg bei Schindellegi, die Linde zu Menzingen, nach Michael Landtwingen Berg, um von hier aus nach dem Rigi, nach Cham und über den Lindenberg nach Baden zu korrespondieren; die andere Kette zog vom Hochetzel über die Bollern bei Einsiedeln Trachslau nach der Rothenfluh ostwärts des Mythen und von da in 3 Strangen nach Uri, Unterwalden und an den Stock bei Arth1. 

 

1Vergl. Auch Eidg. Abscheide VI 2 B 558 -  Im Jahre 1683 wurden folgende Feuerzeichen verabredet; von Rapperswil über Enzenau (auf dem Etzel) den Schnabelsberg (bei Einsiedeln) die Rothenfluh und Seelisberg. Eidg. Abschieden VI 2 B 93.

 

    Schon im Februar 1712 wurde die zürcherische Truppenmacht in 5 Korps geteilt, von welchen das Elggäuer- oder Thurgauer-Korps zur Offensive gegen den Abt von St.Gallen, das Grüninger-Korps zur Deckung der Grenze gegen Uznach und Rapperswil, das Wädenswiler-Korps gegen Schwyz, das Freiamt-Korps gegen Zug und Luzern, das Regensberger-Korps gegen Baden bestimmt war.

Es bestand ungefähr:

Das Elggäuer-Korps              aus 15 Komp. Infanterie 3000 Mann

Das Grüninger-Korps             aus 15 Komp. Infanterie 3000 Mann

Das Wädenswil-Korps           aus 20 Komp. Infanterie 4000 Mann

Das Freiamt-Korps                 aus 33 Komp. Infanterie 6600 Mann

Das Regensberger-Korps     aus 15 Komp. Infanterie 3000 Mann

Der Normalbestand der Kompanie darf auf 200 Mann angesetzt werden.

 

An Kavallerie bestand sich:

Beim          Elggäuer-Korps           3 Kompanien, 180 Reiter

Beim          Grüninger-Korps          2 Kompanien, 120 Reiter

Beim         Wädenswiler-Korps     2 Kompanien, 155 Reiter

Beim          Freiamt-Korps             4 Kompanien, 266 Reiter

Beim Regensberger-Korps          2 Kompanien, 120 Reiter
 

Über Bestand und Verwendung der Artillerie ist es infolge wiederholter Dislokationen schwierig, sich ein richtiges Bild zu machen. Man darf annehmen, dass gestanden:

Beim          Elggäuer-Korps           95 Mann mit etwa 16 Geschützen

Beim          Grüninger-Korps          50 Mann mit etwa   8 Geschützen

Beim Wädenswiler-Korps             70 Mann mit etwa 16 Geschützen

Beim          Freiamt-Korps             71 Mann mit etwa 15 Geschützen

Beim Regensberger-Korps          80 Mann mit etwa 16 Geschützen
 

    So wenig wie Schwyz besass Zürich eigentliche Genietruppen. Den verschiedenen Einheiten wurden einzelne Genieoffiziere zugeteilt, so dem Grüninger-Korps der vorderste Ingenieur Oberstlieutnant Hans Kasper Werdmüller, dem Wädenswiler-Korps Junker Leutnant Blaarer. Unter dem Befehl von Bauherr Diebold stund eine Flottille von 10 Schiffen. So wie bei den einzelnen Korps besondere Proviant-Kommissarien funktionierten, so war in Zürich ein Oberkommissariat aufgestellt. Für das Fuhrwesen bestund ein besonderes Kommissariat, was umso notwendiger, weil, da grösstenteils Magazin-Verpflegung stattfand, für den Transport zu Wasser und zu Land eine grosse Zahl von Fuhr- und Schiffsleuten erfordert wurde. Das Grüninger-Korps wurde befehligt von Seckelmeister Hans Jakob Escher, das Wädenswiler Korps von Statthalter Andreas Meyer 1.  

 

1Neujahrsblatt der Feuerwerker Gesellschaft Zürich auf das Jahr 1856,209ff.

 

Vom Villmerger-Kriege her war den Zürchern die Schwäche des dem Wädenswiler-Korps zugewiesenen Abschnittes bekannt. Was die Natur hier versagte, sollte durch Kunst ergänzt werden. Es beschlossen daher Bürgermeister und Rat zu Zürich den 6. Mai: Was die Sicherstellung des Korps zu Wädenswil durch Anlegung einiger Redouten an vorteilhaften Orten betrifft, soll sich Herr Oberstleutnant Werdmüller vom Korps im Freien Amt zur Anlegung derselben nach Wädenswil auf etwa 3 Tage verfügen und das Benötigte effektuieren helfen2. 

 

2Staatsachiv Zürich: Kriegsmanual B III 217.

 

In gerader, von Nordwest nach Südost verlaufender Linie, hart der schwyzerische Grenze entlang und von derselben keinen Büchsenschuss entfern, auf kleinen Kuppen wurden die Sternen-, Eich- und Bellenschanze erbaut, gegenüber der mit 5 Stücken armierten, eine Art Scheerwerk bildenden Itlemosschanze.

    Das erstgenannte Werk besass den Typ einer gevierten Redoute mit 3 Schiessscharten. De zweite Anlage war die verkleinerte Kopie der ersten, indes die Bellenschanze in Form einer länglitchen, hinten geschlossenen Lünette zur Ausführung gelangte. Den Abschluss in dieser ersten Verteidigungslinie bildete die Schanze auf der Höhe nordwärts Hütten, ein geschlossenes viereckiges Werk., welches gegen die Schwyzergrenze und gegen die Sihl mit Flankierungen versehen war. Dieses Erdwerk, welches den Stützpunkt des rechten Flügels der zürcherischen Stellung bildete, beherrschte sowohl die aus der Höfe über Hütten gegen die Finstersee-Brücke führenden Kommunikationen, wie auch den südwärts über die Sihl führenden Steg.

    Für den Fall der Durchbrechung der ersten Verteidigungslinie wurde dahinter eine zweite geschaffen, mit den beiden Stützpunkten rechterseits Schönenberg, linkerseits Schloss Wädenswil. Der Kirchhof ersten Ortes wurde fortifikatorisch eingerichtet und verpallisadiert. Über die andern Befestigungs- Anlagen schreibt der Kriegsrat zu Pfäffikon den 23. April an die Obern zu Schwyz: Ausgeschickte Leute haben berichtet, das Schloss Wädenswil sei mit 8 Stucken, wovon 2 sehr grosse versehen und mit Pallisaden besetzt. Der Sennwald ob Wädenswil, diese Ortschaft und Richterswil deckend, sei mit wirklichen Brustwehren und aufgeführten Werken zu einer Stuckstellung seit vorgestern abends über Kopf und Hals verschanzt worden. Item sei der so genannte Geisfähren oder Schönbühl, so von Natur befestigt, mit Stuck und Volk besetzt. Ebenso sei das Volk vom Landvogt nicht fortgezogen, sondern nach beisammen und habe namenhaften Zuzug von den weinländlischen Zürchern, die versteckt liegen, erhalten. Also sie mit einem Worte in diesen 2 Tagen die Sache diesseits des Horgenerberges sehr beschwerlich gemacht worden.

    Von den Geschützen wurden verlegt: 4 Stücke nach dem Schlosse Wädenswil, 2 Stücke nach Richterswil, 4 Stücke zur Bellenschanze, 2 Stücke nach Schönenberg, 2 Stücke nach Hirzel und 2 Stücke in die Hüttenschanze. Am 26. April war die Infanterie disloziert wie folgt: 3 Kompanien zu Richterswil, 1 auf Kalchbühl und Gerlisberg nordöstlich der Sternenschanze, 2 auf dem Esel nördlich von vorbenanntem Werke, 1 auf Schwanden nördlich dem Esel, 2 auf Samstagern hinter dem Sternen, 1 beim Seeli östlich der Bellen, 1 auf der Bellen und zu Feldmoos nordwärts dieser Schanze, 1 hinten am Hüttensee bei Böschen, 2 in Hütten, 2 in Schönenberg, 3 in Hirzel, auf dem Zimmerberg und an der Schwanderbrücke, 1 in Wädenswil. Die beiden Dragonerkompanien, welche in Wädenswil kantonierten, hatten abwechslungsweise im dortigen Schlosse Wache zu halten1. 

1Neujahrsblat der Feuerwerker-Gesellschaft Zürich auf das Jahr 1856, 234ff.

 

    Von Kriegsbereitschaft kann schwyzerischerseits nicht die Rede sein. Das Söldnerwesen hatte eine Gestalt angenommen, welche den Keim des Niederganges deutlich zur  Schau trug. Mehr denn einer der Grossen war vom Auslande erkauft: Bestechlichkeit nichts Ungewöhnliches. Der gemeinde Mann, mit lockern Sitten aus der Garnison zurückkehrend, entfremdete sich der Arbeit und vermehrte die Haufen jener, die voll des Weines an der Landesgemeinde nach dem Jahrgeld schrieen. Daher kam es, dass die Staatsfinanzen auf  liederliche Weise verschleudert wurden, dass man buchstäblich von der Hand in den Mund lebte. Infolge der geringen Ausgaben und der jährlich wiederkehrenden grossen Bezüge aus dem eigenen Lande, von den Untertanen und Vogteien, sowie vom Auslande hätte der Staatsschatz für zweckentsprechende Kriegsvorbereitung hinreichen und für den Unterhalt der Truppen genügen sollen. Dies wäre auch der Fall gewesen, hätte man dem Vorschlage von 1647 nachgelebt, lautende: „Der Penisionen und Trüllgeld müssig gehen und eine genambte Summ von den Fürsten ins Aerarium zu geben,  wäre das Beste“2. 

 

2Das alte Staatsvermögen des Kantons Schwyz, 31.

 

    Der Stand Schwyz war gar nicht vorbereitet. Nur Luzern hatte wohl versehene Zeughäuser, gefüllte Magazine, besser geübte Milizen. An allen andern Orten, in Schwyz besonders, vernahm man nichts als Grosstuerei und Geschwätz. Weder Geld noch Waffen, noch Gehorsam waren vorhanden1. 

Vulliemin: Geschichte der Eidgenossenschaft während des 17. und 18. Jahrhunderts III 514.

 

    Am 18. April zog das Panner nach Pfäffikon. Allein schon tags darauf wurde die Entdeckung gemacht, dass man nur 200 Mütt Korn besitze; man schrieb deshalb an den Fürsten von St. Gallen, dass er Früchte verschaffen solle. „Es ist höchste Not, sowohl in hier, als in der March, Uznach und Rapperswil der Lebensmittel halben, die Höfner in specie, weil sie pur nichts haben, müssen notwendig von Schwyz mit Commis versehen werden“. Am 18 April verspricht Luzern 100 Mütt Kernen. Am 22. verlangt der Kriegsrat zu Pfäffikon in Schwyz, Geld mit der zutreffenden Begründung: „100 Taler können für 4000 Mann nicht erklecklich sein“. Auf erneute Anfrage berichtet Luzern gleichen Tages, es könne kein Heu und Korn mehr liefern, überschickt jedoch einige Tage später 30 Mütt Kernen mit dem pro memoria: „Wir haben wohl nit erwartet, dass Ihr gleich bei Anfang Eures Auszuges, eines so grossen Brotmangels Euch beklaget. Wohl aber wir dieses aus allen geheimen Abschieden wissen, dass wir allezeit die löbl. Kath. Orte freundlich erinnert und ersucht, in allweg guten Vorrat an Früchten zu machen und sich zu versehen, massen unsere Provisionen kann für uns erklecklich und wir so gar nit imstand sein wurden., unser Kaufhaus länger offen zu behalten, denn bis die eigne Not uns selber anders zwingen würde. Es ist uns aber ganz wohl im Gedächtnis, was absonderlich Ihr u.g.l.a.E. uns jeweilen geantwortet, dass Ihrimit Vieh und Mulchen versehen , auch solche Abteilungen gemacht seinen, das bei Euch u.g.l.a.E. kein Mangel sein könne“. Am 24. April, 6 Tage nach dem Auszuge, kam Ratsherr Hediger  von Schwyz nach Luzern und erklärte, dass die Schwyzer, die schon seit mehreren Tagen ( mit dem zweiten Auszuge) in wehrhafter Fassung an den Grenzen gegen Zürich stehen sollten, nicht insFeld ziehen können, wenn Luzern ihnen nicht auf der Stelle 200 Mütt Kernen verabfolge1. 

1 Helvetia III 71.

 

    Da die Möglichkeit eines Bruches mit den Ständen Zürich und Bern schon jahrelang vor Eröffnung der Feindseligkeiten ins Auge gefasst werden musste, wurde an den Konferenzen zu wiederholten malen den katholischen Orten die Anlage von Kornvorräten dringend anempfohlen, Endlich am 7. Oktober 1710 beschloss der dreifache Landrat von Schwyz die Errichtung von je einem Kornhause in Schwyz, Arth und Bäch. Weder das Gebäude in Schwyz, noch dasjenige in Arth waren im Frühjahr 1712 fertig erstellt, denn noch am 7. November 1711 beklagte sich Pannerherr Betschart vor gesessenem Landrate, das das Kornhaus in Schwyz wegen Abganges der notwenigen Mittel zur Bezahlung der Arbeiter in das völlige Stocken geraten und am 16. Februar 1712 ging ein Landratsschluss, allerorts die Kirchgemeinden zusammen zu berufen, um die Leute zu ersuchen, durch Herbeischaffung von Rohmaterialen für die Kornhäuser  in Schwyz und Arth gegen ein gebührendes Abendbrot mit Fuhren sich einzustellen.

    Allein nicht nur die vorsorglichen Massnahmen für Verpflegung, auch die Wehrausbildung als solche war arg vernachlässigt. Wohl fand in unregelmässigen Zwischenräumen, vorab dann, wenn ein Auszug vor der Türe stund, eine Waffenschau statt; wohl hatte die mehrfähige Mannschaft alljährlich an 1-2 Sonntagen nachmittags dem Exezitium, hauptsächlich aus Schiessübungen bestehend, obzuliegen – das war aber auch alles.

    Nicht besser stund es bei den andern demokratischen Urständen. Ratsherr Franz Joseph Meyer von Schauensee, der Luzerner Generalproviantmeister in dieser Kampagne, wendet auf sie alle die Worte des Geschichtsschreibers Livius an: „ Sedemus desides domi, mulierum ritu inter nos altercantes, presenti pace laeti, non cernentes, ex otio illo brevi multiplex bellum rediturum“ und bemerkt weiter: „Das Kriegswesen lang ganz danieder, am meisten in jenen löblichen katholischen Orten, die bei Zusammenkünften und gemeinsamen Beratungen oder in Zuschriften am meisten damit prahlten, die aber im Grunde besser verstunden, die Feinde zu verachten, als dieselben abzutreiben“. Für Proviant war auch hier nicht gesorgt. Als am 26. April die Obwaldner in Luzern mit Gewalt mehr Frucht wegnehmen wollten, als für sie bestimmt war, rief ihnen der vorerwähnte Meyer als Aufseher des Kaufhauses zu: „Man hat auf Tagsatzungen und Konferenzen Euch oft geraten und Ihr habt versprochen, in Euerm Lande, ein Magazin zu bauen und einigen Fruchtvorrat darin zu sammeln, damit Ihr in der Not und besonders in dieser Zeit, die man herbeigeführt und vorausgesehen hat, Euch selbst helfen könnt. Warum habt Ihr den Rat nicht befolgt und Euer Versprechen nicht gehalten? Nun seht Ihr die schönen Folgen. Fresst jetzt aus Euern alten Käsespeicher, aus welchen Ihr die Käse schon längst um Wein verkauft habt“1

1Helvetia III 43,72.

 

    Anders das Urteil über Zürich und Bern: Ihre Scheunen waren gefüllt, die Zeughäuser reich ausgerüstet, Geld im Überfluss vorhanden; die Miliz eingeübt und gehorsam; über den Beratungen der Behörden waltete das erforderliche Geheimnis 2. 

 

2)Vulliemin III 515. – Dagegen steht S. 528, dass bei den zürcherischen Kontingenten grosse Unordnung geherrscht und die Mannszucht schlecht gewesen.

 

    Wie erwähnt, wurde an der Konferenz vom 17. April beschlossen, eine Diversion in das offen liegende zürcherische Gebiet zu machen; jedoch sollten die Feindseligkeiten erst eröffnet werden, wenn die Mannschaft sämtlicher Orte sich vereinigt haben würde. Als am Abend des 20. April die 400 Luzerner zu den Schwyzern in Pfäffikon stiessen, hielten die Kriegsräte beider Stände eine vertrauliche Besprechung, „wie man sich in den vorhabenden Kriegsoperationen aufführen und simul et semel etwa an einem Orte einen Einfall in das Zürcherische tun und einfallen möchte, ehe und bevor die unzweifelhaft nicht ausbleibende Aktion bei Wyl vorbeigehe und nach derselben etwa unglücklichem Ausschlage die ganze zürcherische und toggenburgische Kriegslast allein uns auf den Hals wachse“. Hierauf antworteten die Luzerner, sie seien von ihren gnädigen Herren und Obern express  instruiert worden, mit ihrem Volke kein fremdes Territorium zu betreten, auch über des löbl. Standes Schwyz Grenzen nicht zu ziehen, viel weniger zu einer Invasion in das Züchergebiet, noch in das Toggenburg ihr Volk gebrauchen zu lassen, sondern einig und allein zur Defension von Schwyz in dessen Botmässigkeit zu stehen, um demselben im Falle eines feindlichen Angriffes sukurrieren zu können. Nachdem die Truppen eingerückt, befürwortete Schwyz am 24. April im Kriegsrate der V Orte zu Pfäffikon einen von seinen Offizieren zu Grynau entworfenen Plan zum Angriff und zu einer Diversion nach der alten St. Gallischen Landschaft mit dem Zwecke, den Rückmarsch der zürcherischen Armee bei Elgg zu veranlassen und den äbtischen Truppen Luft zu machen.1

 

1 An der geheimen Konferenz zu Luzern den 21. Mai 1708 wurde der Entscheid der Frage, ob man die Offensive ergreifen oder den Angriff abwarten wolle, allerseits den höchsten Gewalten überlassen; doch wurde hervorgehoben, dass, wenn man den vorigen Stand im Toggenburg wieder herstellen und die Toggenburger aus ihrem insurgierten Besitz wieder „herauslupfen“ wolle, die Tätlichkeiten  von den katholischen Orten ausgehen müssen, die in diesem, Falle freilich zur Offensive notgezwungen würden. Eidg. Abschiede VI 2 B 1445.

 

    Beeinflusst war dieser Offensivplan auch durch die Vorstellungen des fürstl. St. gallischen Obervogtes Schenklin und durch den Bericht eines herumziehenden savoyischen Kesslers Moriz Graset vom 22., dass nämlich zu Rüti nur eine Kompanie und herwärts Rapperswil 200 Mann, im Schlosse Wädenswil 2 und bei den Geisfähren 1 Kompanie liegen. Für eine Offensive erklärten sich die Kriegsräte von Luzern neuerdings nicht instruiert. Uri wunderte sich darüber, dass man zum Angriffe übergehen wolle, bevor man Stellung und Stärke des Gegners kenne. Unterwalden und Zug waren gegen längere Untätigkeit, da dadurch Zeit und Kraft verloren gehen. Worauf der Schluss fiel: es solle jedes Ort beförderlich um Ergänzung der Instruktion einkommen und inzwischen alle Vorkehrungen zum Angriff und zur Verteidigung treffen.

    Ein günstiger Moment zur Offensive war verpasst; der Gegner hatte den Aufmarsch noch nicht vollendet. Gemäss Bericht von Kommandant Schorno in Uznach trafen nämlich am 25. 600-700 Mann, darunter eine Kompanie Dragoner, in Wald ein. Desgleichen erhielt man 2 Tage darauf Kunde, dass viel Volk zu Wädenswil gelandet, das aufwärts hinter dem Schloss hindurch der Bellen, Geissfähren und Schönenbühl zumarschierte, „allwo auch schon eine namhafte Mannschaft hin und her und abergentz heimlich mit Stucken postiert ist.“

    Verpasst hatte man den richtigen Zeitpunkt auch nach einer andern Seite. Als die Kriegsräte am 28. April neuerdings zusammentraten, ging vom Abte von St. Gallen die Meldung ein, dass Frauenfeld an Zürich verloren gegangen. Es wurde nun ein Entwurf über die zu ergreifende Offensive zu Papier verfasst und den Regierungen zugestellt. Zu einem Angriffe konnten sich die Abgeordneten von Luzern, Uri und Obwalden nicht verstehen, da sie lediglich angewiesen seien, die schwyzerischen Grenzen zu bewachen und diese nicht überschreiten dürfen.

    Mehr Wagemut zeigten die Schwyzer-Truppen, deren Kriegsräte an ihre zu Hause weilenden Ratskollegen schrieben: In hier findet man Seiten unseres Ortes, dass es länger nicht auszustehen, sondern die notwendige Rettung mit der Tat unentbehrlich vorzunehmen sei. Weiter wird vermerkt: „Die wirklich zum Dienste ohne den Tross befindliche Mannschaft in hier erstreckt sich ausser Uznach und Gaster mehr nicht denn in 6200, wovon eine namhafte Zahl zu den Posten erforderlich sein wird und also das Corpus, so agieren sollte, nicht so stark, wie man sonst vermeinte, erforderlich zu sein, zusammen zu bringen“.

    Gleichen Tages setzte es Alarm ab. Als Generalkriegskommissär Ceberg von Schwyz aus morgens 6 Uhr in Schindellegi anlangte, beobachtete er 11 Schiffe auf dem Zürichsee.

    Eilends ritt er nach Pfäffikon. Allein die Ordonnanzreiter hatten dorthin bereits Meldung erstattet. „Darum ist alles ins Gewehr gekommen und den Leuten Ernst geworden, also dass sie die Schanze in Pfäffikon, in der Geschwinde in wehrhaften Stand gebracht und in einem Tage mehr gearbeitet, als sonst in vieren. Man ist mit der Ober- und Untermarch, Unterwalden, 600 Mann und den zwei Arther Kompanien auf das Hurdenerfeld gezogen und sich dorten verschanzt. Uri mit 900 Mann, neben den andern Völkern, sind gegen die Lölismühle marschiert und vermeinte man nichts anderes, als es werde der Tanz losgehen. Indes sind besagte Schiffe bei Wädenswil gelandet und hat man bis dahin keine eigentliche Nachricht, was solche geführt haben. Viele, die mit Rohrspiegeln, zugeschaut, vermeinten, es seinen nur Schiffe zum Flüchten“.

Die ans Land gesetzten Truppen vermochten noch anderwärts Lärm zu schlagen. „Ich berichte“ schreibt Sebastian Joseph Elsener von Menzingen an Landammann und Kriegsrat Oswald Hegglin in Zug „den heutigen Alarm, welcher sich dergestalten zugetragen, dass um 11 Uhr Vormittag 10 Fahnen mit Völker auf Schönenberg gesehen worden, welche sich in den Heidenwald auf der Höhe, nächst bei der Finsterseebrücke gelegen, versteckt, nachdem von dorten der Lieutnant Haab von Wädensweil mit 30 oder 40 Mann ungefähr der Brücke sich genähert, endlich dieselbe betreten, hinüber und völlig auf unser Territorium gekommen. Also hat die Schildwacht Lärm gerufen und mit Hilfe der übrigen Wacht, die zu Finstersee gelegen, denselben mit gespannten Musketen zurückgetrieben.  Also war weiter mit selbigen, weil sie sich zurückgezogen, keine Tätlichkeit vorgegangen. Man hat aber vermerkt, dass sie mit brennenden Lunten und Feuerwerk versehen, um die Brücke anzuzünden, so aber verwehrt worden. Auf dies hin war hier der Sturm, mit grosser Glocke geläutet, ergangen und innert einer halben Stunde waren bis auf 200 Mann von unserer Gemeinde zusammengezogen, auf Finstersee marschiert und hatten alldort Posto gefasst. Nachdem haben sich aus dem genannten Heidenwald Völker auf der dabei gelegenen Weite sehen lassen, die dann den Anfang gemacht haben, gegen uns loszubrennen, und man bereits auch entsprochen, aber unsererseits bis anhin niemand verletz worden; anderseits vermeint man 2 Blessierte zu haben“1

 

1 Kantonsarchiv Zug: Faszikel Kriegswesen 1712.

 

    Dem gemeinen Manne blieb die Zauderpolitik der katholischen Orte unverständlich. So schreibt Schwyz den 30. April nach Pfäffikon: Gestern nach Hause entlassenen Soldaten hätten einhellig referiert, wie in dem katholischen Lager ein allgemeiner Unwille, dass eine so schöne, zum Angriffe so hitzige und willige Armee nicht zu Aktion wolle gelassen werden. „Wir wollen“, berichtet Schwyz weiter, „Euch auch nit vorenthalten, dass in Luzern und löbl. Stand Uri ein ungemeines Geschrei, dass wir Schwyzer den Krieg angefangen, übrige löbliche Orte nachgemahnet und jetzt nit angreifen oder operieren dürfen“.

    Zwecks Beilegung des Streites hatte Basel auf den 2. Mai eine gemeindeidgenössische Tagsatzung nach Baden ausgeschrieben. Um über diese Angelegenheit zu deliberieren, taten sich in der Frühe des 30. April in der Kirche zu Freienbach die Räte, Offiziere und dazu je 2 ehrliche Landleute von Schwyz in Form eines dreifachen Rates zusammen. Einhellig waltete die Gesinnung, die Konferenz nicht besuchen zu lassen, von der Erwägung geleitet, „dass und hierdurch nit allein kein Vorteil, wohl aber mehrere und grössere Beschwerden auf den Hals wachsen und die Feinde inzwischen so viel Zeit sich zu verstärken und zu verschanzen, dass, was wir durch so lange Zuwartung leider verspielten, mit grösserer Empfindlichkeit werden erstreiten müssen“. Ein Schluss blieb jedoch bis zum folgenden Tage eingestellt. Über nacht griff ein Stimmungswechsel Platz. Es beirichteten nämlich die Kriegsräte an ihre Obern in Schwyz, dass sie, um sich in keinem Wege einigen Unglimpf aufzubürden, die Tagsatzung durch Landammann Ehrler und alt Landammann Schorno beschicken lassen. Sowohl von Pfäffikon, wie von Schwyz aus erhielten die Gesandten umfassende Instruktionen. In Pfäffikon verlegte man sich neuerdings auf fruchtlose Beratungen. Am 3. Mai wurde Statthalter Joseph Anton Reding nach Zug abgeordnet, um den dortigen Kriegsräten ein Projekt zu einem gemeinsamen Angriffe vorzulegen. Luzern anerbot sich nun, auf gemeinsame Kriegserklärung der katholischen Orte, mit und neben diesen nicht nur an die Grenze zu ziehen, sondern auch offensiv vorzugehen 1. 

 

1Gegen diese Offensivpläne von Schwyz walteten am 4. und 5. Mai bei den Kriegsräten Luzern in Sursee, Münster und Muri ernste Bedenken; es sei besser, auf sich Bedacht zu nehmen, als sich von Schwyz, ubi multa verba sed vana sine viribus ira, weiter treiben zu lassen. Eidg. Abschiede VI 2 B 2498.

 

    Uri konnte sich nicht schlüssig machen, da nicht Klarheit darüber walte, wohin die Stösse zu unternehmen seien, ob gegen Richterswil oder von Rapperswil aus gegen Rüti und Bubikon.

Inzwischen beschäftigte sich der schon erwähnte Oberst Joseph Heller mit einem neuen Kriegsplane, der lautete:

„1mo.  Im Falle es zu einer allgemeinen Ruptur sollte kommen, so ist sich nichts auf Glarus ihres Versprechens (Neutralität) zu verlassen, sonder sich nötig und wohl vorzusorgen angelegen sein zu lassen, dass man sich vorsehe, eine Konjunktion von Zürich, Glarus und Toggenburg selbst zu verhüten, welches mutmasslich geschehen könnte innerhalb wenig Stunden. Nämlich von Zürich bei und durch Uznacher  Gebiet in unterschiedlichen bekannten Orten und Pässen, wie auch vonseiten Toggenburg ins Uznachische und Weesenische über Ammon, Gasterische bei Gauen und andern Orten. Und also nötig sein, wie man vor diesem eine Meinung gefasst hat, da doch Toggenburg sich annoch nit öffentlich feindthätlich erzeigt, sich in genügsame Posten zu stellen, damit man defensive und wenn es vonnöten offensive sich aufführen könne: defensive, die Pässe gegen allseitige Orte zu verlegen, sonderlich aber wenn Ammon unversehens sollte von den Toggenburgern überfallen werden. Den Weg bei Weesen auf Ammon zu verlegen und wohl zu verwahren, damit man Weesen sicher behalten könne. Offensive aber, ein gutes Corpus auf die Grenzen bei Uznach zu verlegen, damit man zu einer Invasion und Angriff, wo man es gut findet, versehen sei. Es war auch ein Anschlag gegen Glarus, die Katholischen auf Näfels zu unterstützen von gesamtem Gaster und Obermarch; mit 400 Sarganserländern über Kerenzen nach Mollis ordiniert, wie auch ein Teil von Gaster samt der Obermarch und Reichenburg die angrenzenden Flächen bis auf Näfels einzunehmen und sich unter oder in Näfels samt den Oberländern zu konjungieren und zusammenzustossen. Dieses aber alles wird die Zeit und Not lehren, zu mindern und zu mehren.

    2 do.  Ob es auch nit ratsam wäre, wenn ein Offizier sich offerierte mit Rat und Befehl eines hochweisen Kriegsrates bei nächtlicher Zeit auf dem Zürichsee mit ungefähr 6 Schiffen oder Weidlingen, jeder mit 2 guten Schiffleuten und 12 wohlmundierten Füsilieren versehen, bald an diesem, bald an jenem Orte des Landes Lärm zu machen, oder die nächtliche Post oder Schiffe gegen Richterswil und Wädenswil aufzuheben oder zu verbrennen durch ein kunstreiches Feuerwerk, oder mit Feuerwachten bis nach Zürich die Grenzen zu beunruhigen, oder wenn man es gut finden würde bei Richterswil oder Wädenswil oder anderwärtig eine Abänderung zu tun. Dies müsste dann mit mehr Volke geschehen, und müsste man sich mit Woll- oder Sandsäcken versehen, damit man halten könnte, bis der Generalangriff geschehe. Dieses letztere aber erst gegen Tag, ungefähr eine halbe Stunde vor dem Angriff“.

    Diesen Plan, maliziös überschrieben als „Unbegreifliches Projekt und Vorschlag“ überschickte der Rat zu Schwyz am 7. Mai zur Prüfung dem Kriegsrate in Pfäffikon. Dabei hatte es sein Bewenden. Dagegen wählte der Kriegsrat in Zug am 11. Mai zur Festsetzung des Angriffes einen Ausschuss, bestehend in Oberst Amryhn, Dr. Karl Friedrich Lusser, Landammann Schorno, Landeshauptmann Achermann und Landeshauptmann Zurlauben1

1 Eidg. Abschiede VI 2 B 1655.

 

    Es lautet die von Schorno verfasste Studie: „Projekt offensive zu agieren.“

Als sollen die völligen Truppen in 3 Teile und alle 3 Teile samthaft eine Armee formieren.

Was aber solche operieren sollen, vermeint man den linken Flügel mit Zuzug von 1000 Mann von Zug, sich der Hütten Brücke zu bemächtigen und allda die Konjunktion machen.

    Das mittlere Corpus in der Mitte gegen die Geisfähren, hinter der Bellen, sich gegen den Geisfähren extendieren und apportiert sein, den linken Flügel zu sekundieren.

    Der rechte Flügel solle mit der rechten Hand Richterswil abschniden und ebenmässig von dem Corpus, so in der Mitte, sekundiert werden.

Und sollen diese 3 Kolonnen in 7 Brigaden verteilt werden, als 2 Brigaden auf der Rechten, 2 auf der Linken und 3 in der Mitte, hiermit 7 Kommandanten erfordert. Also für jede Brigade ein Kommandant und für eine jede Brigade auch 2 Hauptleute.

Die Stücke von Einsiedeln sollen an der Schindellegi postiert werden, selben Pass verschanzen.

Die Lachener Stuck und Doppelhaggen sollen auf das Hurdnerfeld und Brücke versetzt werden und diese 2 Orte mit Werken versehen sein.

 

Form der Formierung der Armee:

Als erstlich der rechte Flügel solle bestehen:

Von dem löbl. Ort        Luzern      400

                                     Uri             250

                                     Schwyz     605

                                     Bollanz      280

                                                     1535

 

Das Corpus in der Mitte:

Von dem löbl. Orte      Uri              500

                                     Schwyz     1198

                                     Bellenz        312

                                                        2010

 

Der linke Flügel soll bestehen:

Vom löbl. Stand                   Uri      250

                                     Schwyz       655

                                     Riviera        200

                                                       1105

 

    Die 2 (Stuck) vom löbl. Stand Uri und 1 (Stuck) von Unterwalden, auch 6 Stuck von Schwyz, sollen 2 auf dem rechten Flügel, 5 in der Mitte und 2 auf dem linken Flügel formiert und gebraucht werden.

    Die Diversion anderseits des Sees, so man nötig zu sein erachtete, vermeinte man mit 1000 Mann, als einem Detachement zu tun.

Wenn dieses, wie man glücklich hoffe, werkstellig gemacht, wird das Mehrere vorgenommen und an der Stelle resolviert werden.1  

 

1Kantonsarchiv Zug: Faszikel Kriegswesen 1712.

 

    Im Hinblick auf diese geplante Offensive schrieb Generalkriegskommissär Ceberg an den Rat zu Schwyz, er gewahre, dass der Angriff beschlossen und man nun beschäftigt sei, solchen recht zuzurichten; indessen werde es an ein Marschieren, Detachieren und Streifen gehen, weswegen die höchste Not, ihn mit Saumpferden zu versehen. Da aber an diesen in Schwyz Mangel, wurde ihm geantwortet, der Herr möge sich anderweitig profitieren, zumal man vernommen, dass die Einsiedler, Höfner und Märchler viel brauchbare Pferde besitzen, auch viel Bediente reiten, so nicht notwendig. Von Pfäffikon aus erteilte Landammann Ehrler den Befehl, in Schwyz ohne Verzug den Landsturm ergegen zu lassen und in allen Kirchchören das Volk ernstlich, bei Verlust des Landrechtes und noch härteren Strafen, nach Pfäffikon aufzumahnen, „Inmassen in der Wahrheit ein merkliches Volk ohne Lizenz von hieraus nach Hause verlaufen“, auch sollten die 10 Ztr. Pulver, die Kugeln, Musketen und „Füsi“ über Kopf und Hals übersendet werden.

    Viel aggressiven Geist entwickelten die Ratsherren zu Schwyz nicht.  Wohl berichteten sie am folgenden Tage, am 13. Mai, den Kriegsräten zu Pfäffikon: Es ist bei dem Volke ein ungemeiner Unwille und Ungeduld, der sogar zu langer Verzögerung der Sache, an der wir doch bis dahin, wie Gott bekannt, keine Ursache sind, bemerken dann aber gleich: „Inmassen übrige löbl. kath. Orte ohne Konkurs aller Teile und sämtlicher kath. Brüder kooperieren, in hier ratione des Angriffs starke Bedenken machen; fragt sich also, ob sie mit unserm Volke den Angriff vorhinweg ohne Vermischung der übrigen löbl. kath. Orte, welche in der Hinterhut uns nachzufolgen sich anjetzo anerbieten tun sollen, wie wir bereit. Die Sachen sind also bewandt, dass wir wahrhaftig sehr bestrickt uns befinden, indem die Verschanzungen und Beschwerden aller Orten stark zunehmen.“

    In der Macht zum 14. Mai traf alt Landammann Schorno in übler Laune aus Zug in Pfäffikon ein. „Gedenkt mich“, schrieb in gleicher Gemütsstimmung Landschreiber Frischherz seinem Vetter Landeshauptmann Schorno in Uznach, „man mehr mit der Feder, mit der wir nichts zu gewinnen, als mit dem Degen kriegen wollen. Wir konsumieren uns das Mark in den Beinen und werden zuletzt, aber leider zu spät, unser Elend beweinen“.

    Um folgenden Morgen um 8 Uhr kam der schweizerisch Kriegsrat in der Kirche zu Pfäffikon zusammen; eine ziemliche Anzahl Soldaten hatte sich hinzugedrängt. Nach vielfältigen Beraten ging der Schluss dahin, die löbl. kath. anwesenden Herren Kriegsräte deutlich und zwar in Schrift noch mal anzufragen und von ihnen auch in Schrift, weil die Worte dann und wann ziemlich missverständlich, die Antwort zu begehren; inzwischen auch unentbehrlich gefunden, wann wir auf dem Fusse von übrigen „Eidgenossen sekundiert werden, den Angriff erstlich zu tun. Damit man aber der kath. Orte desto mehr vergewissert sei, ist ermehrt worden, nach erhaltener Antwort morgen wiederum mit Zuzug von 30 Landsleuten von jeder Kompanie die Räte und Hauptleute zu versammeln und alsdann das Endliche zu beschliessen.

    Entgegen der Notifikation vom tage zuvor schrieb nun am 14. Mai der Rat zu Schwyz nach Pfäffikon: „Da tagtäglich die Gefahr im Verzuge grösser, die Beschwernisse alle Augenblicke wachsen und die übrigen kath. Orte sich resolviert, Euch auf dem Fusse zu folgen und Euch zu unterstützen, damit Ihr fürdersam, weil uns der liebe Gott noch niemals verlassen, dermalen unsere gerechte Sache weiss und sieht, und wir nur resolviert für sein hl. Ehre zu streiten, den Angriff herzhaft, so Ihr es am besten findet, tun sollt; wie wir denn auch diese Nacht, wenn Euch dieser unser Entschluss gefällig, die Antwort von Euch erwarten, damit wir augenblicklich den letzten Sturm, dazu schon alles parat, ergehen und Euch alle Mannschaft unverweilt zuschicken können.“ 

    Ob und welche Beschlüsse von dem auf den 14. Mai zusammenberufenen schwyzerischen Kriegsrate gefasst wurde, ist nicht bekannt. Zieht man in Betracht, dass schon bei der Beratung der V Orte in Zug gegen das Projekt Schorno Bedenken sich hören liessen, im Falle der erste Angriff fehl gehen sollte, so wird man annehmen dürfen, dass die Tagung in den alten Formen sich bewegte. Zug, das sich anfänglich bereit erklärte für Ausführung von Schorno’s Plan 400 Mann in Menzingen bereit zu halten, machte ja später seine Zusage rückgängig mit der Begründung, dass, weil Befehl eingetroffen, auf erstes Begehren die 400 Mann Luzerner Hilfstruppen der Brigade im Freiamte zuziehen zu lassen, es gänzlich zur Unthätigkeit genötigt werde. Luzern, Uri und Obwalden hinwieder wollten vorerst die Antwort des Brigadier Sonnenberg, der an der Reuss gegen die anrückenden Berner stund, abwarten, um dann auf einhelligen Schluss zur That zu schreiten. Auf wiederholtes Drängen von Schwyz erklärten schliesslich die Mitstände, ohne neue Weisungen von ihren bisherigen Erklärungen nicht abgehen zu können.

 

    Freundliche Aufnahme fand der Beschluss des schwyzerischen Kriegsrates vom 14. Mai in Luzern nicht. Denn es antwortete zwei Tage darüber dieser Stand an Landammann und Rat zu Schwyz unverhalten, dass es nicht wohl begreifen möge, wie man fernere schriftliche Resolutionen von seinen in Pfäffikon subsistierenden Hauptleuten abfordern könne, da er doch bereits am 23. April schriftlich gegen Schwyz sich erklärt, seine Hilfsvölker beordert zu haben, dass sie mit und neben den übrigen löbl. kath. Orten zu den Expeditionen sich gebrauchen und solche zur Rettung des katholischen Wesens anstellen lassen sollen. 

    Am 17. Mai wurden grössere Bewegungen bei den zürcherischen Truppen beobachtet. Auf den Bericht, dass in Rüti sich viel Fussvolk und Reiter zusammengezogen, befahl Statthalter Reding in Lachen, 200 in der Obermarch bereit zu halten, um mit selbigen auf die Feuerzeichen nach Uznach zu marschieren. Ein Teil der Mannschaft lag zu Wangen, ein Teil zu Tuggen. Auch dem andern Hauptmann in der Obermarch ging die Ordre zu, auf alle Befehle sein Volk auf Pikett zu stellen, ohne jedoch das Marschziel anzugeben. Zur nämlichen Zeit rapportierte Hauptmann Joseph Karl Schorno ab den Vorposten von der Albishöhe bei Schindellegi: „Hart ob dem Bella-Seelein (Hüttensee) lassen sich gegen 500 Mann postiert blicken; nicht weit von ihnen ein ziemlicher Schwarm Kavallerie. Auf dem sog. Esel zeigte sich eine Anzahl Infanterie, gegen 500 – 600 Mann. Daneben lassen sich an verschiedenen Orten viel Truppen und Völker sehen, also dass sie sich nachmittags bis anjetzo mit beständigem Trommeln, Jauchzen und Frohlocken ziemlich stark zusammengezogen und namhaft anwachsen. Die Rede geht, als ob sie sich auf dem einen oder andern Vorposten gegen unsere Leute haben verlauten lassen, sie wollen morgen mit uns kommen zu Mittag speisen.“ Infolgedessen wurden die Truppen auf Pikett gestellt und die Vorposten verstärkt. Alles lief jedoch auf blinden Lärm hinaus.

 

    Zur nämlichen Zeit verreisten Landammann Ehrler  und alt-Landammann Schorno zur Konferenz der VII kath. Orte nach Zug, u.a. mit der Instruktion: Und wenn die übrigen kath. Stände eine Ankündigung des Krieges vor der Thätlichkeit vornehmen wollen, mögen die Herren dazu auch stimmen, jedoch dass dann  die Thätlichkeit auch erfolge und also Knall und Fall gleichergestalten mit einander geschehen möge. Nach zweitägigen Debatten bestund das Resultat der Beratung am 20. Mai darin, dass einzig Luzern und Uri zur Bezeugung ihrer steten friedliebenden Gesinnung den unparteiischen Orten die Zusage gaben, zu der nächsten Tagsatzung einzutreffen. Erbittert darob schrieb Schwyz an seine Kriegsräte in Pfäffikon tags drauf: Wir hätten zwar vermeint, dass die Konferenz in Zug oder vielmehr die abgeschickten Herren Kriegsräte sich nur um die Manier, wie aller Orten mit gesamter Hand der Feind angegriffen werden sollte, abgeraten hätten, wie denn solches positive unsere Meinung und unser Ratschluss gewesen, auch deswegen nur auf das Signal zum Sturm augenblicklich mit Verlangen gleichsamt, samt Weibern und Kindern gewartet haben; sonst in anderm Absehen wir uns zu solchem Zusammentritt in Ewigkeit nit verstehen hätten können, in Consideration, wir mit Verzögerung Mut und Gut verlieren. Haben aber heute von unserm regierenden Herrn Landammann Ehrler vernehmen müssen, dass nit allein der wirkliche Angriff von solcher Konferenz von Seiten Euer in das Zürcherische zu thun nit beliebet, sondern etwelche löbl. Orte ihre Deputation nach Olten zu schicken resolviert, auch ihre bei Euch gewesene Völker anderswohin zu marschieren beordert, welches eine Sache, so uns nit wenig befremden soll. 

    In der Tat marschierten am Abend des 22. Mai die 400 Luzerner ab, ihnen folgten, nach Zurücklassung von 800 Mann zur Deckung von Rapperswil, die Milizen aus Uri und Unterwalden. In Altendorf verblieben noch nach dem Abzuge der 200 Nidwaldner 140 aus den ennetbirgischen Vogteien. In die Lücken sollte der Landsturm treten. 

    Schon an der Konferenz der geheimen Kriegsräte der V katholischen Orte zu Weggis am 19. August l695 sprach man für den Fall eines Bruches mit Zürich und Bern den strategisch richtigen Grundsatz aus: Wenn man zum Krieg gezwungen wird, dürfen die katholischen Orte sich nicht bloss defensiv verhalten, sondern müssen auch offensiv vorgehen, den „Tanzplatz in des Feindes Haus verlegen und aus seiner Küche leben.“ Dieser Grundsatz lebte auf dem Papier; in der Tat befolgte man ihn nicht. Am 18. April stund das 1. Aufgebot der schwyzerischen Kontingente in den äusseren Landesteilen. Am 21. trafen 150 von Unterwalden, tags drauf 400 Luzerner ein. Uri und Nidwalden waren im Anzuge. Weder das Grüninger- noch das Wädenswiler Korps hatte den Aufmarsch beendet. Der Zeitpunkt wäre der möglichst günstige gewesen, unterstützt von der Luzerner Brigade im Freiamt, sowohl vom Baarerboden aus gegen die um Kappel lagernden Truppen, als von der Höfe aus gegen den Wädenswiler-Berg die Offensive zu ergreifen. Zur Sicherung der rechten Flanke hätte ein verhältnismässig schwacher Bestand genügt. Der andere Plan, durch das Toggenburg sich einen Weg zu bahnen, um mit den äbtischen Truppen vereint das Elgger-Korps anzugreifen, musste weniger Aussicht auf Erfolg haben, indem die Beobachtung der im Rücken gelegenen Wädenswiler- und Grüninger-Korps zuviel Streitkräfte absorbiert hätte. 

    Dass weder das eine noch das andere Projekt verwirklicht werden konnte, daran trug vorab Schuld die verfehlte Organisation im eigenen Lande. Die Zeiten waren längst vorbei, in welchen, wie im alten Zürcher-Kriege, die Operationen allein von der Kriegsgemeinde bestimmt werden. Jetzt sassen zu Hause die ältern Herren des Rats; an sie musste alles rapportiert werden, und sie hinwiederum erliessen von der Ratsstube aus ihre Dispositionen. Dem Kriegsrate waren die Hände gebunden. All dies zeitigte ein endloses Hin- und Herschreiben, Berichterstatten, Befehle und Contrebefehle, die Verwirrung und Irrung und damit Unwille hervorriefen und den günstigen Moment verpassen liessen. Einen weitern Uebelstand zeitigte die Art und Weise, in welcher die Beschlüsse bei den Lands- und Kriegsgemeinden zustande kamen. Abgesehen von der Schwerfälligkeit der Beratung, herrschte hier naturgemäss unbeschränkte Oeffentlichkeit – ein Umstand, der mit rationeller Kriegsführung sich nicht verträgt. Es äusserte sich daher der französische Gesandte gegenüber der in Aarau anwesenden schwyzerischen Delegation, „dass der Feind alles wisse; er glaube aber nit aus Argem, sondern aus Unbesonnenheit, weil man in den Ländern vor grosser Gewalt die Sache eröffnen müsse, welches dem Feinde grossen Vorteil, uns aber herentgegen so viel Schaden zulege“.

 

    In nicht bessern Verhältnissen stunden die einzelnen Orte zu einander. Eifersucht, Missgunst, kleinliche Lokalinteressen spielten eine gewichtige Rolle. Nachdem man sich wochenlang in endlosen Beratungen erschöpft, mangelten bald diesem, bald jenem Stande, wenn zum Angriffe geschritten werden sollte, die nötigen Instruktionen. Verbitterung, Missstimmung, Zerfahrenheit, gegenseitiges Ueberschütten mit Vorwürfen, waren die Folgen von all dem. 

    Während man sich so herumzankte und müssig auf der Bärenhaut lag, ging eine Position nach der andern verloren. Am 20. April nahmen die Zürcher Frauenfeld ein und bemächtigten sich am 22. Mai der Stadt Wyl, um von hier aus am 26. vereint mit den Bernern den Marsch über Gossau bis St. Gallen fortzusetzen. Nicht geringere Erfolge waren im Aargau zu verzeichnen. Am Tage, da Wyl kaptitulierte, ergab sich auch Mellingen an die beiden evangelischen Vororte, welche grossen Wert darauf setzten, die Reussübergänge zu besetzen und dadurch ihre Verbindung zu sichern. Schon auf dem Anmarsche zu letztgenannter Stadt hatte man sich des Hasenberges und Heitersberges versichert. Als auch Bremgarten am 26. von den beiden protestantischen Ständen besetzt wurde, stund einem Angriffe auf Baden nichts mehr im Wege. Gerade an derjenigen Stelle erbaut, wo die bei Regensberg auslaufende Jurakette von der Limmat durchbrochen wird, war, solange diese Stadt behauptet wurde, das Limmattal vollständig gesperrt und gleichzeitig die leichteste Verbindung von Zürich mit Bern und Basel unterbrochen. Baden war von einer bastionierten, crenelierten Ringmauer umgeben, das 1415 zerstörte Alte Schloss („der Stein“) wieder hergestellt, durch eine mit kasemattierten kleinen Bastionen flankierte, vorgelegte, neue Enceinte verstärkt, auch das rechtsseitige Neue Schloss („die niedere Feste“) mit vorliegender Mauer und Graben versehen und mittelst einer bis an die Felsenwand der Lägern verlängerten Ringmauer gegen Umgehung gesichert. Die Werke waren mit 50 Geschützen armiert, die Besatzung bestund aus 1061 Mann. In der Nacht zum 31. Mai begannen die Belagerungsarbeiten. Allein schon am folgenden Tage übergab Oberst Heinrich Rudolf Reding von Schwyz, Stadt und Festungswerke ohne Schwertstreich an Zürich und Bern. Zu Hause angelangt, erstattete er am 5. Juni, da ihm seine Gesundheit angeblich ein persönliches Erscheinen nicht erlaubte, schriftlichen Bericht an seine Obern. Als Gründe der Kapitulation führte er neben dem numerischen Uebergewicht des Gegners an „die Unhaltbarkeit des Ortes, wie auch die Bitten etlicher Vorgesetzten in der Stadt, auch ohne Hoffnung von einigem Succurs von den löbl. Orten“. Ob dieser Rechtfertigung war man wenig erbaut. 

    Grossen Unwillen brachte diese leichtfertige Preisgabe Badens. Sie war wie geschaffen, das ohnehin geringe Vertrauen der Truppen zu ihren Führern zu schwächen. Kurz nach Beginn des Aufgebotes hatte Disciplinlosigkeit in besorgniserregender Weise um sich gegriffen. Am 2. Mai schreibt Hauptmann Janser von Schindellegi aus ins Hauptquartier, den Lieutenant Betschart habe er schon 3 Tage nicht mehr gesehen. Wie er heute die Wacht auf dem Rossberg hätte beziehen sollen, habe er nicht nur nicht gehen, sondern die Soldaten zum Aufruhr verleiten wollen. Da beständig desertieren, so müsse er auf der Brücke eine eigene Wacht haben. „Ja, wenn einer keine Wacht thun will, weiss ich nit, was er allhier nützt. Ich wollte viel lieber Schildwacht stehen, als Hauptmann sein. Bitte also auch, man solle mich der Hauptmannschaft entlassen“. 

Nicht minder untröstlich lautet Landschreiber Inderbitzin’s Rapport vom 7. Mai an Generalkriegskommissär Ceberg: Wird also wahrhaftig zu andern Resolutionen zu schreiten nötig sein, weil auch täglich der Unwille in den Völkern sich mehrt, und bald der, bald dieser krank, massleidig und sonst verdrüssig wird, wie man von den täglich Hineinkommenden mit Wehmuth vernehmen thut. Voll des Unwillens klagt Siebner Joseph Franz Mettler: Ich habe durch das Land soviel vernehmen und hören müssen, dass ich es nit schreiben darf; es ist ein solches Jammern, Fluchen und Schwören nit allein hier, sondern in allen katholischen Orten, dass man nit angreife, dass es nit zu beschreiben. Man hat verschienenen Dienstag in Luzern öffentlich geredet wir hätten zwei Verräter, ja solche sind mit Namen spezifiziert worden. Ich will nicht sagen, was unsere Soldaten aus dem Lager selbst schreiben. Was hat es genützt, mit soviel Volk auf die Grenzen zu ziehen und nur den Zürichsee anzuschauen? Wenn mir erlaubt ist, zu gedenken, so mahnt mich der Krieg an den Villmerger Handel. Bern hat wollen Rom einnehmen, hat sich mit dem Lenzburger Thor contentiert; dermalen hat man Zürich conquestieren wollen, man hat sogar nit ihre Erde betreten dürfen.

 

    Am 9. Mai wird dem Rate zu Schwyz berichtet, es sei im Lager der Schluss ergangen, wenn diese Woche der Angriff nicht geschehe, so wollen alle samthaft, es thue wohl oder wehe, nach Hause laufen. Ein andermal gelobten sich die Soldaten in die Hand, wenn Fleisch, Geld und Reis, so man versprochen, abgehe, wollen sie ab- und heimmarschieren. Wohl konnte man an der Landsgemeinde zu Freienbach am 16. Mai beschliessen, dass niemand bei Verlust des Landrechtes, ein Beisasse aber bei Privierung des Vaterlandes ohne Lizenz sich fortmachen dürfe. Am gleichen Tage liefen 7 Muotathaler mitsamt Blei und Pulfer von dem Posten ab dem Rossberg. Noch mehr. Am 19. Juni schreibt der Kriegsrat zu Pfäffikon: Obwohl an der Fürte letzthin ermehret worden, dass bei hoher Strafe niemand nach Hause gehen dürfe, so hätten sich doch mehr als die Hälfte jener, die selbst  ermehret, gleich nach der Landsgemeinde mit Seiten- und Uebergewehr hinweg gepackt. Und kurz darauf: es sei zu befürchten, dass in 2 Tagen nicht mehr, als 50 – 60 Schwyzer im Feld stehen würden; auch die Garnison von Rapperswil, die Bollenzer und Einsiedler wollen mit Gewalt abmarschieren „mit Vorstellung, es sollten unsere Landsleute ihnen ein besseres Exempel vorführen“. Hinsichtlich der am 24. Juni zu Schwyz abgehaltenen Landsgemeinde weiss Statthalter Ceberg an den Kriegsrat in Pfäffikon zu berichten, selbige sei mit Confusion abgelaufen. Dabei sei u.a. geredet worden: Man müsse etwa 6 Grosshanse an die Ketten schmieden; sonst bessere es nicht. Wenn es zum Kriege komme, müssen diese Grosshanse voran gehen. Kommen sie um, wohlgemut, wer aber übrig bleibt, mit dem wollen sie nachgehends reden.  

    Gegenüber solchen Erscheinungen glaubte man ein wirksames Mittel darin gefunden zu haben, dass von Zeit zu Zeit der Sturm im Lande erging. Anfänglich fruchtete es; später jedoch schwand der Glaube. 

        Gehörig bereinigte Etats bestunden längere Zeit keine. Die Musterung von Kompagnie zu Kompagnie und Spezifikation der Mannschaft, heisst es, sei nicht wohl möglich bei so weitläufigen Posten. Es werden keine beständigen Listen der Kompagnien gehalten indem täglich von unsern Truppen ein- und auslaufen. So kam es, dass bei der Generalmusterung vom 17. Juni von den 8 Schwyzer Kompagnien im Bestande von ca. 1900 Mann 662 fehlten. Und 2 Tage darauf schrieben Statthalter und gesessener Rat an ihre Gesandten zu Aarau: vom Volke sei mehr denn der halbe Teil verlaufen und nicht mehr als auf das meiste 1000 Mann und zwar fast die schlechtesten Burschen vorhanden, so dass die Posten nicht mehr können besetzt werden und daher unausbleiblich sei, dass die noch Anwesenden wegen allzu strengen Wachten kürzlich auch abmarschieren werden. 

    Dass der gemeine Mann seine Haut nicht gerne zu Markte tragen wollte, wird erklärlich, wenn man hört, dass an Räten und Kanzlisten nicht weniger als 37, d.h. ungefähr die Hälfte aus teilweise windigen Gründen zu Hause blieben. So voll man zuvor den Mund genommen, sieben von diesen Herren wurden plötzlich unpässlich. Die Sachen waren bereits so weit gediehen, dass man die ärgsten Ausschreitungen nicht mehr ahnden durfte. Der Kommandant von Baden, Heinrich Rudolf Reding, wurde von den eigenen Soldaten Schelm, Dieb und gottloser Landesverräter gescholten, worauf er seinen Obern noch schrieb, er wolle dieselben, als Mitlandsleute und von ehrlichen Geschlechtern stammend, zu Gnaden anbefohlen haben. Später, als von einem Einfalle der Zürcher in die Grafschaft Uznach gesprochen wurde, befiel den dortigen Landeshauptmann, Oberst Franz Anton Schorno, den Schlotter. Er sei, berichtet er am 27. Juni seinen Herren zu Schwyz, mit dem Podagra peinlich incommodiert, und die Geschwulst am linken Fusse und an der grossen Zehe nehme zu und wachse, dass ihm unmöglich, auf den Fuss zu treten. Bitte also, das Oberkommando auf seinen Bruder oder Vetter Landvogt Schorno zu übertragen. Und weiter fährt er fort: „Hochgeachtete gnädige Herren, dannen habe ich mit höchster und tiefster Seelenbetrübnis unsere intestinam fatalitatem zu vernehmen – Gott erbarme sich über unsere Nachkömmlinge. Ich sehe, als der einfältigste Landmann, dass wir um Sack und Pack, Religion und Freiheit kommen müssen, so wir bei allen diesen Umständen den Krieg continuieren. Wie will Gott könnenhelfen, da unter den kath. Orten keine Einigkeit und in unserm Kanton selbst die Uneinigkeit prädominiert.“ Da in der Folge allerhand gottlose, leichtfertige s.v. teuflische Lüben von dem Teufel oder seinem Anhange über die Herren Kommandanten und die Herren Vorgesetzten in der löbl. Grafschaft Uznach eingepflanzt und eingeführt worden, so wurde in allen utznachischen Pfarreien ein Mandat verkündet des Inhaltes, wer sich mehr also leichtfertiger Dinge erfrechen würde, solle unausbleiblich zur Strafe gezogen werden. Die Androhung scheint die beabsichtigte Wirkung nicht hervorgebracht zu haben, denn noch am 4. Juli beklagt sich Kommandant Schorno über „die gottlose, faule, falsche Columnia“, so über ihn allerorten ausgestreut. 

Vom gleichen Schlotter wie Schorno wurde auch des vorgenannten Kommandanten zu Baden Bruder, Statthalter Reding, Landeshauptmann der March, befallen. Als sich das Gerücht einer Massierung der Toggenburger und Zürcher-Oberländer auf den Grenzen gegen den Zürichsee verbreitete, erhielt er vom Kriegsrate zu Pfäffikon Befehl, mit 11/2 Kompagnien Uznach  zu Hilfe zu ziehen. Am nämlichen Tage aber, am 27. Juni, als der Kommandant letztgenannter Grafschaft sich peinlich vom Podagra incommodiert erklärte und um den Abschied einkam, ersuchte auch Reding um Enthebung vom Kommando. 

    Die Verpflegung des Grossteiles der Truppen in der March und Höfe ging auf Rechnung von Schwyz. Unterm 4. Mai berichtet nämlich Generalkriegskommissär Ceberg, er habe den Ueberschlag gemacht und gefunden, wenn von künftigen Samstag an täglich 300 Brod von Schwyz aus nach Schindellegi geschickt würden, so könne er fortkommen. „Und fange heute an, von Lachen aus die 2 Schwyzer, 2 Steiner- und 1 Artherkompagnie mit Brot zu versehen. Es ist aber zu wissen, dass ich 2/3 von den ennetbirgischen Völkern erhalten muss, was das Brot betrifft. Sodann schaffe ich auch den 400 Mann Obwaldnern das Brot, welches sie von Zeit zu Zeit bezahlen.“ 

    Für Unterhalt der Mannschaft aus Einsiedeln sorgte der dortige Fürstabt. Nachdem Dekan P. Joachim Pfyffer versprochen, nach Kräften beizustehen, schrieb er im Namen von Abt und Konvent den 24. April an Landammann und Kriegsrat in Schwyz: Also verdriesslich fallet uns, dass wir an Korn und Mehl dergestalten geschwächt, dass wir selbst die im Felde stehende Einsiedler Kompagnie, die wir diese 8 Tage hindurch mit Brod und anderm fourniert, kaum noch einige Tage mehr versehen können. Auch von Pfäffikon und andern Orten her bekäme man trotz öfterer Mahnung kein Körnlein mehr. „Ja, eine ziemliche Quantität, die wir vor jetzigem Auflaufe von Ferne erhandelt, diese Woche zu gedachtem Pfäffikon hätte anlangen sollen, mutmasslich, weil nichts eingegangen, von Zürich oder andern muss intercipiert worden sein.“

 

    Luzern sandte zu Schiff bis nach Brunnen und von da auf der Achse seinen Milizen das Brot in Säcken. Dass bei diesen Fuhren viel unters Eis ging, mag aus folgendem, vom Rate zu Schwyz an den Kriegsrat in Pfäffikon gerichteten Schreiben erhellen: „Wir müssen immerhin wegen dem Luzernischen Commisbrot, dass eine Untreue verspürt werde, ja bis dato bis in 600 Rationen mangieren, auch dass die Brotsäcke verloren gegangen, Klägten vernehmen“. Dazu gibt Franz Joseph Meyer von Schauensee, der Luzerner Generalproviantmeister die Erläuterung, dass das Brot von Pfäffikon aus mit starker Bedeckung abgeholt werden musste, was nötig gewesen, wenn nicht, wie es einmal geschah, mehr als ein Drittel davon durch Diebstahl und Plünderung verloren gehen sollte. 

Der Grossteil des Getreides wurde in Feldkirch und Bregenz angekauft, zu Schiff über den Wallensee, die Linth und den Zürichsee geführt und in Lachen gemahlen. 1)

 

1) Auch von Süden wurden Hülsenfrüchte bezogen. Der Rat zu Schwyz berichtet den 14. Juni an den Kriegsrat in Pfäffikon, dass die Saumfahrt über den Berg (St. Gotthard) gut eingerichtet sei und der Weizen nächsten Samstag erwartet werde. In der Folge besorgte der Unterhändler Bernard Casatelli in Mailand den Einkauf von 400 Mütt Korn. Das aus Italien eingeführte Getreide wurde in Schwyz gemahlen und gebacken und auf Wagen den in den äussern Landesteilen lagernden Truppen zugeführt. Am 12. Juli schreibt der päpstliche Legat Giacomo Carraccioli, Erzbeschof von Ephesus, an den Rat zu Schwyz, Mailand habe infolge persönlicher Fürbitte des Bischofs von Como den Zoll auf das Korn nachgelassen.

 

    Hier befand sich die Feldbäckerei. Von den 15,727 Münzgulden, die Generalkriegskommissär Ceberg vom 26. April bis 12. Juli ausgab, entfiel der grösste Teil auf den Ankauf von Korn. Bis am 23. Juni hatten 11 Bäcker in Lachen 59,817 ganze Kommisbrote gebacken  und dafür an Zehrung, Holz und Backlohn 522 Gulden bezogen. Ein schweres, aus Bregenz bezogenes Mütt  kostete bis Lachen 13 Gulden 21 Schillinge und ergab 2 Zentner Brot. Für die in Hurden, Pfäffikon, Freienbach und Rapperswil lagernden Truppen wurden die Brote in Schiffe verladen, den andere Abteilungen durch den Train auf Wagen zugeführt. 

    Ein weiteres Verpflegungsmittel, Reis, bezog man aus den ennetbirgischen Vogteien, vom Bischof zu Como und aus Mailand. Fleisch und Milch lieferte, wenn auch nicht immer in genügendem Masse, das eigene Land. 

An seine Obern in Schwyz erstattete Ceberg am 6. Mai nachfolgenden Verpflegungsrapport:

    Das unterm 5. Mai gnädig an mich erlassene Schreiben samt den 700 Thalern ist mir zu Recht überantwortet worden und weil ich ersehe, dass es unmöglich, täglich 10 Haupt Vieh anzuschaffen, sind meine Gedanken, die soldaten mit Milch zu versehen. Da auch hierüber mein Sentiment verlangt wurde, so ist vonnöten voraus zu berichten, dass ich jetzt täglich speise wie folgt:

    Siebner Reding’s Kompagnie hat Rationen 272, Hauptmann Büeler’s Kompagnie 280, Hauptmann Heinrich Ludwig Reding’s Kompagnie 238, Hauptmann ab Yberg’s Kompagnie286, Hauptmann Abegg’s Kompagnie 284, Hauptmann Zayen Kompagnie 266, Nidwässer Kompagnie ungefähr 330, Küssnacht und Muotathal ungefähr 240 (von diesen 3 letzten Kompagnien sind mir die Musterungszettel noch nicht behändigt), Gersau 98, Bollenzer 275, Garnison zu Rapperswil 160 unseres Orte wegen, item die Herrendiener, Boten, Karrer und Fuhrleute, so sich über 100 Mann belaufen und was zu den Stucken geordnet ist. Also dass täglich bis zu 3000 Rationen Brot, soviel Fleisch und Reis draufgeht. Wenn man also kalkuliert, täglich nur für 1000 Mann jedem eine Mass Milch, so macht dies schon 1000 Mass; oder auf den Mann 3 Quärtlein, macht für 3000 Mann 2250 Mass. Gesetzt man wolle die Hälfte mit Fleisch und die Hälfte mit Milch versehen, so brauch es alle Tage 1500 Mass Milch, bei 3 Quärtlein aber 1125 Mass. Um letzteres Quantum zu erzielen, bedürfte man 200 Kühe und hätte dann noch für die andere Hälfte Mannschaft täglich 15 Zentner Fleisch vonnöten. 

    Anfänglich erhielt jedermann täglich 1 Pfund (?) Fleisch und Käse und je den zweiten Tag ein Zweipfünder-Brot. Wie später die Lebensmittel knapper sich gestalteten, setzte man den Tagesbezug fest auf 1 Pfund Brot, ½ Pfund Reis und 4 Schillinge. 

    Wie es etwa bei den Distributionen zugegangen sein mag, davon erhält man ein Bild, wenn man hört, dass vom 18. April bis 26. Mai keine Musterung vorgenommen worden, wbwohl die Kompagniebestände stark reduziert waren. Die Bereinigung der Etats auf den 2. Juni ergab denn auch, dass bei den 8 Schwyzer-Kompagnien über 200 Mann fehlten. Und doch gab es Kompagnien, die während den letzten 25 Tagen immer gleich viel Rationen bezogen hatten. 

    An Fourage litt man frühzeitig Mangel. Generalkriegskommissär Ceberg war am 24. April nach Rothenthurm geritten, um sich Heu zu beschaffen; er traf keines an. Luzern, an welches man sich in dieser Not gewendet, berichtete am nämlichen Tage, dass er kein Futter liefern könne, da sich auch ihre Kriegsräte zu Sursee über Mangel beklagen. 

Dass Ceberg gar oft in schrecklicher Geldnot sich befand, klingt sehr glaubhaft. Es schreibt der Kriegsrat den 2. Juli an die Obern in Schwyz: „Im Falle das begehrte Geld (etwa 400 oder 500 Gulden) durch diesen expressen Ordonnanz-Reiter nicht unverzüglich überschickt werde, könnte man morgens nit mehr allen das Brot geben und man das Volk wegen Abgangs anzuschaffender Notwendigkeiten gänzlich verlaufen lassen müsse.“ Ein andermal beklagt sich der Herr Kriegskommissär bei seinen Vorgesetzten: „Es werden auch Euer Hochwohlgeboren leichtlich erachten, dass, wenn ich die Wissenschaft hätte, Soldaten ohne Geld und Mittel mit Brot zu versehen, würde ich nit in Not und Kummer in Schwyz sein, sondern als Weltmirakel von allen Fürsten und Herren höchst verlangt und allgemein besoldet werden“.

    Allein auch von Angriffen auf seine Ehrenhaftigkeit blieb Ceberg nicht verschont. „Ich vernehme mit tiefster Betrübnis“, relatiert er den 3. Juli von Feldkirch aus an den Kriegsrat in Pfäffikon, „dass zu Grynau die Wachten öffentlich geredet, sie haben Befehl, wenn ich dort durchreise, mich anzuhalten, weil Drei mit mir seien, so Sachen angestellt haben, dass man allen werde den Lohn geben. Nun überzeugt mein Gewissen mich keiner Untreue, sondern eines recht eifrigen katholischen und christlichen Gemüts; habe ich aber Ungemach mit meiner mehr als gemeinen Mühsame und mit meinem dienstfertigen, ja schier sklavischen Leben, und Ungnade verdient, so habe ich wohl der Welt Dank zum Lohne.“ 

    In gleichen Finanznöten wie Ceberg steckte der Rat zu Schwyz: „Wir wollen auch Euch, hochgeachtete Herren Miträte, nicht unberührt lassen, dass wir uns je länger je mehr in engerer Situation befinden, indem unser Vorrat des Kastens beinahe konsumiert, die Käse aufgezehrt, das Brot über die Massen kläm hergeht“. Man verlegte sich nun auf’s Pumpen und zwar mit Erfolg beim Fürstabte von Einsiedeln, der unter anderem am 23. Mai 4500 Münzgulden versprach und am 2. Juni 2000 Thaler übersandte. Als auch dies versagte, griff man zum letzten Mittel; man nahm ein Verzeichnis auf über das im Lande vorfindliche Silbergeschirr und liess es – 800 Lot – einmünzen. 

Während man in Aarau den Friedensunterhandlungen oblag, lief am 25. Juni im Lager zu Pfäffikon Bericht ein, dass die Zürcher zu Wasser und beiderseits des Sees vorrücken. Um die Truppen der Linie Etzel-Schindellegi-Rossberg näher zu bringen und sich zugleich der von hier aus in das Innere des Landes führenden Uebergänge zu versicher, wurde gleichen Tages folgender Dislokationsbefehl erlassen: 

Erstlich wollen an die Schindellegi verlegt werden 2 Kompagnien und 50 Höfner.  

    Auf den Rossberg soll verlegt werden 1 Quartierkompagnie. Wenn aber die 200 Einsiedler, so dahin befohlen, diesen Posten werden bezogen haben, könnte man auf Gutfinden die Quartierkompagnie auch hinab nach Schindellegi ziehen. 

Auf die Höhe ausserhalb der Schindellegi, als hinter dem „Gedemly“, unweit Allenwinden solle eine von den 3 in Schindellegi liegenden Kompagnien verlegt werden oder es wird ihnen überlassen, detachementsweise soviel Volk dahin zu schicken, bis eine Kompagnie vollzählig ist. Dorthin sollen auch 10 Höfner verlegt werden. 

    In Feusisberg wird das Panner und die Landesfahne samt 2 Quartierkompagnien und 40 Höfnern sich einlogieren. 

Auf dem Etzel sollen 1 Quartierkompagnie und 200 Einsiedler postiert werden. 

Nach Sihlegg sollen 1 Quartierkompagnie und die Bollenzer verlegt werden. 

In Wollerau sollen von den Schwyzern, so zu Freienbach sind, 40 Mann samt einem Lieutenant täglich sich einfinden; tem sollen auch dahin 60 Höfner postiert werden. 

    Nach Freienbach sollen 1 Quartierkompagnie und 200 Höfner ziehen, von welchen 30 Mann in das Schloss Pfäffikon zu verlegen sind. In die Schanze zu Pfäffikon sollen 20 Mann aus der March verlegt werden. 

Auf dem Hurdner-Feld und der Rapperswiler-Brücke sollen aus der March 400 Mann postiert werden. 

    Durch das Los wurde der Standort der Kompagnien bestimmt wie folgt: Schindellegi ab Yberg und Siebner Reding, Rossberg Büeler, Etzel Abegg, Sihlegg Schorno, Freienbach Zay, Feusisberg Janser und Heinrich Ludwig Reding. Das Hauptquartier befand sich in Feusisberg.

 

    Nachdem die Dislokation beendet, fasste die am 27. Juni auf der Fürte besammelte Landsgemeinde den Schluss: es soll alles Volk, da der Ueberfall zunächst an der Türe stehe, über Kopf und Hals, Tag und Nacht, ins Lager hinaus ziehen. Bald gewahrte man, dass alles auf blindem Lärm beruhte. Infolgedessen eilte zahlreiche Mannschaft wieder nach Hause, so dass bei den Beständen erhebliche Reduktionen eintraten. 

Unter diesen Umständen litt es auch die ennetbirgischen Hilfsvölker nicht länger im Felde. Auf dem Rückmarsche begriffen waren die Bellenzer am 11. Juli in Brunnen, die Bollenzer in Schwyz und die von der Riviera in Einsiedeln angelangt. Den Bollenzern gab man, damit sie inskünftig desto williger wieder zu Hilfe ziehen würden, einen Zehrpfennig mit: den Oberoffizieren je 2 Thaler, den Wachtmeistern je 1 Thaler, jedem Korporal ½ und jedem Soldaten ¾ Thaler. 

    Diese Mannschaften hatten ihre Heimat noch nicht betreten als am 14. Juli die Zürchertruppen sich konzentrierten und die schwyzerischen Vorposten stark mit Feuer belästigten. Dieses Vorgehen findet Erklärung in dem am 12. Juli von Bürgermeister, Klein- und Grossräte der Stadt Zürich an ihre Ehrengesandten erstatteten Bericht. Es heisst darin, dass eine Prolongation des für den Friedensschluss gesetzten Termins nicht nur köstlich, sondern mehr und mehr gefährlich werde, indem nicht nur beide Unterwalden den Absagebrief gegeben, sondern auch die Länder sich frecher und bosfertiger aufführen, indem sie hin und wieder an den Grenzen ausgelassener sich zeigen und allerlei Feindtätigkeiten, wie aus beigegebenem Schreiben von Wädenswil ein Müsterli zu ersehen, vornehmen. „Wir lassen es daher beim gesetzten Termin gänzlich bewenden und thun Euch, unsern fürgeliebten Miträten, überlassen, wann, wie wohl zu besorgen, von den renitierenden Orten die Friedenserklärungen auf gesetzte Zeit nicht einlangen werden, nach aufhabender Instruktion zu verfahren und mit und neben den Herren Ehrengesandten h. Standes Bern die Generalitäten dessen zu advisieren, damit in Gottes Namen so fürder als immer möglich mit den Operationen fortgefahren und diesem Geschäft das Ende befördert werde. 

    Es beschloss daher die Landsgemeinde auf künftigen Samstag den 16. wieder auszuziehen mit 4 Kompagnien nach Zug und mit den andern 4 Kompagnien samt der Landesfahne in die Höfe. „Und wenn dann man in dem Feld zu Zug oder in dem Freienamt bei unsern Eidgenossen von Unterwalden und Zug zusammen kommen und die Sachen also finden wird, dass man nit im stande sei, den Feind anzugreifen oder sich zu widersetzen und deswegen Friede machen wollen, sollen wir für unsern Ort auch mitmachen“. Bei der Ankunft im Felde wird Generalmusterung gehalten. Jeder Ratsherr, der nicht auszieht,m soll seiner Stelle verlustig gehen, seiner Habe und des Landrechtes beraubt werden. Letzterer Bestrafung unterliegen auch die Landleute. Die Beisassen und Untertanen, so nicht erscheinen, sollen neben Verlust von Hab und Gut auf ewig des Landes verbannt werden. Auch solle keiner bei obiger Strafe aus dem Felde heimgehen, er habe denn von seinem Hauptmann eine Attestation. 

    Lange vor Beginn der Misshelligkeiten und in erhöhtem Masse, als man unter den Waffen stund, hatten beide Parteien Hilfe vom Auslande erhofft. Die katholischen Orte vertrösteten sich vorab auf kaiserlichen Succurs. Bezeichnend ist ein am 4. Mai von den Kriegsräten der 3 Urstände in Pfäffikon an ihre Gesandten zu Baden erlassenes Schreiben. Es steht darin, wie Obervogt Franz Anton Schorno von St. Gallen die Nachricht gebracht, dass 5 kaiserliche Regimente als Latour, Roth etc. in wirklichem Anmarsche gegen Rhein und Rafzerfeld begriffen seien. Beineben sei auch ihm von verschiedenen Landsknechten und Tyrolern mit nachdrücklichem Eifer mit diesen Formalien zugeredet worden: „Ihr katholischen Schwyzer seid guten Mutes, gebt den Zürchern in nichts nach. Jetzt sei die Zeit, ihnen einen tapfern Streich zu versetzen. Gott und seine lb. Mutter sei mit uns. Sie wollen uns mit allen ihren Kräften und einer zahlreichen Mannschaft auf unser Verlangen hilf- und trostlich zuziehen, durch das Appenzellerland in das Rheinthal einfallen und uns allerorten den Pass, und sollte es bis nach Einsiedeln vonnöten sein, sicherlich durchhauen und offen behalten.“ Dergleichen Erzählungen fanden gläubige Herzen die Menge und selbst der Rat von Schwyz hoffte noch am 15. Juli auf kaiserliche Hilfe. Richtiger urteilte Wochen zuvor der in österreichischen Diensten stehende General Hieronymus von Erlach: „Les trouppes impériales observerout une exacte neutralité sur les frontières.“ 

    Nachdem man bereits am 6. Mai die III Bände zu getreuem Aufsehen gemahnt und Savoyen um bundesgemässe Hilfe angerufen, klopfte man auch beim Papste an. An der geheimen Konferenz vom 14. Mai berichtete Luzern, dass es bereits wegen der Subsidien des hl. Stuhles an den Nuntius gelangt sei. In Anbetracht der schweren Zeiten und der äussersten Gefahr wurde jedoch gutbefunden, Rom direkt, wie dies andere Mal in gleichen Zeitlagen auch der Fall gewesen, die nachdrücklichsten Vorstellungen zu unterbreiten. Einige Tage später ging an den Papst ein Schreiben ab, worin er fussfällig gebeten wurde, zur Bestehung des Krieges gegen die an Macht und Mitteln überlegenen Städte Zürich und Bern mit einigen erklecklichen Geldmitteln an die Hand zu gehen. Es werde um so mehr darauf gezählt, als es sicher und gewiss sei, dass die fünf katholischen Orte eine feste Vormauer gegen Italien und allzeit selbst im stande seien, die um sich fressenden Sektierer aufzuhalten. Am 18. Juli konnte denn auch der zum Nuntius nach Altdorf abgeordnete bischöfliche Kommissär Dr. Reding vor dem Rate zu Schwyz berichten, der Nuntius habe sich über den versprochenen Succurs an Geld und Korn dahin geäussert: die in namhafter Zahl von dem Bischof von Como gelieferten Früchte lägen in Louis, man solle nur um Pferde schauen und sich von ihm die Adresse geben lassen. Das Geld liege zu Mailand; doch werde er nichts verabfolgen lassen, bis dass man eine Aktion bei Zug werde vorgenommen haben; dann aber werde er jenen löbl. Orten, so sich in Zug einfinden, ein Quantum an Geld zuwenden. Was den Betrag der erwähnten 30,000 Dublonen betreffe, so habe er nie etwas spezifiziert; es solle es auch niemand vernehmen. Darauf könne man aber nicht zählen, dass ihre päpstliche Heiligkeit die ganze katholische Armee erhalten werden, massen sie nicht im stande, solches zu tun, wohl aber darauf dass sie eine erkleckliche Subsidie verabfolgen werde, sobald die Operationen den Anfang nehmen. Um dem Versprechen nachzukommen, anerbot der Nuntius, sobald das Gerücht über den Angriff der drei Orte bei der Sinserbrücke erging, zum Unterhalt der aus den ennetbirgischen Vogteien aufgebotenen Truppen für Schwyz und Unterwalden 500 Thaler und erklärte sich zu weiterer Unterstützung bereit. 

    Bald 2 Monate hatte man in Aarburg, Olten und Aarau über gütliche Beilegung des Streites Unterhandlungen gepflogen, als am 17. Juli Bern und Zürich den V katholischen Orten eine letzte Frist bis Mittwoch 20. Juli gewährten, um sich zu erklären ob sie den Friedensvertrag in seinem Wortlaute eingehen wollen oder nicht. 

    Im Rate zu Luzern besass die Friedensidee die Oberhand; von einem Nachgeben wollte aber vorab die Landbevölkerung nichts wissen. So berichtete dieser Stand an seine Gesandten zu Aarau am 18. Juli, in der Landschaft seien solches Gift und Aufstände angestiftet, dass die Obrigkeit, besonders in solchen Dingen, dem Anschein nach nicht mehr Meister sei, sondern jene, welche vorsahen, dass die Regierung und ihre Versprechen nichts sein würden. Die Aufregung und Wut etwelcher Heimlicher in der Stadt und auf dem Land seien äusserst angewachsen und von Leuten aus der Stadt angezettelt, über welche man aber trotz den eifrigsten Nachforschungen noch nichts in Erfahrung bringen konnte. Es nützen bald weder Abordnungen noch Predigten mehr, nachdem einmal alles Feuer sei und die Länder statt dasselbe zu dämmen, eher schüren. Von den Drohungen könne nicht genug gemeldet werden; es bleibe nichts übrig, als dass die 3 Orte den Frieden auch annehmen oder aber alles sich zum Kriege schicke; denn trotz aller Vorstellungen ergiessen sich durch das ganze Land die spotthöhnischen Reden über die Obrigkeit und sei auch bald innere Gewalt und Ueberrumpelung zu befürchten. Luzern sah sich denn gezwungen, infolge der drohenden und zum Teil schon ins Werk gesetzten Volkserhebung, seine Gesandten noch gleichen Tages von Aarau abzuberufen.   

    Uri neigte zu gütlicher Schlichtung des Streites. Die Gesandten eröffneten an der Konferenz zu Aarau den 14. Juli, sie seien zur Annahme des Friedens instruiert, hoffen aber, dass sie in den nebensächlichen Punkten gratifiziert würden. 

    Kriegerischer Geist herrschte in Nidwalden. Landeshauptmann Ritter Johann Jakob Achermann hatte sich entschlossen, mit einem Korps Freiwilliger Zug zu Hilfe zu ziehen und den Feind aufzusuchen, worauf am 15. Juli die Kriegsgemeinde einhellig Verwerfung der Friedenspunkte und Nachschub von 300 Mann zum Freikorps beschloss. 

    Obwalden zeigte schon am 8. Juli Luzern an, dass es mit 600 Mann Zug zu Hilfe ziehen werde. 

Im Lande Zug war Revolte ausgebrochen. Ein Bericht an den französischen Botschafter vom 8. Juli erklärte vorab die Gemeinde Menzingen berüchtigt „par ses mutineries et par und conduite extrafagante et proprement d’une desperation incroyable à tascher de bouleverser toute la Suisse“. Die Landsgemeinde entsetzte denn auch den Landammann Andermatt seines Amtes, verbot der Regierung, bei Verlust des Lebens, sich wieder zu versammeln und bestellte einen Kriegsrat von neun Männern, denen alle Gewalt übertragen wurde. Konrad Kränzlein von Menzingen brachte die Freifahne in Vorschlag, zu deren Hauptmann Joh. Baptist Trinkler erwählt wurde. Durch aufrührerische Reden waren die Landleute ausserordentlich erhitzt. Viele Schmähreden wurden besonders gegen Luzern ausgestossen. „Hätten die Luzerner bei Bremgarten gesiegt“, rief einer, „so würden sie ganze Pfauensträusse auf ihre Köpfe gesteckt haben, und die Länder wären nicht mehr sicher vor ihnen gewesen“. 

    Auch Schwyz hatte am 16. Juli den Frieden ausdrücklich verworfen. 

Bezeichnend für die damalige Lage ist der Bericht der zürcherischen Gesandten in Aarau vom 20. Juli an ihre Obern: In Schwyz könne die Obrigkeit zwar noch Vorstellungen machen, finde aber beim Volke weder Glauben noch Gehorsam mehr; in Zug sei die Obrigkeit völlig am Boden und zu Unterwalden schwebe alles in Verwirrung.  

Am nämlichen Tage, da dieser Bericht verfasst wurde, besiegten 4000 Schwyzer, Unterwaldner und Zuger bei Sins ein Berner Detachement von 1000 Mann in blutigem Gefechte und stellten damit die Verbindung zwischen Zug und dem Freiamt über die Sinserbrücke wieder her. 3) 

 

3)Nach J.L. Städeli im Geschichtsfreund XIV 191 stunden 3000 Schwyzer, Unterwaldner und Zuger gegenüber 1100 Bernern. – Vom Stande Schwyz fielen zu 30 Mann. (Vaterländische Profangeschichte Band II Fol. 107 Manuskript von Kommissarius Thomas Fassbind im Kantonsarchiv Schwyz.

 

    Diese Aktion kam den am Zürichsee stehenden Schwyzertruppen nicht unerwartet. Schon tags zuvor hatte Unterschreiber Betschart von Cham aus an den Kriegsrat in Wilen relatiert, gestern sei der Angriff gegen die Berner im Freiamt über die Gislikonerbrücke, falls nichts Widriges einlaufe, auf den 20. Juli beschlossen worden. Das Schiessen hatte man wohl gehört. Da man aber über den Verlauf des Unternehmens nicht im Klaren, wurde eilig eine Kriegsgemeinde auf Fürte zusammenberufen. Inzwischen vernahm man, wie die Luzerner Bauern ins Feld gezogen und ihre Herren in der Stadt zu Wasser und zu Land bewachen lassen. Es wurde daher der Beschluss gefasst, auf den Abend die Truppen gegen die Zürchergrenze zu conzentrieren und in Bereitschaft zu halten, um in der Frühe, nach Gestaltsame der Sache und nach den einlaufenden Berichten, den Feind herzhaft zu attaquieren. Zugleich fiel das Erkanntnis, das in den Kirchgemeinden noch weilende taugliche Volk unverzüglich hinauszumahnen. Das Hauptquartier wurde in der Obermühle zu Wollerau aufgeschlagen. 

    In Schwyz erachtete man den günstigen Augenblick gekommen, mit den Operationen am Zürichsee zu beginnen. Es wurde daher der Bericht von alt-Landammann Schorno über die Vorgänge zu Sins am 21. Juli den Kriegsräten in den Höfen mitgeteilt mit dem Bedeuten, man sei im Lager im Freiamt unwillig, dass sie nicht auch operieren, damit ihnen die Last nicht allein auf dem Halse liege. 

    Dem Wunsche trug man Rechnung. Am 21. Juli wurden die Truppen der Zürchergrenze näher gebracht. Das Hauptquartier befand sich in der Schanze bei Itlismos, von wo aus nach Schwyz berichtet wurde: das Volk will unterm Schutze Gottes und Mariä morgens und in vorstehender Nacht löwenmutig den Feind angreifen und gegen Zug Oeffnung und Kommunikation machen. In der Tat war es höchste Zeit, zur Offensive zu schreiten. Wie Landschreiber Inderbitzin an Generalkriegskommissär Ceberg in Feldkirch geschrieben, waren die Offiziere infolge Brotmangels seit 3 Tagen schier des Leibes und Lebens nicht mehr sicher gewesen. So bat man denn in Schwyz inständig um Geld, „sonsten unmöglich fällt, ferners die Völker behalten zu können“. 

    Zur nämlichen Zeit beschloss auch der Gegner den Vorstoss. Am 21. Juli schrieb Zürich an seine Kriegsräte zu Rüti und Wädenswil: „Nachdem wir von unsern geliebten Mit- und Kriegsräten des Korps zu Maschwanden diesen Morgen den sicheren Bericht erhalten, wie die Länder das Berner Detachement bei der Sinserbrücke angegriffen und also die Tätlichkeiten ihren Anfang genommen, finden wir uns bemüssigt, Euch unsern geliebten Miträten hiermit aufzutragen, dass Ihr bei so beschaffnen Dingen unter Gottes gnädigem Beistand von nun an auf alle Weise trachtet, den Feinden Abbruch zu thun und sie aller Orten wie und wo Ihr könnt, ohne einiges Verschonen zu schädigen. Von diesem Beschlusse wurden die Gesandten in Aarau in Kenntnis gesetzt, mit dem Beifügen, dass man Ordre erteilt habe, an allen Orten offensive und defensive vorzugehen. 

    Gleichzeitig waren die Generale der beiden evangelischen Vororte zusammengetreten, um zwecks Ausführung eines entscheidenden Streiches gemeinsame Ratschläge zu fassen. Im Hinblick hierauf schrieben den 21. Juli von Zürich aus Bürgermeister, Schultheiss, Klein- und Grossräte der Städte Zürich und Bern an die Orte evangelisch Glarus, Basel, Schaffhausen, Appenzell a.Rh., Stadt St. Gallen, Mülhausen und Biel, dass die renitenten katholischen Orte, welche nichts weniger als Friedensgedanken hegen, sondern vielmehr so disponiert seien, dass das Kriegsfeuer in löbl. Eidgenossenschaft völlig entzündet werde, mit Waffengewalt zu Raison und Billigkeit gebracht werden müssen. Man sei also enschlossen, solches mit alleräussersten Kräften zu bewerkstelligen und mahne um Zuzug. 

    Wie bemerkt hatten die Schwyzer den Angriff auf den Frühmorgen des 22. Juli angesetzt. Der Plan war, durch Ueberrumpelung sich vorerst der Hüttnerschanze zu bemächtigen. Zu diesem Zwecke hatte man von Zug Hilfe erbeten und auch zugesichert erhalten. Während die Schwyzer über die Albishöhe marschierten, sollten 150 Menzinger nach Ueberschreitung der Finserseebrücke ebenfalls am rechten Sihlufen gegen die Stellung vorgehen. 

    Die Nacht zum 22. Juli erblickte um 1800 Schwyzer in Sammelstellung beim Hinter-Vogelnest. Schlag 3 Uhr wurde das mit Menzingen auf dem Rossberg verabredete Feuerzeichen angezündet. Es begann der Vormarsch. Eine Kolonne von 2 Bataillone zog südlich, die andere , 1 Bataillon, nördlich dem Hange der Albishöhe entlang. Die auf der Berglihöhe postierte zürcherische Feldwache, welche das Heranrücken des Gegners rechtzeitig wahrgenommen, retirierte auf die Hüttenschanze. 

I    nzwischen wich die Nacht. Vergeblich hatte man auf die von Zug versprochene Hilfe gewartet. Die Kolonne links blieb bei Halden zur Beobachtung der Hüttenschanze und zur Sicherung der rückwärtigen Linie stehen, indes die Kolonne rechts unter dem Feuer aus diesem Werke der Berglehne entlang über Rebgarten und das westlich davon gelegene Wäldchen der Höhe von Segel zumarschierte und so die befestigte Linie durchbrach.1)

 

1)Neujahrsblatt der Feuerwerker-Gesellschaft Zürich S. 238. – Landschreiber Inderbitzin schrieb den 23. Juli an Generalkriegskommissär Ceberg in Feldkirch: „Man hat erstlich die Albishöhe gegen die Hüttnerschanze mit Angriff eingenommen und weil dann die Zuger gegen uns, solche Schanz einnehmen zu können, das Ihrige nicht gethan, wie wohl sie uns dessen Sicherung und schriftliche parte gegeben, hat man solche (die Höhe) verlassen und ist man vorbei gezogen.“

 

    Auf dem Segel setzte man sich fest, um die Unterstützung aus Menzingen abzuwarten. Sie erschien verspätet und ungenügend und zog sich bald wieder zurück.2)
2) Von Menzingen aus berichtet Hauptmann Landtwing den 23. Juli an Major Kreuell im Lager zu Baar: Er habe gestern 4 Mann ins schwyzerische Lager geschickt, um Bericht über die gestrige Aktion zu vernehmen. Diese 4 Mann hätten zurückgebracht, dass die Schwyzer mit ungefähr 1800 Mann von der Schindellegi und von den Höfen ennet der Sihl ausgezogen , und sei ihnen 150 Mann Succurs abseiten der Menzinger versprochen worden. Da aber die Schwyzer ennet der Sihlbrugg gewesen, seien etwelche von Menzingen zu ihnen gestossen, hier sage man 50 oder 60 Mann. Wie nun die Schwyzer gesehen, dass so wenig Succurs angekommen, wären sie gleich wiederum zurück in ihr Lager gekehrt, mit dem Bemerken, dass sie ohne grössere Unterstützung nichts mehr tentieren werden. – Dieser Rapport wird ergänzt durch denjenigen von Pfarrer Joh. Peter Züricher von Menzingen, vom 22. Juli an seine Obern: Gründlicher Bericht, dass man gestern schon Volk begehrt, mit Vermelden, dass die Schwyzer auf heute morgen früh in das Zürichgebiet rücken werden und von uns Succurs begehrten. Da man die Loszeichen von den Schwyzern gesehen und gehört und also genötigt worden, auszuziehen, ist man unserseits gegen die Schwyzer, um uns mit ihnen im Zürichbiet zu vereinigen, gezogen. Allein weil unser Succurs von Baar aus nicht angekommen und also wir zu schwach waren, wurden wir bemüssigt, wiederum ab und auf unsere Posten zu ziehen und hiemit die Schwyzer des versprochenen Succurses zu entäussern. – Ahnlich drückte sich gleichen Tages Amman und Rat der Gemeinde Menzingen an Ammann und Kriegsräte im Lager zu Baar aus: Die schwyzerischen Truppen seien heute in der Frühe bis auf den Segel marschiert, eine gute halbe Stunde von unsern Grenzen, wohin wir uns begeben wollten. Weil aber auf unser gestriges Schreiben kein Succurs zu bekommen, und wir genötigt gewesen, mit der uns verbleibenden wenigen Mannschaft zuzuziehen, habe sich die schwyzerische Soldeska nit wenig bestürzt gezeigt und wir daher gut befunden, wiederum auf unsere Posten zu ziehen. – Kantonsarchiv Zug: Faszikel, Kriegswesen 1712.

 

    Inzwischen waren Major Mattli mit zirka 140 Mann, die in Eile aus der Sternenschanze und aus benachbarten Stellungen zusammengezogen worden, und die Dragonerkompagnien Eschmann und Meyer auf dem Schauplatz erschienen. Ein Detachement Schwyzer unternahm den Vormarsch gegen Schönenberg, wurde aber vom Gegner auf das beim Segel postierte Gros zurückgeworfen. 1) 

 

1)Cit. Bericht von Landschreiber Inderbitzin: „Nachdem sind dorthin gegen ihnen Reiterei und Fussvölker gezogen und haben gegen einander scharmüziert; unsere aber sind gewichen“.

 

    Da die Ueberrumpelung nicht geglückt, ein weiteres Vordrängen in Feindesland, mit Rücksicht darauf, dass der Gegner allerorts unter den Waffen stund und sich massierte, keine Aussicht auf Erfolg versprach, retirierten die Schwyzer vom Segel längs dem rechten Ufer des Hüttensees Richtung Lölismühle (Neumühle), belästigt durch ein aus der Hüttenschanze entsandtes Detachement von 30 Mann. 

Schon am frühen Morgen hatten die Schwyzer von der Itlemosschanze her die Zürcher unter Major Kilchsperger aus den mit Brustwehren versehenen Gehöften Ober- und Mittler-Weberrüti vertrieben und sich dort eingenistet. Ebenso wurden bei Beginn der Aktion 180 Mann gegen die Lölismühle dirigiert. Vergeblich hatten diese vereint mit der bei Weberrüti stehenden Abteilung, während das Gros den Einbruch ins Feindesland vollzog, einen Sturm auf die Bellenschanze unternommen. Wie nun die vom Segel her retirierenden Truppen beim Hüttensee vorbeigezogen, setzte das gesamte Schwyzer Kontingent zum Vorstoss gegen die Bellenschanze an, mit der Hauptmacht von der Lölismühle, mit einer kleinern Truppe von der Weberrüti her. Unterstützt wurde das Vorgehen durch 2 bei Blegi in Stellung gebrachte Geschütze. Dreimal wurde die Schanze berennt, allein jedes Mal der Anstrum durch das sowohl von der Brustwehr als aus dem Graben auf die Angreifer gerichtete Doppelfeuer zurückgewiesen. Nich zu unterschätzende Dienste leistete auch das rechts dem Werke auf der Welle des Seerains postierte Detachement des Major Escher. Es stund auf der Spitze, bei erneuter Attaque die Position zu verlieren, als im entscheidenden Momente die Dragonerkompagnien Eschmann und Meyer über den Laubeggrain dahergaloppierend bei der Bellenschanze eintrafen und den Gegner in die Flucht schlugen. Meyer hielt mit seinen Dragonern neben der Schanze auf dem Seerain still, indes Eschmanns Kompagnie den Feind noch eine Strecke weit auf die Lölismühle zu verfolgte.1)  

 

1)Neujahrsblatt der Feuerwerker-Gesellschaft Zürich S. 240ff – Landschreiber Inderbitzins Bericht lautet: „Indes haben die Unsern, etwa 180 Mann, so hieher der Bellenschanze in reservo gestanden, auf eingelangten Bericht, dass man aus der Schanze Stücke führe und wenig Volk darin sei, so haben sie die Bellenschanze angefangen zu beschiessen, worauf ein scharfes Feuern lang gegen einander gewesen und inzwischen die unsern andere Völker, so über die Höhe den post genommen, auch in der Tiefe der Bellenschanze zugenahet und dorthin den anwesenden Feldfein in die Flucht gejagt; worauf alsbald die Reuterei sich wiederum im Sporenstreiche zugemachet und solche samt dem in die Flucht gejagten Feldfeind, die unsern bei der Bellenschanz in die Mitte nehmen und umziehen wollen.“

 

    Die Aktion dauerte von 3 Uhr morgens bis 11 Uhr mittags. Die Zürcher zählten an Toten 3 Offiziere und 8 Gemeine und um 50 Verwundete. Letzere wurden noch gleichen Tags in das Spital nach Zürich evakuiert.2)

 

2)Bericht der zürcherischen Kriegsräte an ihre Obern vom 22. Juli. Staatsarchiv Zürich A236.13. – Das Kriegsmonual der Unterschreiberei (23. Juli) weiss von 10 Toten: 3 Offiziere und 7 Gemeine. Staatsarchiv Zürich B. III 217. 

 

    Von den Schwyzern blieben um 20 Mann auf der Walstatt. Sie wurden am 23. Juli auf der Grenze bei der Lölismühle abgeholt und gleichen Tages in Wollerau beerdigt. Die Zahl der Blessierten hier ist nicht bekannt.3)  

 

3)Im Berichte von Pannerherr und Kriegsräte den 23. Juli werden 20 Tote erwähnt. – Die zürcherischen Kriegsräte schreiben den 22. Juli von Wädenswil aus: Feindlicherseits hat man bei der Bellen 29 Tote gefunden; wie viel deren bei Schönenberg, Hütten und am Bergli liegen, davon hat man bis dahin keine Spezifikation. Man vermutet, es seien in allem 50 geblieben. Von ihren Blessierten, deren vermutlich eine starke Anzahl sein soll, weiss man nichts. Staatsarchiv Zürich A 236.13.

 

    Zum Misslingen des Unternehmens hatten verschiedene Faktoren beigetragen. Erstlich geschah die Konzentration der Truppen am 20. und 21. Juli bei Schindellegi-Vogelnest und auf dem Itlemos angesichts des Gegners. Zum andern herrschte nach Mitternacht des 22. Juli solche Unruhe im schwyzerischen Lager, dass die Zürcher darauf aufmerksam wurden und auch schon morgens 2 Uhr die ersten feindlichen Bewegungen vornahmen. Sodann  waren die Menzinger zu spät und mit ungenügenden Kräften eingetroffen, um gleichzeitig von zwei Seiten die Hüttenschanze berennen zu können. 

    Abgesehen von alledem ging den Schwyzer Truppen ein Erfordernis ab, ohne welches keine Aktion zum Gelingen führt – die Disciplin. „Der Zug und die Anführung“, schrieben die schwyzerischen Kriegsräte aus dem Felde den 23. Juli an ihre Obern zu Hause, „war glücklich und wären bei Stürmung der Bellenschanz nit viele, welche man nit behalten mögen, über Kopf und Hals hinweg gelaufen, wäre die Viktori und Schanz in unsern Händen“. Darauf antwortete der Rat zu Schwyz den 25. Juli an seine Kriegsräte und Landleute im Feld in den Höfen: „Wir haben mit höchstem Bedauern und herzbrechenden Schmerzen vernehmen müssen, wie dass jüngst in dem Felde in den Höfen gleich vor dem Angriffe gegen die Zürcher nit allein gegen die Herren Kriegsräte von den gemeinen Soldaten aller Respekt verloren, seien mit schweren Drohungen den Angriff vorzunehmen gezwungen, ja sogar den Herren Offizieren aller Gehorsam entzogen, grosser und unverantwortlicher Uebermut gegen die unschuldigen Weibsbilder wider alles natürliche und der Völker Recht verübt worden waren 1) 

 

1) „Aussage einer Frau, so ab dem Bergli bei Hütten bei dem den 22. Juli feindlichen Einfall entfliehen können, betreffend die daselbst elendiglich  ermordeten Personen: 1. Joseph Hausers Frau, als sie zum Hause hinaus entfliehen wollte, sei erstochen oder erschossen worden. 2. Ihre Tochter erschlagen. 3. Ihr gehabtes Tischmeitli erschlagen und hernach mit Pulfer angezündet. 4. Der Mistibüheler, Rudi Blattmann, habe Stiche in den Kopf bekommen. 5. Seine Tochter sei gleichfalls erstochen worden, habe aber noch bis auf den Abend gelebt. 6. Anneli Linsi, Jörlis Tochter, die Hand abgehauen worden welche sich zu Tode verbluten musste. 7. Barbara Staub, Heinrich Husers, Sennen zu Bubikon Ehewib, so 62 Jahre alt, habe einen Stich in das Herz bekommen, hernach ihr auch die rechte Hand abgehauen worden. 8. Betli Aeschmann, Rudolf Aeschmanns auf dem Kotten Tochter, habe einen Schuss durch den Kopf bekommen.“ Staatsarchiv Zürich A 236, 13. – Laut Bericht des zürcherischen Kriegsrates vom 22. Juli hatten die „Feinde anfangs bei dem Einfall auf dem Bergli einen alten Mann neben 5 Weibspersonen und ein Kind ermördet“ .Ebenda.

 

und sich wider diejenige Erkenntnis, so an der Landesgemeinde mit teuren Eiden auf- und angenommen worden zu grossem Spotte und bösem Exempel der Unterthanen sich in währender Aktion teils auf das Plündern, teils gar in die Flucht aus dem Felde nach Hause begeben und also übrige ehrliche Leute, welche für die hl. Religion und das liebe Vaterland mannlich gestritten und ihren Leib und Leben ausgesetzt, schändlich im Stiche gelassen, wodurch unser liebstes Vaterland wegen solch unvorsichtig erzwungenem Angriffe in die höchste Not und Gefahr gesetzt.“ 

    Nach dem unglücklichen Verlaufe des Gefechtes an der Bellen retirierte die schwyzerische Angriffskolonne mit dem östlich Hütten postierten Beobachtungskorps, vom Feinde unbehelligt, den Höhen von Schindellegi zu. Der Rückzug glich aber eher einer Flucht. Einen Einmarsch der Zürcher befürchtend, flöchneten die zu Hause Gebliebenen bei allem Unwetter ihre Habe über Kopf und Hals in die Berge. Viel Volk hatte sich verlaufen, infolge dessen der Mannschaftsbestand sich so stark reduzierte, dass in der auf das Gefecht folgenden Nacht die Vorposten beim Engel, Ehrlen und Staudenbühl nicht besetzt werden konnten. Bei der durch die Niederlage bewirkten allgemeinen Verwirrung und Kopflosigkeit hatte man das Panner bis nach Rothenthurm getragen, verbrachte es jedoch des folglenden Tages ins Hauptquartier nach Feusisberg zurück.

 

    Alle Bande der Ordnung waren gelöst. So konnte denn der französische Botschafter am 23. Juli an Zürich und Bern schreiben: „Schwitz, Unterwald et Zug ne reconnaissent plus des supérieurs; le peuple de Lucerne et d’Uri suivent cet exemple; nous voyons aujourdhuy un avoyer forcé de marcher à la tête des mutins, et des Deputés qui n’ont rien fait qu’en conformité des ordres réitérés, errants dans les campagnes sans oser rentrer dans leurs maisons. » 

    Einen härtern Schlag als das Gefecht an der Bellen brachte 3 Tage darauf den katholischen Orten die Schlacht bei Villmergen. Mehr als 3000 von den Ihrigen bedeckten mit ihren Leichnamen die Walstatt. Der Kanton Schwyz verlor von 1000 Mitkämpfern 130 Mann. 

Ermutigt durch diese beiden Siege liessen die Zürcher, welche übrigens ihren Erfolg vom 22. in keiner Weise ausgenutzt, am 26. Juli wieder von sich hören. Sie steckten das untere Haus bei der Lölismühle in Brand und beschossen, wie schon zuvor, vom See aus das Bächhaus, Kirche und Pfarrhof zu Freienbach. 

    Immer trostloser sah es im Lande Schwyz aus. Am 26. Juli stellte dieser Stand bei dem in Waldshut weilenden kaiserlichen Botschafter Franz Ehrenreich Graf von Trautmannsdorf das Gesuch, es möchten die im Dienste seines Herrn stehenden Schwyzer Offiziere in die Heimat beurlaubt und die an den Grenzen stehenden Regimenter in das Thurgau, Toggenburg oder Baden einfallen. Die Feldbäckerei in Lachen ermangelte des Korns. Geld war keines mehr vorhanden. Ein Antrag gegen Verpfändung des Landes ein Anleihen von 20,000 Gulden aufzunehmen, wurde, weil den Landsgemeindeerkenntnissen zuwider, abgelehnt. Schliesslich erhielt man noch zur Erhaltung der im Felde stehenden Truppen vom Gotteshause Einsiedeln 1232 Lot gutes Silber Rapperswiler Währung. Zu guter Letzt hatten Landammann, Pannerherr und Kriegsräte in Wilen bei Wollerau am 27. Juli zu ihrer Entlastung von all dem übeln Erfolge Bericht erstattet „wasgestalten all unser Volk nit allein die Posten verlässt, sondern eignen Willens und Gewalts wider all ernstliches Vermahnen und Befehl haufenweis sich nach Hause begeben, also dass wir uns mit all unsern Ehrenzeichen ganz exponiert und unser Land dem Feinde völlig eröffnet stehet. Mithin dann haben wir heute von allen unsern Unterthanen March, Höfe, Einsiedeln und Küssnacht einen solchen Widerwillen und Unmut zu unserer grössten Bestürzung vernehmen müssen, dass zu besorgen, wenn nicht ohne Verzug mit unsern Feinden ein Akkomodement und fauler Friede kann geschlossen werden, sie die Waffen niederlegen oder vielleicht gar die Waffen wider uns lupfen möchten, wie wir hören, dass von dem einen und andern Orte her gleiche Worte gefallen seien“. 

    Auf dies und mit Rücksicht auf eine vom 26. Juli datierte Anfrage von Luzern an die vier katholischen Orte, was nach dem so unglücklich ausgefallenen Gefechte bei Villmergen zu machen sei, trat am Nachmittag des 28. auf dem Rathaus Schwyz die Landsgemeinde zusammen. Es führte der Landammann Ehrler aus: 1. Man habe mit Unlieb vernehmen müssen, wie dass die Landschaft March ohne unsere Bewilligung eine Landsgemeinde gehalten und eine Deputation an den Kriegsrat geschickt und verdeutet, dass sie resolviert uns keinen Mann mehr auf die Wacht zu geben, es sei denn Sache, dass unser Land angegriffen werde, sondern sie in ihrem Lande verbleiben und selbiges defendieren wollen. 2. Die Höfner sollen sich unter der Hand vernehmen lassen, ob es richtig, dass sie nach Wädenswil schicken wollten, um Zürich um Schirm anzusuchen. 3. Die Küssnachter hätten sich nicht weniger „lupfig“ gemacht und auch sogar die von Einsiedeln. Hierauf habe man eine Deputation an alle Angehörigen abgeschickt, um sie zur Pacifikation und Geduld so gut immer möglich zu mahnen. Dem Vernehmen nach hätten sie sich etwas „gestillet“, worüber der Mangel des Geldes und die Not des Vaterlandes vorgestellt worden und hierauf alle Kompagnien einhellig sich schriftlich erklärt hätten, mit den 5 löbl.  katholischen Orten zu leben und zu hegen, mit der Erläuterung, dass wenn zwei von den fünf Ständen Frieden, zwei Krieg wollen, man mit erstern halten werde. – Dieser Erklärung der in den Höfen stehenden Truppen wurde beigepflichtet, dementsprechend eine Instruktion an die nach Aarau gesandten Deputierten Landammann Ehrler und alt-Landammann Schorno verfasst und zu deren Attest ausgefertigt. 

    Die Instruktion an die Gesandten Ehrler und Schorno besagte u.a.: 

    2. Sollen die Herren befelchnet sein, gleich wie unsere Mitlandleute, so in dem Feld in den Höfen stehen, auch einhellig erkennt, mit übrigen löbl. 5 kath. Orten heben und legen und um bestmöglichen Frieden einkommen, mit der Erleuterung, dass wenn 2 kath. löbl. Orte von den fünfen den Frieden annehmen wollen, unsere Herren Ehrengesandten mit selbigen halten und mit und neben ihnen um den Frieden so gut als immer möglich sich bewerben und von denselben keineswegs söndern, sondern bei ihrem Vaterlandseide ihr bestmöglichstes zu thun ihnen überlassen sein. 

    3. Wann die übrigen löbl. kath. Orte auf Aarau zu reisen resolviert, sollen die Herren auch mitreisen. 

    4. Weil von den uninteressirten löbl. Orten ein Stillstand der Waffen zwischen beiden kriegenden Teilen einzurichten gut befunden, sollen die Herren für unser Ort auch hiezu nit allein einwilligen, sondern ernstlich sollicitieren.“ 

Verwirrung, Zerfahrenheit und Kopflosigkeit unter den Schwyzer Truppen hatte inzwischen den Höhepunkt erreicht.

    „Wir erachten wohl“, schreiben Pannerherr und Kriegsräte in Wilen am 28. Juli an alt-Landammann und Rat zu Schwyz, „dass wir mit unserm kontinuierlichen Jammern Euch verdriesslich vorkommen, versichern aber Euch hochg. Miträte, dass unser vorgehendes Schreien und Rufen, Not und Angst desjenigen, so wir heute vor Augen haben, nit zu vergleichen, indem wir weder Geld, massen heute alles aufgeht, noch Brod, aller Orten den Feind im Gesicht und Rücken. Ja, unsere eignen Unterthanen lubstig und schwierig dergestalten, dass niemand mehr keinen Zug und Wacht will verrichten, sondern wenn nur die wenigsten Feinde sich sehen lassen, alles fort fliehet, in welchem Falle wir nicht wissen, wem zu trauen und in der höchsten Gefahr befindend, vielleicht von eignen Leuten massakriert zu werden. Was noch das Aergste ist, laufen unsere Leute und Angehörigen ab den Posten, dringen durch das Wasser (Sihl bei Schindellegi) dergestalten, dass wir die Posten nit mehr besetzen können – rufen und schreien deswegen um Hilfe um Gottes und Mariä Willen, dass man uns helfe in solch grosser Not. Widrigenfalls werden wir gezwungen, mit unserm wenigen Völklein auf die Höhen zu ziehen, den Eingang in unser Vaterland den Feinden zu wehren und in Gottes Namen das Weitere der Zeit und Disposition Gottes  überlassen. Die Gersauer haben noch das Brod mitgenommen und sind ohne Begrüssung mit der Fahne abgezogen nach Hause, wie auch die Einsiedler sind mehrenteils nach Hause.“

 

    Am 28./30. Juli hatte Zug mit den Ständen Zürich und Bern einen Waffenstillstand geschlossen und dabei u.a. die Besetzung der Sinser-, Sihl- und Finsterseebrücke durch gegnerische Truppen eingeräumt. Dieses Abkommnis bedeutete eine direkte Gefahr für Schwyz. Es schrieb daher der Kriegsrat dieses Standes am 29. Juli an seine zu Hause weilenden Miträte: „Wir überlassen Euch zu konsiderieren, ob nit de momento in momentum die äusserste Gefahr und alle Gewalt dem lieben Vaterlande zuwachset, massen wenn Zug zu ihnen und in unser Land laut ihrer Kapitulation dem Feind übergibt, schliesst ihr selbst in was für Gefahr wir uns befinden, ob nit unser und aller Orten und wann wir hier zu wehren vermeinen, von der Sihlbrücke, über Neuheim, Aegeri, Sattel in unseres Vaterlandes Herz der Einfall unverhoffter Dingen geschehen könnte.“

 

    Zürich trug sich nun mit dem Plane, auf beiden Seiten des Sees die Offensive gegen die Schwyzer und ihre Verbündeten zu ergreifen. Am 27. Juli schrieb es daher an seine Kriegsräte zu Rüti: Der formierte Dessein soll beförderlichst ausgeführt werden und weil wir in unserm vorigen Schreiben Euch bedeutet, dass, wie vor unserm Grossen Rat erkennt, dass, sobald es mit Uznach und Gaster vorbei, Rapperswil bombardiert werden solle und aber uns von Euch noch keine Spezifikation dessen, so ihr zu diesem Bombardement von Nöten habet, nicht eingekommen, als wollten Euch auftragen, in Ansicht dieses uns eine solche einzuschicken, damit wir förderlich Euch die Notwendigkeiten zufertigen können, denn einmal die Disposition der Zeit keinen Anstand dieses Bombardements zugeben will. Uebrigens ist uns misfällig zu vernehmen gekommen, dass unsere Leute in dem Zugerischen mit Brennen ziemlich Excess begangen,1)  

 

1)Ammann und Kriegsrat von Stadt und Amt Zug berichten den 28. Juli dem schwyzerischen Kriegsrate in den Höfen, am 26. Juli früh morgen hätten die Zürcher Truppen an unterschiedlichen Orten auf ihrem (Zuger) Territorium Posten gefasst und alsobald bei Rumentkon an Häusern und Scheunen in die 22 Firste sam dem Gotteshause Frauenthal zugehörende Meierhöfe, in der Gemeinde Baar aber das ganze Dörflein Denikon, ein einziges Haus ausgenommen, auch sonst noch andere 3 Häuser, mehr bei der Sihlbrücke 2 Häuser in Asche gelegt. Der in Sachen abgesandten  Deputatschaft hätte Zürich geantwortet, „dass zwar diese scharfe Prozudur und Abbrennung der Häuser ohne Wissen und Befehl der Offiziere, wohl aber aus Rache und Raserei von ihren gemeinen Soldaten darum geschehen sei, weil Euere zu Pfäffikon stehenden Völker vorher eine Invasion in das Zürichgebiet gethan und dazumal gegen alte Leute, auch unschuldige Weiber und Kinder dergestalten unchristlich (wie sie sagen) verfahren seien, dass sie diesen Einbruch und auch Mehreres zu thun genötigt worden.“

 

    Weswegen wir nötig erachtet, alles Sengen und Brennen, welches doch dem Feind nit an den Leib kommt, bei allen Korps bei Leib- und Lebensstrafe zu verbieten. 

    Am Tage drauf erging an das Korps in Wädenswil Befehl, auf alle Weise gegen den Feind zu agieren, ohne irgendwelchen betrüglichen Vorschlägen der Gegner Gehör zu schenken. Bei Einrückung in das Feindesland sollen den Soldaten alle Hostilitäten erlaubt und nur das Brennen bei Leib- und Lebensstrafe verboten sein. 

    Bei den Schwyzer Truppen war vollständige Deroute eingetreten. „Es will niemand mehr“, schreibt der Kriegsrat am 30. Juli nach Hause, „auf den äussern Posten verbleiben; ja, der Schreck ist so gross, dass, wenn nur 100 Mann kommen sollten, glaublich alles die Flucht von unserm Volke nehmen thät“. Später heisst es: „Alle Posten sind leer. Auf der Itlismos-Schanze haben wir 4 Stücke, aber keine Soldaten mehr. Ziehen wir solche (4 Stücke) zurück, so ist eine Generalfurcht; lassen wir solche dorten, sorgen wir solche zu verlieren.“ 

    Schwer ins Gewicht fiel noch ein anderer, bereits erwähnter Faktor. Die Bewohner der äussern schwyzerischen Landschaften hatten die Krankheit, an welcher der Staatskörper laborierte, richtig als marasmus senilis diagnostiziert und suchten aus diesem kraftlosen Zustande sich Nutzen zu schaffen. Wenn demnach von den gnädigen Herren und Obern aus dem Lager in den Höfen am 29. nach Schwyz gemeldet wurde, dass sie ganz exponiert, von einem Ausschusse der Höfnerischen Unterthanen gefährliche Propositionen vernehmen müssen, dergestalten, dass sie nicht allein von Aussen, sondern auch besorglich von Innen in höchster Gefahr sitzen – so beruhte dies auf voller Wahrheit. Noch mehr; um die nämliche Zeit waren die Landleute der March mit Zürich, dessen Schirm sie anbegehrten, in konferenzielle Unterhandlungen getreten.

 

    Mit Rücksicht auf all diese Vorgänge konnte sich der schwyzerische Kriegsrat der Erkenntnis nicht verschliessen, dass eine Fortsetzung des Kampfes keine Aussichten auf Erfolg haben werde. Man fand es daher geraten, bei Zürich um Gewährung eines Waffenstillstandes nachzusuchen. Zu diesem Zwecke verreisten auf erhaltene Zusicherung freien Geleites am Morgen des 30. Juli Statthalter Joseph Anton Reding und Landvogt Franz Dominik Betschart nach Wädenswil. Sie hatten zugleich die Mission, wegen den an Weibern und Kindern bei Hütten begangenen Freveltaten sich zu entschuldigen und zu bezeugen, „dass solches uns nit lieb und man werde solche zu gebührender Korrektion ziehen“. Gleichen Tages hatte jedoch Zürich seine Kriegsräte in Wädenswil angewiesen, auf das von einer schwyzerischen Abordnung daselbst gestellte Waffenstillstandsbegehren, welches sicherlich nichts anderes, als auf betrügliche Aufzüge abziele, nicht einzutreten, wenn anders Schwyz nicht eine Vollmacht von der Landsgemeinde habe und ohne weiter als Garantie das Schloss Pfäffikon, Hurden, das Hurdnerfeld samt Schindellegi, ohne dass etwas über deren Restitution gemeldet werde, abtrete, ansehnliche Pfandmänner ausliefere und den zu Aarau geschlossenen Frieden und was noch ferner geschlossen werde, genehm halte. 

    Da für diese Begehren keine Instruktion vorlag, trat am folgenden Tage nachmittags auf dem Rathause Schwyz die Landsgemeinde zusammen. Nach lebhaftem Gedankenaustausche wurde beschlossen: Im Falle die von Zürich zur Einrichtung des Armistitiums die Stadt Rapperswil oder auch Schindellegi zur Sicherheit bis zum Friedensschlusse zu besetzen begehren, soll dem entsprochen und ein bezügliches Erkenntnis den Kriegsräten zu Wilen unter dem Landessigel und im Namen der Landsgemeinde überlassen und ausgefertigt werden. Es solle aber jeder bei seinem Vaterlandseide unter Strafe des Meineides über diese Schlussnahme Stillschweigen beobachten. Eine bezügliche Vollmacht, die sich aber nicht nur auf die Stadt Rapperswil und Schindellegi, sondern auch auf das Schloss Pfäffikon und das Hurdnerfeld und auf Stellung von Geiseln ausdehnte, wurde dem Kriegsrate in den Höfen zugestellt. Ueber die getanen Schritte setzte Schwyz Uri und beide Unterwalden in Kenntnis mit dem Bedeuten, „dass wir unseren Gesandten die Vollmacht gegeben, gänzlich zu condescendieren, es sei denn Sache, dass Zürich noch zu mildern Gedanken zu bringen“. 

    Man tat gut daran, für diese Vollmacht zu sorgen. Ein Vorland nach dem andern ging an den Feind verloren. Am 30. Juli ergab sich die Grafschaft Uznach ohne Schwertstreich. Ihr folgten Tags drauf die Vogteien Wesen, Gaster und Gams.

 

Am 1. August  1712 wurde im Schlosse Wädenswil zwischen Schwyz und Zürich Waffenstillstand geschlossen.  Der Vertrag lautet:

1.   Erklären sich die Herren Ehrendeputierten von Schwyz namens ihrer gnädigen Herren und Obern, dass, was vorhin von sämtlichen löbl. Orten in der Friedenshandlung mit den löbl. kath. Orten durch ihre Herren Ehrengesandten zu Aarau projektiert und von Einigen ratifiziert worden, durch ihre dermalen zu besagtem Zwecke in Aarau habenden Herren Ehrengesandten genehm zu halten und zu ratifizieren, und was auch ferner mit obbedeuteten löbl. 5 kath. Orten daselbst möchte gehandelt werden, von denselben nicht zu söndern.

2.   Erklären sie sich alle an den Grenzen und zu Rapperswil, auch bei der Armee unter den Waffen stehende Truppen von nun an abzuführen und an keinem Orte wider beide löbl. Stände feindlich gebrauchen zu lassen.

3.   Niemanden, durch ihr Land und Bottmässigkeit feindlich wider löbl. Stände zu agieren, Pass zu geben.

4.   Bis diesem heutigen Nachmittag um 4 Uhr die Pässe und Posten an der Schindellegi, in Hurden und auf dem Hurdnerfeld, samt dem Schlosse Pfäffikon, jedoch dieses letztere mit Vorbehalt ihro fürstlichen Gnaden zu Einsiedeln habende Rechte, abzutreten, und unsern Truppen zu besetzen übergeben. Was die Einquartierung der Truppen und Darreichung von Viktualien und langes Futter betrifft, so hat man sich verglichen, dass selbige so viel möglich ohne Beschwerung des Landmanns und um leidliche billige Bezahlung eingerichtet und abgefolgt werde.

5.   Die 3 ehrliche Pfandmänner, so dem löbl. Stand Schwyz zu ernamsen und abzuordnen überlassen, sollen mit der Ratifikation des Instrumentes ausgeliefert werden.

6.   Die Herren Deputierten von Schwyz erklären sich, ihre Garnison aus Rapperswil auszuziehen, auch niemanden weder Zusatz noch andere Zufuhr durch ihr Land dahin zu bringen in keinerlei Weise zu gestatten, sondern solches von unsern Truppen besetzen zu lassen. Darüber sie aber, um sich mit übrigen von andern löbl. Orten darin liegenden Kommandanten, Truppen und Burgerschaft freundeidgenössisch zugleich bereden zu können, bis auf morgen zu Mittag um 12 Uhr einen Anstand und Termin verlangt, welcher ihnen dahin bewilliget worden, dass zwar bis zur bemelten Zeit die Feindthätlichkeiten sollen eingestellt, nach selbiger aber, falls die von den übrigen löbl. Orten darin in Besatzung liegende Kommandanten und die Burgerschaft sich nit zu gleichem verstehen wollten, sie ihre darin habenden Truppen unverweilt ausziehen und weder der Stadt noch Garnison auf einigerlei Weise Assistenz leisten oder Vorschub zu thun, unserseits aber die Feindthätlichkeit mit aller Gewalt möge fortgesetzt werden und also ein löbl. Stand Schwyz sich hierin ihrer nicht beladen und sollen von diesem Traktat gänzlich ausgeschlossen sein.

7.   Sollen die Violationen und Beschädigungen so einer- und anderseits von 3 Monaten her bis zu erfolgter Ruptur geschehen, durch beiderseits abgeordnete Kommissarien in Freundlichkeit untersucht werden und dem leidenden Teile Satisfaktion geschehen; auch zugleich wegen den seither sich beiderseits begebenen Beschwerlichkeiten durch gemeldete Kommissarien ein freundlicher Vergleich vermittelt werden.

Herentgegen versichern wir, die Kriegsräte von Zürich zu Wädenswil versammelt, dass auch unsererseits gleich bei Einräumung dieser Pässe alle Hostilitäten und Feindthätlichkeiten, sowohl gegen löbl. Ort Schwyz, als allen Angehörigen desselben, von unsern Grenzen sollen eingestellt werden, weder an Leib noch Gut Gewalt zugefügt werden.

Es sollen auch männiglich sowohl Geistliche als Weltliche bei ihren sowohl leiblichen als zeitlichen Freiheiten und Rechten, auch freier ungehinderter Religionsübung kräftig geschirmt und dabei in keiner Weise noch Weg perturbiert, zumalen einem Jeden freier Handel und Wandel, ungehinderter Pass und Repass mit Leib und Gut gestattet werden.

Sollte sich auch die Stadt Rapperswil bis auf angesetzte Zeit erklären, unsere Besetzung einzunehmen, so erklären wir uns dagegen, sie bei ihrer freien und ungehinderten Religionsübung, sowohl als übrigen geistlichen und leiblichen Freiheiten, Recht und Gerechtigkeiten, kräftig zu schützen und darin selbige nicht perturbieren zu lassen.

Ueber dieses alles, wie artikulatim obbedeutet, versprechen die Herren Ehrendeputierten von löbl. Kt. Schwyz bis diesen Nachmittag um 4 Uhr die Ratifikation und völlige Einräumung der Pässe Schindellegi, Hurden und Hurdnerfeld samt dem Schlosse Pfäffikon, alles in gegenwärtigem Stande, ausser Artillerie, Munition, Wehr und Waffen zu übergeben, die völlige Ratifikation bis morgen Mittag um 12 Uhr gleichmässig einzuliefern. Wir aber versichern, dass weder von bemelten Orten aus, noch sonst niemand der übrigen von den Unsern offendiert, lädiert, noch einiger Weise beschädigt werde, zumal dieser ganze Traktat auf dem zu Aarau traktierenden Friedensschluss beruhen solle.“

 

    Diesen Vertrag überschickten aus dem Schlosse Wädenswil noch gleichen Tages die schwyzerischen Abgeordneten Reding und Betschart an ihre Obern zu Hause. Im Begleitbriefe heisst es: „Es werden Euer Gnaden und Weisheit von den Kriegsräten schriftlich und von Herrn Landesseckelmeister Bellmond mündlich der elenden Situation unserer Sachen halben benachrichtigt worden sein, zugleich auch was wegen Einrichtung eines Stillstandes der Waffen Schriftliches an die Kriegsräte von Zürich und von denselben an unsere Kriegsräte gelanget, umständlich vernommen haben, deswegen unsern Kriegsräten belieben wollen, die äusserst beschwerliche Kommission um Einrichtung eines Armistitiums uns aufzubürden, deswegen wir in gar angsthafte Sorgen gesetzt und nach mehrheitlicher Mühe beiliegenden Traktat, damit nit alles zu Grunde und verloren gehe, aus Befehl und auf Ratifikation eines Kriegsrates aufgerichtet und alle erdenkliche Vorsorge angewendet, damit wir nit in einem Male unsere Unterthanen verlieren müssen, welches im Kriegsrat nit allein ratifiziert, sondern auch in Kraft Euerer heutigen Landsgemeinde durchaus gutgeheissen. Wir können dieselben mit Wahrheit versichern, dass wir dadurch unsere Unterthanen errettet, die sich sämtlich an Zürich wirklich ergeben wollen ohne einigen Widerstund und zugleich unser liebes Vaterland vor Mord und Brand erhalten. Erwarten also Kraft des beiliegenden Instruments die Ratifikation und Besiegelung dessen unter dem Namen der gesamten Landsgemeinde. Zugleich wird E.g.v.W. auch obgelegen sein, drei ehrliche Pfandmänner nach ihrem Belieben bis zum Beschluss des Friedens zu Aarau allher zu senden, damit diesem Instrumente statt geschehe.“ 

    Rapperswil wartete die Ratifikation des Waffenstillstandsvertrages und das ihm zugedachte Bombardement nicht ab. Kaum hatte der Gegner in der Frühe des 30. Juli seine Vorwachten gegen diesen befestigten Ort vorgeschoben, verliess der Platzkommandant Joseph Anton Reding, ohne dass ein Schuss ab den Schanzen gefallen, am 1. August sang- und klanglos Stadt und Schloss. Hinsichtlich dieses Vorganges schreibt ein Augenzeuge: so gross der Mut unserer Bürgerschaft, so feige war das Herz unserer Schirmorte. Rapperswil ergab sich noch gleichen Tages an die Stände Zürich und Bern. 

    Hinsichtlich dieser Uebergabe verantwortete sich gemäss dem Berichte von Landschreiber Frischherz der Kommandant von Rapperswil, Reding, vor Gesessenem Rate zu Schwyz, den 5. August wie folgt: Er habe öfter um Volk und Proviant gebeten, allein vergeblich. Sonntag Nachmittag seien 150 Urner weggelaufen, weil Uznach und Gaster verloren und Zürich und Bern absonderlich wider Uri und Luzern verbittert seien. Auch sei das Geschrei in die Stadt gekommen, dass March und Höfe traktiert. Selbigen Abend sei vom Feind ein Trompeter gekommen mit einem Schreiben an Schultheiss und Rat der Stadt Rapperswil mit der Versicherung, sie bei ihrer Religion, Freiheit und Gerechtigkeit zu schirmen, ja die Drangsale abzutun. Hierauf habe sich die Garnison zusammengezogen, ungefähr zu 250 Mann, „aber nit im stand sich zu defendieren“. Auch ein falsches Gerücht sei ausspargiert worden, dass ein Tambour angezeigt, den Urnern kein Quartier zu geben, worauf diese abgezogen über Kopf und Hals. Von Unterwalden sei keiner mehr dort gewesen, und da die Burgerschaft sich aufgelehnt, sei er gezwungen worden abzuziehen. Auf dem Hurdnerfeld eingetroffen, habe er dem Kommandanten von Uri bemerkt, dass es nicht richtig, wenn man geredet, dass Hurden und March an den Feind übergegangen und kapituliert worden, mithin einem löbl. Orte Schwyz Unrecht geschehen sei. 3)

 

3)Landschreiber Inderbitzin relatiert zum nämlichen Tage: Herr Landvogt Reding, Kommandant, wegen Rapperswil, dass die Garnison Uri sei am Sonntag Nachmittag etwa 150 Mann abmarschiert und dem nach eingelangten Schreiben von der Generalität von Zürich und nach Vorgeben, dass ein Tambour angekommen, mit sich bringend, dass wenn man einen Venner antreffe, werde man ihn aufhängen – worüber die Venner völlig weggegangen und dann sei unsere Garnison auch abmarschiert und die Kapitulation von den Burgern gemacht worden.

 

    Nach all diesen Vorgängen musste sich auch die Kriegspartei in Schwyz der Notwendigkeit des Friedensschlusses bewusst werden. Am 2. August wurde vom Rat der Waffenstillstandsvertrag ratifiziert, besiegelt und den Kriegsräten in den Höfen zugestellt. Luzern, Unterwalden und Uri setzte man davon in Kenntnis mit dem Versprechen, Kopien des Traktates baldmöglich zuzustellen. An letztern Stand ging überdies das Gesuch, den auf Schwyz entfallenden Teil der im Anzuge befindlichen ennetbirgischen Truppen zurückzubeordern. Als Pfandmänner werden bezeichnet Kirchenvogt Ulrich, Siebner Mettler und Ratsherr Werner Schuler. Ueber die getroffene Wahl beschwerten sich letztere zwei tags drauf von Einsiedeln aus; es wurde ihnen jedoch bedeutet, dem Befehle fürdersam Vollzug zu geben. 

    Durch diesen Waffenstillstand war der Weg zur gütlichen Beilegung des Streites geebnet. In Vollziehung des Landsgemeindebeschlusses vom 28. Juli sprach tags drauf Schwyz gegenüber der Tagsatzung in Aarau schriftlich die Geneigtheit zur Wiederherstellung des Friedens aus.   Das Schreiben gelangte am 2. August zur Belesung. Zugleich gaben die Gesandten der V Orte die schriftliche Erklärung ab, von ihren höchsten Gewalten versehen zu sein, den Frieden zu unterhandeln und dass sie ihrerseits ihren Offizieren insgemein befohlen haben, sich in der Defensive zu halten, weshalb sie von den zwei Ständen ein Gleiches erwarten. Statthalter Ulrich von Zürich fand die Vollmachten der V Orte ungenügend; diese sollten seines Erachtens so weit reichen, dass was immer die Gesandten unterhandeln und abmachen, an sich schon obrigkeitlich ratifiziert sein solle, so dass es weiter nichts mehr, als der Besiegelung bedürfe. 

    Nach verschiedentlicher Auseinandersetzung wurden die Gesandten von Schwyz und Zug am 4. August in Aarau auf das Rathaus berufen, wo sie schriftlich bezeugen mussten, ihre Vollmacht gehe so weit, dass, was mit den zwei Ständen  geschlossen werde, von den hohen Gewalten ohne weiteres genehmigt sei. Am gleichen Tage gaben die Delegierten der V Orte die Erklärung zu Papier: Die dermalen in Aarau befindlichen Gesandten von Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug erklären kraft der ihnen von den höchsten Gewalten erteilten Vollmachten, dass Luzern und Uri bei dem am 18. Juli mit Zürich und Bern geschlossenen Frieden durchaus verbleiben, und dass die drei andern Stände Schwyz, Unterwalden und Zug den gleichen Frieden in seinem ganzen Inhalt auch annehmen und sich für dessen Erfüllung verbindlich erklären. 

    Aus dem bisherigen Gange der Unterhandlungen war unschwer zu entnehmen, dass Zürich auf Gebietserweiterung vorab zu Ungunsten von Schwyz tendierte. So schrieben am 6. Aug. die Gesandten jenes Standes in Aarau nach Hause: Die Gesandten von Bern haben als ihre Instruktion entdeckt die unbedingte Vollmacht, den Frieden vom 18. Juli ohne weiteres anzunehmen; ihre Herren und Obern seien des Krieges müde, nicht so fast in Ansehung der Kosten, als des Volkes, welches die Kriegsangelegenheiten nun lange erduldet habe. Nachdem  Bern das Feld behauptet, viel köstliches Blut vergossen worden, woraus anderwärtige Eroberungen erfolgt seien, gedenke es nicht wie Zürich, so schwere Bedingungen anzuhängen, sondern vielmehr den Frieden zu erleichtern. Bern könne keine zürcherische conditio sine qua non zulassen, es wäre denn, dass dieser Stand die infolge Fortsetzung des Krieges erwachsenden Kosten ganz auf sich nähme. Bern wolle den Frieden mit Grossmut schliessen und versichere sich, er werde deshalb nur um so dauerhafter werden, wenn nicht zu viel einbedungen werde. So viel Zürich an Wohlgelegenheit der Stadt Rapperswil und der jenseitigen Höfe aufgehe, so viel gehe den katholischen Orten ab, und es werden sich diese dazu ohne Weiterung nicht verstehen. Wenn Zürich aber darauf beharre, stellen die katholischen Orte ebenfalls Gegenforderungen. Die Freiämter, welche Bern zweimal mit Kriegsmacht erobert, die Mitregierung in den gemeinen Herrschaften, Münster und St. Urban wären Bern nicht minder vorteilhaft; aber Bern wolle um des Friedens willen nicht davon reden; soe ,üssen aber auch das eine und andere neben Zürich mitbegehren. Bei diesen seltsamen Aussichten, da Bern, wie leicht vermerkbar, auf alle Weise aus dem Kriege hinaus wolle, seien die Gesandten von Zürich angestanden, ihre Instruktion betreffend Handhabung und Schirmung der Einwohner von Uznach und Gaster bekannt zu geben; was aber das Protectorium über diese Leute betreffe, haben sich die Gesandten pflichtig erachtet, davon etwas Maldung zu thun. Darauf sei der Bescheid erfolgt, Bern sei mit dergleichen gemeinsamen Schutzerteilung nicht gedient, es habe an dem den Toggenburgern zugesagten Schirm so viel erfahren, dass sie einen neuen über sich zu nehmen nun nicht gedenken. Die zürcherischen Gesandten trachteten hierauf mit aller Freundlichkeit Bern zu vermögen, dass dieser Stand wenigstens die Abtretung von Rapperswil und Zubehör und der Höfe in das Ultimatum aufnehmen lassen wollte, weil dies in der Instruktion absolut aufgetragen sei. Die Gesandten haben es endlich geschehen lassen, dass die Zürcher ihre Angelegenheit vortragen, dabei aber auch die Distriktsvermehrung in den Freiämtern und die Mitregierung in sämtlichen gemeinen Herrschaften für Bern aufnehmen sollen. Doch werde dieses Ultimatum heute abend den katholischen Orten nur mündlich eröffnet; Bern wolle keinen dieser Punkte als Bedingung, ohne welche der Friede nicht geschlossen werde, sondern nur als Anwurf gelten lassen, um zu sehen, was herauskomme. Die zürcherischen Gesandten sind der Meinung, die V Orte lassen eher die Mitregierung in den Herrschaften, als eine weitere Gebietsabtretung zu. 

    Am nämlichen Tage eröffneten Zürich und Bern auf dem Rathause zu Aarau ihre Begehren zu Handen der V Orte dahin, dass sie vorerst ihre Vollmachten vorlegen und aushändigen. Sodann schlagen die zwei Stände folgende Friedenspunkte vor:

1.Es soll bei dem Friedensvertrag vom 18. Juli abhin sein Verbleiben haben, mit Ausnahme, dass der von den Freiämtern abzutretende Gebietsteil grösser werde, nämlich das Gebiet von Lunkhofen nach Fahrwangen in sich begreife. 2. Die Stadt Rapperswil ist samt den dazu gehörigen Höfen an beide Stände abzutreten. 3. Schwyz überlässt denselben die Höfe bis nach Schindellegi mit Einschluss von Pfäffikon. 4. Zürich und Bern gibt Uznach und Gaster wieder zurück, behalten sich  jedoch das Protectorium darüber vor. 5. Bern soll als mitregierendes Ort in allen gemeinen Herrschaften anerkennt werden. 6. An Zürich ist der Friedensvertrag von 1531 herauszugeben. Die Gesandten der V Orte nehmen diese Vorschläge bis morgen zu näherer Ueberlegung. Dabei wird ihnen angedeutet, dass die zwei Städte der bereits früher angeregten Teilung der gemeinen Herrschaften nicht entgegen getreten wären. Da die Verhandlungen am 7. August ohne Resultat verliefen, wurde abermals Frist um einen Tag gewährt.

    Wie erwähnt, wollte Bern die Eroberungspolitik Zürichs auf Kosten von Schwyz nicht gutheissen. Es rieten daher die Gesandten des erstgenannten Ortes am 7. August Zürich, von dem Begehren um Abtretung der schwyzerischen Höfe bis Schindellegi abzustehen. Die Abtretung komme den V Orten schwer an und tue den Stand Schwyz gar eng ein. Dieser Näherrückung halber der  zürcherischen Grenze gegen das Kloster Einsiedeln habe die schwyzerischen Gesandten verlauten lassen, dass, würden sie darauf eingehen, sie des Volkes wegen nicht mehr nach Hause kehren dürften. Dagegen erklärte Zürich am folgenden Tage dem bernischen Repräsentanten, das Aufgeben der Höfe falle allzuschwer, weil: 1. Zürich immer und immer bei jedem Anlass zuerst von diesen Höfen aus bedroht sei; 2. diese Landschaft schon ehedem zu Zürich gehörte und diesem Orte im Zürcherkriege abgenommen worden;  3. Einsiedeln sicher sei, da der Pass an der Schindellegi in den Händen von Schwyz bleibe; 4. weil die Zinse, Zehnten, Bodenzinse, auch die schönsten und erträglichsten Güter daselbst bereits an Zürich gehören, das übrige schlechtes rauhes Land und Waldung sei; 5. weil dem Vernehmen nach Schwyz mehr an Uznach und Gaster, als an den Höfen gelegen sei. 

    Von dem sich vorgesetzten Ziele war jedoch Zürich nicht so leicht abwendig zu machen. Seinen in Aarau residierenden Gesandten erteilte es am 8. August folgende Instruktion: Die Bedeutung der Höfe und von Rapperswil habe es gerade während des gegenwärtigen Krieges wohl erfahren, da es mit grosser Macht und Kosten eben dieser Posten willen die dortigen offenen Zugänge in das Land verwahren musste. Es fordere jetzt die Konvenienz, dass diese Posten in der Hand von Zürich und Bern verbleiben. Wenn die bernischen Gesandten bearbeitet werden können, hierin mit Zürich einig zu gehen, sei ein Nachgeben der katholischen Orte, namentlich in Bezug auf Rapperswil, dessen Schutzherrlichkeit nur vier Orten zusteht unzweifelhaft. Auch durch die Abtretung der Höfe werde Schwyz keineswegs eingeengt; der Besitz der Höfe sichere den Pass nach Einsiedeln noch keineswegs. Die Richterswiler haben daselbst viele Besitzungen an Gütern und Waldungen; ihr Schaden während des Krieges belaufe sich auf 7000 -8000 Gulden, wofür billig ein Ersatz gebühre. Auch der kostbare Steinbruch der Stadt Zürich in Bäch sei so verderbt worden, dass die Wiederherstellung mit 2000 Gulden kaum möglich sei. Dann laute die Kapitulation von Schwyz deutlich, dass dieser Ort auch all das, was zu den bisherigen Friedenspunkten noch neu hinzukommt, anerkennen müsse. 

    Durch seine Halsstarrigkeit hatte es Zürich so weit gebracht, dass die Berner Gesandtschaft mit einem Separatfrieden drohte und alle Schuld wegen Ursache, Anfang und Fortgang des Krieges auf Zürich legte. In Bern habe man 1707 die Deklaration erbettelt, diesen Krieg angefangen, ehe Bern den völligen Konsens gegeben. Zürich habe seine Truppen nicht agieren lassen, bis die Berner gesiegt; hätte Zürich früher in Feindesland einrücken dürfen, wäre nicht so viel Blut vergossen worden. Jetzt, da es um den Frieden zu thun, müsse dies und das als conditio sine qua non sein, da doch Zürich durch den Frieden vom 18. Juli so herrliche Vorteile erhalten. Einsiedeln sei der katholischen Orte heiligstes Ort, und Zürich setze Schindellegi, eine Stunde davon, als conditio sine qua non. Hierüber berichtete in der Frühe des 9. August Bürgermeister Escher in Aarau an seinen Kollegen Holzhalb in Zürich und fügte noch bei, Bern dringe allzeit darauf, die Höfe Schwyz zu belassen, da aber die Gesandten gebundene Hände hätten, habe der Widerpart die List gebraucht, Bern zu befriedigen und sei jetzt noch spröde mit Rapperswil, das unter den Schutz aller XIII Orte gestellt und neutralisiert werden solle. Die Hoffnung jedoch, Rapperswil zu erhalten, sei noch nicht verloren; zu mehrerem aber sei gar kein Anschein. Das sei nun die Sachlage. Wenn Zürich allein kriegen wolle, wolle der Bürgermeister die Muskete gern auf die Achsel nehmen und gehen, wohin man ihn stelle; aber mit guten Gründen könne er aus unzähligen Gründen nicht zur Fortsetzung des Krieges raten. 

    Am nämlichen Tage versuchten die unbeteiligten Orte nochmals eine Einigung. Die beiden Städte erklärten jedoch, dass sie durch neue Instruktionen angewiesen seien, auf ihren Forderungen zu beharren; Zürich wollte von Rapperswil nicht lassen und von den Höfen, Uznach und Gaster wenigstens einen Teil behaupten, sofern ihm nicht etwa in den gemeinen Herrschaften zwei Stimmen eingeräumt würden. Schliesslich liessen sich die V Orte zu Folgendem herbei: Annahme des Friedens vom 18. Juli und Abtretung des Anteils Freiämter von Lunkhofen bis Fahrwangen; Zulassung Berns als mitregierendes Ort zu allen gemeinen Vogteien, Abtretung von Rapperswil nebst Hurden und Herausgabe des Landfriedens von 1531, alles unter der Bedingung, dass die V Orte Mittel und Wege anweisen, den Streit wegen Toggenburg mit dem Abte in Güte beizulegen. Schwyz machte hiebei den Vorbehalt der Ratifikation seiner Obern, die jedoch unzweifelhaft sei, so dass mit der Ausfertigung des Friedenstraktates fortgefahren werden könne. 

    Vor der Landsgemeinde auf dem Rathaus zu Schwyz erstattete alt-Landammann Schorno den 11. August Bericht über die in Aarau stattgefundenen Unterhandlungen und die Begehren der Stände Bern und Zürich. Nach gewalteter Diskussion wurde einhellig erkennt, „dass unsere Herren Ehrengesandten in Aarau vollkommene Gewalt, Vollmacht und Befehl haben sollen mit den übrigen löbl. kath Orten den Frieden wie selbiger projektiert, abgeredet und punktatim vorgetragen worden, unlimitiert anzunehmen und zu unterzeichnen. Mighin aber sollen die Herren Ehrengesandten ernstlich dahin trachten, dass im Dörflein Hurden eine völlige Abmarchung bei den letzten und äussersten Häusern oder Gatter gemacht und die Oberherrlichkeit zweischen Zürich und Schwyz ordentlich abgemarchet und Marchzeichen gesetzt werden, damit alle darnach zu besorgende Streitigkeiten vermieden bleiben“. 

    Gleichen Tages beschwerte sich Schwyz an der Konferenz der V katholischen Orte mit Bern und Zürich, über die Beanspruchung des Hurdnerfeldes und berief sich auf das Zeugnis der unbeteiligten Orte, dass davon früher auch nicht mit einem Worte gesprochen worden. Zürich reduzierte seine Forderung dahin, dass wenigstens von der Mitte des Dorfes Hurden an noch ein Gebiet von 3000 Fuss landeinwärts abgetreten werde. 

    Auf Grundlage dieser Präliminarien kam am 11. August der vierte Landfriede in Aarau zu stande. Darnach verblieben den beiden protestantischen Vororten die Grafschaft Baden mit Einschluss von Bremgarten und den unterhalb der Linie Lunkhofen-Fahrwangen liegenden Teil des Freiamtes mit Vorbehalt der dem Stande Glarus zustehenden Rechte. Mit Vorbehalt der diesem Stande zustehenden Rechte solle zum Andern Zürich und Bern überlassen bleiben „die Stadt Rapperswyl sammt der Brugg, Hof und Zoll und übriger Zugehörd nach Inhalt der den ersten Augusti dies Jahrs von beiden löblichen Ständen Zürich und Bern mit Schultheiss und Rath zu Rapperswyl geschlossenen Capitulation, wie auch das gegenüberstehende Dorf Hurden und von Mitten desselben annoch ein District in allweg dreitausend bekannten und üblichen Schuhen weiters hinaus mit der Erläuterung, dass ermeltes Hurden und Einwohner bei ihrer freien und ohngehinderten katholischen Religionsübung, geist- und weltlichen Freiheiten, Recht und Gerechtikeiten, Hab und Gut ohngehindert übrig verbleiben, geschützt und geschirmt werden, denen dann auch ihr Recht und Nutzniessung, so sie auf dem schwyzerischen Territorio dermalen haben, fürbass zuständig verbleiben solle; dabei auch verglichen worden, dass zu ermeltem Hurden keine Fortificationes oder Schanzen gegen einander gemacht werden sollen, und die neu aufgeworfenen geschleift werden, um die vertrauliche Nachbarschaft desto tiefer einzurichten und zu behalten“.  Ferner  wurde Bern in die Mitregierung im Thurgau, Rheinthal, Sargans und übrigem Bezirk der Freien Aemter aufgenommen. In dem Frieden sollten mitbegriffen sein nicht nur alle Eid- und Bundesgenossen, Schirm- und Zugewandte insgemein, sondern auch insbesonders alle die, so dem einen oder andern Teil mit Rat und Tat Hilfe geleistet. Weiter erklärte man gegenseitig volle Amnestie und Auslieferung der Kriegsgefangenen gegen Erlegung der Atzungskosten. Sollte endlich der Abt von St. Gallen nicht Frieden machen, so geben sämtliche eidgenössische zugewandte Orte die Zusage, dass sie sich dieser Angelegenheit nicht anders als in Güte beladen werden. Am 12. August ratifizierten Statthalter, Rat und gemeine Landleute zu Schwyz den Friedenstraktat. 

    Erst ein Tag war der Friede geschlossen, als schon über die Tragweite des demselben zu Grunde liegenden Instrumentes Meinungsverschiedenheiten walteten. Auf Gesuch von Landammann Ehrler bezeugten nämlich die unbeteiligten Orte, dass sie die Abtretung Hurden halber nichts anderes gehört und verstanden haben, als dass die zwei Stände lediglich die wenigen Häuser des Dorfes Hurden an der Spitze der Brücke nach Rapperswil gefordert haben, ohne dass jemals von Abtretung des Hurdnerfeldes ein Wort gesprochen worden sei. Dieses Zeugnis wurde Landammann Ehrler als Protokollauszug zugefertigt. 

    Trotzdem nahm die Angelegenheit ihren Fortgang. Für die auf den 17. August angesetzte Marchung und Uebergabe des Dörfleins Hurden bezeichnete der Rat zu Schwyz tags zuvor als Delegierte die alt-Landammänner Schorno und Wüörner mit der Weisung, dem Stande Zürich gegenüber den Vorbehalt zu machen, dass ihm nicht gestattet sein möge, sein exercitium religionis einzuführen. 

    Ueber dieses Geschäft relatierte alt-Landammann Schorno den 18. August vor dem Rate zu Schwyz, die March zu Hurden sei vorgenommen worden und zwar in der Gestalt, dass man von der Mitte des Dörfleins habe angefangen zu messen gegen das Hurdnerfeld bis ungefähr 200 Schritte vor die erste Schanze, wo die Harzpfannen (Feuersignale) stunden, was 3000 Schuhe in die Länge ergeben. Bei diesem Anlasse wurde an Zürich das Ansinnen gestellt, die 400 in Pfäffikon liegende Mann zurückzuziehen. 2)

 

2) Am 3. August beschossen Bürgermeister und Räte zu Zürich; Dieweil die Billigkeit erfordert, dass das Kloster Einsiedeln die in das Schloss Pfäffikon gelegte Garnison unterhalte und besolde, als ward den Gemeinen halber erkennt, dass jedem des Tags, des Morgens, des Mittags und zu Nacht jedes Mal eine Suppe, recht eingeschnitten, ein Kommisbrot, ½ Mass Wein und wochentlich 20 B an Geld gegeben werden solle. Kriegsmanual der Unterschreiberei, Staatsarchiv Zürich B III 217

 

    Worauf Statthalter Meyer erwiderte, dass er nicht instruiert sei, das Volk abmarschieren zu lassen, so lange nicht laut Waffenstillstands-Vertrag durch die verordneten Kommissäre um die von Anfang des Krieges bis zur Ruptur erlaufenen Räubereien decidiert und der leidende Teil indemnisiert sein werde. Zu dem Ende wolle er nach Zürich schreiben und setze hierfür Tagfahrt auf morgen in Richterswil an 

    An diese Konferenz wurden Statthalter Joseph; Anton Reding und Seckelmeister Johann Walter Bellmont abgeordnet. Die Instruktion ging u.a. dahin: Das Friedensinstrument, auf welches das Armistitium gestellt worden, rufe heiter aus, dass alles in den gemeinen Frieden solle eingeschlossen sein, sowohl vor als nach der Ruptur. Der Abmarsch der Zürcher Truppen in den Höfen soll befördert werden. Bei Abschätzung des Schadens sollen auch die Schädigungen in Uznach, auf der Ufenau und an der Lölismühle in Anrechnung gebracht werden. 

    Vorgenannte zwei Herren in Verbindung mit dem Zürcher Delegierten Statthalter Andreas Meyer trafen zu Richterswil am 18. August über Wiederbeschaffung und Ersetzung der im letzten Kriege vorgekommenen Beschädigungen und Entwendungen folgende Vereinbarung: Sämtliche aus dem dem Stande Zürich gehörenden Steinbruche in Bäch entnommenen Instrumente und Werkzeuge, sollen wieder an Ort und Stelle geschafft werden. Ebenso soll Schwyz dafür sorgen, dass die 15'000 Ziegel, welche einige Angehörige der Höfe von den Dächern der Steinbruch-Scheuer sich zugeeignet haben, ersetzt werden und das zur Reparatur der Steinbruchgebäude nötige Holzwerk angewiesen werde. Den auf Höfnergebiet oberhalb der Sihl angesessenen Angehörigen der Herrschaft Wädenswil hat Schwyz für den erlittenen Schaden 75 Klafter gutes Heu bis Mitte Winter und als Entgeld für jedes Klafter  6 Gulden und überdies noch 75 Tannen an gelegenem Orte anzuweisen. Der Gesandte von Zürich übernimmt, dahin zu wirken, dass die von Richterswil ihre Forderung wegen erlittenen Schadens in den Hafengütern künftighin jährlich nur noch den Fronleichnamstag, die zwölf Aposteltage, Lichtmess, Maria Geburt, Maria Verkündigung und Maria Himmelfahrt als Feiertage zu halten haben. 

    Diese Vereinbarung erhielt den 20. August vom Rate zu Schwyz die Genehmigung. 

    So endete der Zwölfer-, im Volksmunde auch Lumpenkrieg geheissen. Vergebens sucht man hier nach grossen Aktionen. „Une promenade militaire“ liesse sich für Schwyz diese Campagne überschreiben, stünden wir nicht vor der traurigen Tatsache, dass die Schweizererde mit Bruderblut getränkt worden. Une promenade militaire, allerdings nicht mit dem Strich ins Frohsinnige. Unordung auf allen Gebieten, unten Zügellosigkeit, oben weder Kraft noch Ansehen – die deutlichen Merkmale innerlicher Entkräftigung, der am Staatskörper zehrenden Krankheit marasmus senilis.