Die Ereignisse des Zweiten Villmergerkrieges 1712 an der Zürcherischen Grenze zu Schwyz und Zug. 

Aus „Geschichte der Zürcherischen Artillerie, Siebentes Heft“ herausgegeben von der Feuerwerker-Gesellschaft in Zürich 1850 von David Nüscheler Für Quellenangaben und einige Fussnoten wird auf das Original verwiesen.
In Klammern integrierte grössere Fussnoten in Blau.

In digitale Form gebracht im April 2012 durch www.villmergerkriege.ch, das Online Museum Hütten, als lokalen Beitrag an das 300 jährige Jubiläum.

Online Quellen zum Gesamtverlauf des Konflikts April-Aug 1712
Die Ereignisse am Richterswilerberg werden hier jeweils in einem Satz zum 22.7.1712 erwähnt.
http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D8911.php
http://de.wikipedia.org/wiki/Zweiter_Villmergerkrieg

Ab Seite 233 (Juli 1712)

… Inzwischen wurden dessen ungeachtet die Friedensverhandlungen in Aarau sehr eifrig betrieben. – Dieselben gediehen jedoch zu keinem Abschluss, weil die Gesandten der fünf Katholischen Orte keine gleichmässigen Verhaltungsbefehle empfangen hatten. – Durch diese Zögerungen ermüdet legten zuletzt die beyden Reformierten {Bern, Zürich} den fünf Katholischen Orten eine Ultimaterklärung vor, welche von Lucern und Uri angenommen, und in Folge dessen zwischen Zürich und Bern einerseits, Lucern und Uri anderseits am 18. Juli der Friedensvertrag definitiv abgeschlossen, von den betreffenden Gesandten unterzeichnet und besiegelt wurde. – Wenn gleich Schwyz, Unterwalden und Zug ihre Zustimmung verweigerten, bathen dennoch Lucern und Uri für solche um Bedenkzeit, worauf denselben bis zum 20. Julii Frist zum Beytritt gegeben wurde.

Dass bey der damahligen Sachlage Zürich von einer nahe bevorstehenden Schilderhebung der Katholischen Orte auch nicht die entfernteste Ahndung hatte, beweist der Zürcherische Räth- und Burger-Beschluss vom 14. Heumonath {Juli} 1712, welcher eine theilweise Beurlaubung, der im Felde stehenden Mannschaft zum Einsammeln der Ernte verordnete. (Schon am 5. Julii 1712 war ein Rathschlag gepflogen worden, wie weit die im Felde liegenden Compagnien „über die Ernd reduciert“ werden könnten, welchem zufolge in der Stadt 3 Compagnien verbleiben, bey dem Corps zu Maschwanden, zu Wädenschweil und zu Rüti die Compagnien auf 80 Mann, auch die Besatzung von Baden, Kaiserstuhl, Bremgarten und Mellingen bedeutend vermindert werden sollten.)

Diese Zürcherische Beurlaubung, der auch eine Bernerische folgte (In Folge der von der Zürcherischen Regierung verfügten zahlreichen Beurlaubungen, musste auch der Bernerischen Generalität die Befugniss ertheilt werden, von ihrer Mannschaft etwas einen Viertheil, aber mehr nicht, für 10 oder 14 Tage nach Haus gehen zu lassen; - eine Massnahme, welche zur Folge hatte, dass eben im kritischen und entscheidenden Augenblicke, von dem der Ausgang des ganzen Krieges abhing, das Heer durch solche Beurlaubungen sich geschwächt befand.), war für die beyden Reformierten Stände um so verhängnissvoller, als, anstatt nach Ablauf der bewilligten Bedenkzeit eine friedliche Erklärung zu geben, Schwytz, Unterwalden und Zug ihre Kriegsvölker zusammenzogen, sowie auch Lucern und Uri sich gezwungen sahen, den Frieden, welchen sie bereits unterzeichnet hatten, wieder zu verwerfen; da die Sturmglocke ertönte, ihre Völker mit denen der Uebrigen zu vereinigen, und am 20. Juli gemeinschaftlich gegen die bey Sins stehende Bernerische Vorhuth anzurücken; welche, obschon sie sehr tapfer und bis auf’s Aeusserste sich vertheidigte, dennoch zuletzt der Uebermacht weichen musste.

Nachdem nun aber die Katholischen Orte (welche bisdahin meist nur defensive sich verhalten,) einmahl zur Offensive sich entschlossen hatten, beschlossen sie auch die Züricher anzugreifen, und zwar gerade an einer der schwächsten Stellen ihrer Gebiethsgränze, da, wo dieselbe, gegen Schwytz und Zug gleichsam einen ausspringenden Winkel bildend, zwischen dem See und der Sihl durch kein natürliches Hindernis gedeckt ist.

Weil jedoch den Zürchern die Schwäche jener Gränzstrecke von dem Rapperschweilerkrieg her noch wohl bekannt war (Am 11. Februar 1656, an dem gleichen Tage, wo Herr General Werdmüller nach dem Gaster marschiert war, hatte derselbe Nachricht empfangen, dass die Gegner in die Herrschaft Wädenschweil eingebrochen seyen, daher er sich wieder zurückbegab, und mit 1000 Mann so schnell möglich den See passierte, um den Nothleidenden Unterstützung zu bringen.), so hatten solche schon beym Beginne des Toggenburgerkrieges darauf Bedacht genommen, diese offene Seite durch Kunst sicher zu stellen, d.h. durch eine Kette wohl angelegter Feldschanzen einen feindlichen Einbruch zu erschweren.

Es geschah dieses durch successive Anlegung der Sternen-, Eich-, Bellen- und Hüttner-Schanze auf den hart an der Gränze liegenden Anhöhen, gegenüber der eine Art von Scheerwerk bildenden mit 5 Stücken besetzten Schwytzerischen Itlismoosschanze.

Dass jener Theil des Zürcherischen Gebiethes sehr bedroht war, ergiebt sich daraus, dass schon am 6. April einige Compagnien dahin verlegt wurden, dass denselben Cavallerie und Artillerie nachfolgten, hauptsächlich aber, dass bereits am 23. April die Bewohner jener Gegenden ihre Fahrhabe nach der Stadt flüchteten. (Wie Herr Diacon Heinrich Ulrich [1665-1730, 1699 Diacon, 1713 Pfarrer am Fraumünster] solches berichtet, welcher Samstags den 23. April 1712 eben ob der Meditierung des Abendgebethes betroffen war, als Er Morgens 7½ Uhr [bereits am 12. April zum Feldprediger in das Wädenschweilerquartier verordnet] den Befehl empfing, auf dem mit 4000 Commissbroten beladenen Proviantschiff nach Wädenschweil sich zu verfügen; auf welcher Fahrt ihnen 4 mit geflöchneten Sachen beladene Schiffe  begegneten, worunter eines, dessen Ladung dem Engelwirth zu Richtenschweil angehörte, weil dessen Tochter dabey gewesen.)

Neben den bereits erwähnten zur Sicherstellung der Landesgränze bestimmten Feldschanzen wurde auch der Kirchhof zu Schönenberg zu einem haltbaren Posten eingerichtet, um nach Durchbrechung der ersten, in zweyter Linie als Haltpunkt zu dienen (Die 1702 [für die damahls errichtete Pfarre Schönenberg] neu erbaute Kirche und Pfarrhaus sind in 2 Ecken der Kirchmauern gebaut, daraus man alle 4 Seiten der Mauern füglich bestreichen und sich darinnen im Nothfall wohl defendieren kann.) ; zu welchem Ende hin derselbe palissadiert (Am 20. April liess Herr Major Werdmüller, empfangenem Befehle gemäss, zur Palissadierung des Kirchhofs im Schönenberg das Holz im Teuffenbach [zwischen Schönenberg und der Sihl] fällen, die Brückladen zu den Gättern sollen aus der Zehnten-Trotte abgeführt werden. – Freytags den 22. April wurde bey Schnee und Regen die angefangene Palissadierung fortgesetzt.), mit Mannschaft und Geschütz besetzt ward.

Während über die Erbauung der Sternen-, der Eich- und der Bellenschanze der Verfasser keine detaillierten Angaben sich verschaffen konnte (Für die, eine gevierte Redoute bildende, mit 3 Schiessscharten versehene Sternen- nebst der [kleinern] Eichschanze wurden vom 1. May bis 1. August 1712 dem Herrn Frey-Hauptmann Meyer 872 Gulden vergutet. Für die in Form einer länglichen, hinten geschlossenen Lünette erbaute Bellenschanze empfing vom 14. May bis 14. Julii 1712 Herr Major Kilchsperger 180 Gulden in einer Zeit, wo sowohl Zimmerleute, als andere Arbeiter nicht mehr, als 6 Schilling Taglohn empfingen. – Einem davon vorhandenen Prospecte zufolge war zur Aufnahme der Besatzung im Innern dieser Schanze eine Bretterhütte errichtet worden. – Bey den Häusern auf der Bellen war im Rapperschweilerkrieg eine 50 Mann starke Wache aufgestellt gewesen, welche sich aber bey dem am 11. Februar 1656 erfolgten Angriff hatte zurückziehen müssen.), so ertheilt dagegen Herr Major J. C. Werdmüller über seine bey Hütten getroffenen Vertheidigungsanstalten interessante Notizen.

Da bey dem (bereits wiederholt erwähnten) Einfall am 11. Februar 1656 die Kirche auf Hütten verbrannt, 1668 eine neue Kirche erbaut und mit 2 Glocken versehen worden, so entschloss sich Herr Major Werdmüller, Hütten und dessen Umgebung bey diesem weit aussehenden Krieg, mit Gottes Beystand, so viel möglich zu defendieren und mit der Verwahrung des Hüttnersteges den Anfang zu machen.

Diesen eine gedeckte Brücke bildenden Hüttnersteg verlegte Er mit gewätteten Hölzern und machte ihn schussfrey, so dass man sich darin, wie in einem Blockhause hätte wehren können, verordnete auch, dass die Brücke Morgens um 5 Uhr geöffnet, Abends nach 7 Uhr wieder beschlossen werde. (wobey zu beachten, dass die Höfe jenseits der Sihl schon anfangs des Krieges vom Feinde waren ausgebeutet worden.)

Sodann beschloss Er auf der sowohl das Dorf Hütten, als dessen Zugänge von der Schwytzergränze her beherrschenden Anhöhe  eine (den Stützpunkt des Rechten Flügels der dortigen Zürcherischen Defensiv-Stellung bildende) zur Aufnahme von Geschütz einzurichtende geschlossene Schanze neu anzulegen, deren Erbauung Er, ungünstiger Witterung ungeachtet, so sehr beschleunigte, dass dieselbe in Zeit von ungefähr 14 Tagen so weit vollendet ward, dass solche mit Geschütz besetzt und einige Probeschüsse gethan werden konnten. (… Die Schanzarbeiten auf Hütten kosteten vom 23. May bis 12. August 1712 309 Gulden und 28 Schilling – Die Hüttenschanze bildet ein geschlossenes, viereckiges Werk, welches auf der Seite gegen die Schwytzergränze und gegen die Sihl mit Flankenvertheidigung versehen ist.)

Dass überhaupt, so lange keine Reduction eingetreten, die Herrschaft Wädenschweil hinreichend mit Truppen besetzt war, ergiebt sich aus der Dislocationsübersicht vom 26. April, nach welcher:

3 Compagnien zu Richtenschweil,
1 Compagnien zu Kalchbühl und Geerlisperg links von der Sternenschanze,
2 Compagnien zu Klein- und Gross-Esel, unweit der Bellen
1 Compagnien auf Schwanden rückwärts der Kneuwies,
2 Compagnien auf der Samstagern hinter dem Sternen,
1 Compagnien am Bach hinter der Bellen,
1 Compagnien auf der Bellen und zu Fällmis links von der Bellenschanze,
1 Compagnien hinten am Hüttnersee,
2 Compagnien in Hütten,
2 Compagnien in Schönenberg,
3 Compagnien in Hirzel, auf dem Zimmerberg und an der Schwanderbrugg,
1 Compagnien in Wädenschweil sich befand,
20 Compagnien,
neben den beyden Dragoner-Compagnien, denen Wädenschweil zum Quartier angewiesen, und welche bestimmt waren, alternatim (alternierend) in dem Schlosse Wache zu halten
(Bekanntlich waren ursprünglich die Dragoner dazu bestimmt, sowohl zu Pferde, als auch [als reitende Infanterie] zu Fuss zu fechten. – Daher mag es wohl kommen, dass solche, neben den Trompetern, Tambouren hatten. [In Folge dessen wurden dem Herrn Rittmeister Eschmann 3 Gulden 6 Schilling für Trommelböden vergutet.] – Erst durch Beschluss des Grossen Rathes vom 15. Merz 1787…wurde der Fussdienst der Dragoner abgeschafft…), der Generalität zur Salvegarde, auch (nebst dem dahin verlegten Fussvolk) dem Schloss und Flecken zur Beschützung und Bedeckung dienen. –

Vom 21. May an wurde jedoch (vermutlich, um die Dragoner anderswo desto leichter gebrauchen zu können) des Schlosses Bewachung der alten Mannschaft übertragen. (Als ein Zeichen, dass man an disponibelm Kriegsvolk keineswegs Ueberfluss hatte. – Am 7. Junii wurde von der Schlosswacht zum ersten Mahl der Zapfenstreich und am Morgen präcis um 3 Uhr die Tagwacht geschlagen.)

[Es folgen Details über sämtliche 16 Kanonen {„Stücke“} und deren Einsatz: 4 im Schloss, 2 in Richterswil, 4 in der Bellen, 2 im Schönenberg, 2 im Hirzel, 2 in Hütten. Weiter erwähnt: 4 eiserne Falconette und 6 Doppelhaken {„so 500 Schritt weit schiessen“}]

Inzwischen langte, in Folge der Einnahme von Baden (für welche man auf der ganzen Postierung Freud geschossen) am 10 Junii Obrigkeitlicher Befehl ein, dass man von jeder Compagnie bis auf 100 Mann für 8 Tage heim lassen solle, welcher Befehl am 6. Julii, alle Compagnien auf 80 Mann zu reducieren, bestätigt und erweitert, mithin hiedurch der Bestand des Wädenschweiler-Corps auf etwa 1600 Mann vermindert ward. (Wenn man es nöthig erachte, sollen die Abgehenden durch Thurgauer und Toggenburger ersetzt werden. – Herr Hauptmann Nabholz hatte nähmlich schon am 28. May die Weisung erhalten, dass Er MGn. Herren ein Bataillon unverheirateter, Evangelischer Toggenburger auf den gewohnten Sold zuführen soll. – Er liess es angelegen seyn, dieses in’s Werk zu setzen, und begleitete das unter Commando Herrn Oberstlieutenant Edelmann gestellte Bataillon selbst nach Zürich, was MGn. HHerren sehr wohl aufnahmen, und selbige nach Rüti verlegten, um sie alldorten einzuüben.)

Neben dem, dass schon am 28. April beym Finsterseesteg, am 10. May beym Hafnersteg und am 21. May bey Richtenschweil und bey der Sternenschanz kleine Gefechte statt gefunden, wurde am 19. Julii auf verschiedenen Posten vom Feinde auf die Zürcher geschossen, diese Schüsse zwar erwiedert, jedoch noch am gleichen Tage Herr Lieutenant Ulrich von einem hinter einer Hecke sich verbergenden feindlichen Soldaten erschossen. (Am 21. Julii…fand das Leichenbegängniss statt..marschierten voraus 20 Fusiliers mit verkehrtem Gewehr, unter Anführung von Herrn Lieutenant Sträuli mit unter übersich gehaltener Pike, woran ein schwarzer Flor hing. …folgte der Sarg, auf welchen der entblösste Degen kreuzweise über die Scheide gelegt war; und der Tambour, den Trauermarsch schlagend, die Trommel mit schwarzer Frise überzogen…die Verwandten..die Generalität, gar viele Offiziere..Endlich wurde der Zug mit 30 Fusilieren beschlossen, welche das Gewehr ebenfalls verkehrt trugen. Sobald das Volk in der Kirche sich befand, gaben die Fusiliere eine Generalsalve, worauf Herr Pfarrer Vogler die Leichenpredigt gehalten über 2. Tim. IV. 7. 8: „Ich habe gekämpft den guten Kampf, den Lauf hab‘ ich vollendet“ u.s.w. – Nach der Predigt und der Beerdigung schoss jeder Soldat seine Flinte absonderlich los, und marschierte ein jeder wieder zur Comapagnie auf seinen Posten.)

Am 20. Und 21. Julii zog sich von Einsiedeln, von Rapperschweil, von der March und den Höfen her alle Mannschaft zusammen, was Gewehr tragen und Geschütz schleppen mochte und konnte, so dass man einen Fahnen nach dem anderen von Wollerau den Berg hinauf theils gegen die Schindellege, theils nach der feindlichen Schanze heranmarschieren sah. (Als Herr Major Werdmüller am Nachmittag des 21. Julii das Canonenpulver erlas und an der Sonne dörrte, sah man durch’s Perspectiv die Feinde mit Feldzeichen auf den Hüten [Französisch] und gar viele mit weissen Kreuzen auf den Aermeln gezeichnet, dabey lustig und frohen Muthes.)

- was den Herrn Oberst von Saluzzo, welcher hinauf gekommen war, auf der Sternenschanze den Augenschein einzunehmen, veranlasste, die Nacht auf der Postierung zuzubringen, zugleich Ordre ertheilend, dass jeder Hauptmann seine Compagnie bereits halte. (Herr Oberst von Saluzzo hatte schon am 19. Julii an der Sternenschanz [woselbst schon früher 12 Zelten aufgeschlagen worden] und Junker Major Escher auf der Bellen übernachtet. Ersterer war nebst Herrn Major Mattli [beide in Zürcherischen Dienst getretene kriegserfahrne und entschlossene Bündner-Officiere] bereits am 4. Junii in Wädenschweil eingetroffen. – Vermuthlich in der Voraussicht eines möglicher Weise noch bevorstehenden ernsten Angriffs waren am 24. Junii auf der Baumannsweid im Schönenberg die Grenadiere von den Compagnien des Herrn Major Lochmann und der Herren Hauptleute Wüest, Ott, Hüni und Zürcher zusammengeführt, visitiert, aufgezeichnet und exerciert worden, und Herr Lieutenant Hüni von Horgen zum Grenadier-Hauptmann [Capitain-Lieutenant] und Wachtmeister Wunderli von Meilen zum Grenadier-Lieutenant erwählt, indem damahls jeder Infanterie-Compagnie eine gewisse Anzahl Grenadiere zugetheilt war, die man nur im Felde in eigenen Schaaren vereinigte, wie solches seit 1686 auch bey der Bernerischen Miliz statt fand. … Da, wie zu vermuthen steht, immer die vorzüglichsten Soldaten zu Grenadieren gemacht wurden, so hatte das Zusammenziehen derselben zu einer besondern Grenadier-Compagnie zum Zweck, dadurch ausgewählte Mannschaft zu erhalten, auf die man sich besonders verlassen konnte. Bey seiner Ankunft in Schönenberg mit seiner Compagnie hatte Herr Hauptmann Ott bereits 24 wohl montierte Grenadiers mitgebracht. Herr Hauptmann Zürcher hatte 24 seiner besten Leute an die Grenadier-Compagnie abgeben müssen.)

Am 22. Heumonath um Mitternacht (als am Beginn des St. Maria Magdalena-Festes) vernahm man das Singen der Litanie vom Schwytzerischen Lager herüber, um 2 Uhr nach Mitternacht bemerkte man feindliche Bewegungen; - als es am Kirchthurm zu Schönenberg 3 Uhr schlug, wurde auf dem Rossberg das Feuerzeichen angezündet, welchem gegen Menzingen hin, und auf allen übrigen feindlichen Posten unverweilt ähnliche Feuerzeichen nachfolgten. -

Nunmehr begannen die Feinde, welche am Abend zuvor in einem nahe an der Gränzmarche liegenden Gehölze, Dicki genannt, 2000-2500 Mann stark sich versammelt hatten, ihr ernstes Tagewerk, indem sie ihre Marschrichtung gegen Allenwinden nahmen in zwey  Colonnen, von denen die eine hinter dem Applisberg gegen die Sihl, die zweyte auf dem diesseitigen Abhang desselben gegen dem Bergli (einem zunächst an der Gränze liegenden Zürcherischen Bauernhofe) marschierte, um den 24 Mann starken dortigen Vorposten zu umgehen und aufzuheben. – Weil aber eine vorgeschobene Zürcherische Schildwache ihr Heranrücken bemerkt hatte, so konnte bemeldter Wachtposten noch zeitig genug aus dem Bergli (dessen Bewohner einer schrecklichen Misshandlung unterlagen,) auf das zu seiner Unterstützung aufgestellte Piquet, und sodann mit demselben gegen der Hüttnerschanze sich zurückziehen, obschon sie vom Feinde bis zur Lissi [?]  (unweit des Weges, der von Hütten an die Sihl führt) ganz nahe verfolgt wurden.

Inzwischen war Herr Major Werdmüller auf und um seine Hüttnerschanze keineswegs müssig geblieben. – Derselbe hatte mit seinen Constaflern und Zimmerleuten die erforderlichen Arbeiten beynahe die ganze Nacht hindurch fortgesetzt, und wollte nach derselben Vollendung ein wenig ausruhen. – Als Er aber um 3 Uhr die Tagwache schlagen liess, bemerkte Er die Feuerzeichen des Feindes, und hörte bald nachher den auf das Bergli gerichteten mit Schiessen und Geschrey begleiteten feindlichen Ueberfall, worauf auch Er sein Feuerzeichen, so ausser der Schanze gelegen, anzünden und einen Losschuss abfeuern liess. – Nachdem die Zimmerleute und Constafler die Kirschbäume um die Schanze herum (denen bis dahin geschonet worden) gefällt, beyder Hauptleute und Soldaten Bagage so schnell möglich in die Schanze salviert und Alles zugerüstet war, wurde der Schlagbaum zugemacht, die Mannschaft in den Graben [Anmerkung www.villmergerkriege.ch: bzw. zwischen Wall und Palisaden] und auf die Schanze postiert, die beyden Fahnen auf den Wall gesteckt, Lärmen geschlagen und also in Gottes Nahmen der Anschlag des Feindes abgewartet.

Nachdem es Tag geworden, erblickte man den Feind in 2 Colonnen, die Eine mit 4 Fahnen, hinter dem langen Haag vom Bergli gegen das Ryffhaus, welche eine gute halbe Stunde in solcher Stellung stehen geblieben; - die andere Colonne, mit 2 Fahnen, wie sie am Berg hin gegen das kleine Hölzchen marschierte, wegen der Gebüsche aber der Schanze eine Zeit lang aus dem Gesicht kam. – Als nun 2 feindliche Officiere heranritten, um die erstere Colonne avancieren zu lassen, wurde zuerst die Canone Nr. 13, und hernach das Falconnet auf dieselbe abgefeuert (Dieses Falconet ward inzwischen bald unbrauchbar, jedoch ohne Schuld der solches bedienenden Constafler [vermuthlich, weil es von hinten geladen wurde].), worauf sie Halt machte. – Allein nunmehr setzte auch die zweyte Colonne gegen der Hüttnerschanze sich in Bewegung; - als solche derselben völlig in’s Gesicht kam, richtete Herr Major Werdmüller die Canone Nr. 12, so vorher kräftig mit Hagel (Cartätschen) geladen worden, auf eine gewisse Distanz; - die Mannschaft aber, welche im Graben postiert, musste zuerst eine Salve geben; - hierauf wurde, als sie in ziemlicher Anzahl auf der Distanz angekommen, losgebrannt, so, dass, nachdem der Rauch vorbey, sie alldort keinen Mann mehr gesehen. (Nach einer Ueberlieferung, welche der Verfasser 1810 an Ort und Stelle vernommen hatte, soll dieser Cartätschenschuss dem Feinde etwa 83 Mann gekostet haben.)

Etwa 5 Minuten später zeigten sich wieder etwa 20 Mann am Berg bei der Risi, auf welche die mit einem Kugelschuss geladene Nr. 13 losgebrannt, wornach dieselben des Ryffen Haus zueilten und zu dem Haufen zurückkehrten, welcher nunmehr hinter dem Grünhag gegen Hütten zu vorrückte. – So wie derselbe jedoch die Höhe hinunter gegen dem Weg kam, so nach dem Schaafrain hinabgeht, machte die Garnison, unter Freudengeschrey, gegen solchen ein so lebhaftes Feuer, dass er sich umwandte, und den Berg hinab in’s Thal defilierte, besonders, nachdem die Hintersten durch einen Canonenschuss, ihre Schritte noch zu befördern, gemahnt worden.

Da aber die bey dem Hölzli stehende Reserve bey diesen Dechargen die Köpfe gestreckt, so liess Herr Major Werdmüller die Canone Nr. 12 mit Hagel geladen gegen solche bereit halten, während die andere Canone (weil sie stärker am Metall) auf der gegen den Segel gekehrten Batterie aufgepflanzt wurde.

Als nun die Feinde, dem Räbgarten vorbey, den Marsch fortgesetzt, gab Herr Major Werdmüller Feuer auf sie, so dass 2 Fähndriche mit ihren rothen Fahnen niedergefallen, und Alles desto schneller dem Hölzchen zugeeilt. – Es kamen nun noch 2 Fahnen, welche aber, um den Canonen der Schanze auszuweichen, über das Riet hinter dem Räbgartenhaus ebenfalls nach dem Hölzchen ihre Schritte beschleunigten.

Es geschahen nun zwar nach einander aus der Schanze nach 6 Canonenschüsse gegen dem Hölzchen und der Segelmatte, vermochten aber nicht den feindlichen Einbruch gegen das Innere des Landes zu verwehren, so dass man zusehen musste, wie 2 feindliche Bataillone mit 4 rothen Fahnen in der obern Kneuwiese (d.h. im Rücken der Hüttnerschanze) sich aufgestellt hatten; um mit den Zugern, welche über den Menzingerberg und die Finsterseebrücke heranrücken sollten, zusammenzutreffen.

Auf dem Schloss Wädenschweil, wohin der Bericht, dass die Feinde heranrücken, schon bald nach 2 Uhr (Morgens) gelangt war, hatte man genug zu thun, Pulver und Bley auf die bedrohten Posten zu liefern; - obgleich man schon 2 Tage vorher einen wohl versehenen grossen Munitionswagen auf die Sternenschanze geführt, allen Soldaten Pulver und jedem 24 Kugeln ausgetheilt hatte. – Man öffnete das Zeughaus und gab Flinten, wo es mangelte. – Gleichzeitig wurde die Harzpfanne angezündet, die Sturmglocken geläutet, mit 3 kleinen Mörsern das mit Rüti verabredete Zeichen gegeben, und überdiess ein Sturmglocken geläutet, mit 3 kleinen Mörsern das mit Rüti verabredete Zeichen gegeben, und überdiess ein Expresser mit schriftlichem Bericht schon um 2 Uhr dahin abgeschickt.

Nicht lange nachher geschah es, dass Herr Rittmeister Eschmann, als Er „pro more solito“ bey seinen nicht auf der Wache befindlichen Reutern in einer Scheune gerade neben den Pferden sein Nachtlager hielt, das Schiessen hörte und seinen Leuten zurief, sie sollen sich aufmachen; - es scheine, dass es da vorne angegangen sey; - diejenigen, so nicht gesattelt, sollen sich eilig marschfertig halten. (Indem die Hälfte „à l’ordinaire“ auf alle Ordre beständig parat stehen mussten.) – Nachdem er 2 Reuter ausgeschickt hatte, um zu recognoszieren, auf welchem Wege die Feinde heranrücken, setzte Er sich mit den übrigen Reutern „ad interim“ ungesäumt zu Pferde, und las, nach seiner täglichen Gewohnheit und Christlichen Schuldigkeit, denselben andächtig ein Morgengebeth vor, mit herzlichem Seufzen zu dem gnädigen Gott um seinen kräftigen Beystand und vollmächtige Hülfe.

Kaum war die Andacht verrichtet, als die beyden ausgesandten Reuter spornstreichs zurückkehrten mit der Nachricht, dass sie viele Flüchtige angetroffen, und dass eine gar starke Parthey von Feinden auf den neuen Kirchhof im Schönenberg in vollem Anmarsch begriffen sey, dessen Besatzung aus 2 Compagnien und etlichen kleinen Stucken bestand.

Auf diese Nachricht hin brach Herr Rittmeister Eschmann ungesäumt auf, und ritt in starkem Trab der neuen Kirche zu, woselbst Er jedoch keine Verstärkung erhalten konnte, weil von da aus nach dem Finsterseesteg bereits eine Entsendung statt gefunden hatte. - Da nun bey der Kirche im Schönenberg das Terrain für die Wirkung der Reuterey nicht günstig war, so wollte Er den Feind allda nicht erwarten, sondern denselben lieber in freyem Felde aufsuchen.

Als Er nun in weiterm Vorrücken, unweit der Schönenberger-Kirche, den Feind erblickte, commandierte Er seine Leute, dass sie zuerst die Flinten zum Abfeuern parat machen, in aller Eile darauf losreiten, und, nach Losbrennung der Gewehre, den Säbel in der Faust, herzhaft in die Feinde sich wagen sollen; während 2 Reuter angewiesen wurden, sich das Ansehen zu geben, als ob sie einer im Hinterhuth stehenden, nachkommenden grossen Parthey Reuter um Hülfe rufen und mit den Hüten schweyen (winken). Es gelang dieses so gut, dass der Feind vor dem Reuterangriff zurückwich, und das Feld räumte, indem er auf seine Hauptmacht sich zurückzog, welche auf einer Anhöhe vortheilhaft sich postierte.

Inzwischen hatte auch Herr Major Mattli, mit etwa 140 Mann, d.h. mit aller Mannschaft, die man auf der Sternenschanze und auf andern Punkten entbehren konnte, den Feind aufgesucht, und war mit Herrn Rittmeister Eschmann  zusammengetroffen, indem Er sehr darüber lamentierte, dass der Feind zwischen den beyden Schanzen (der Hüttner- und der Bellenschanze) durchgedrungen, sich vortheilhaft aufgestellt habe und an Volk weit überlegen sey. (Dieses Durchbrechen der Zürcherischen Aufstellung darf keineswegs einer fehlerhaften Anlage der die Capitalpunkte derselben bildenden Feldschanzen zugeschrieben werden; - weil bekanntlich eine aus einzelnen abgesonderten Werken bestehende verschanzte Linie nur dann mit Vortheil vertheidigt werden kann, wenn hinter derselben eine hinreichende Reserve aufgestellt ist, welche das Durchbrechen des Feindes durch die freyen Zwischenräume verhindern, oder, wenn er dennoch hindurchgedrungen, solchen wieder zurückwerfen kann. – In Folge jener schon mehrerwähnten Reduction des Mannschaftsbestandes fehlte am 22. Julii 1712 den die Schwytzergränze vertheidigenden Zürchern die Reserve gänzlich, indem die sehr kleine aber sehr tapfere Schaar, welche den Feind in offenem Felde bekämpfte, nur auf Kosten der Schanzenbesetzung zusammengebracht werden kannte.)

Es entspann sich ein hitziges Gefecht, doch mit grösserm Verlust an Todten und Verwundeten auf Seite des Gegners. – Herr Major Mattli empfing eine Verwundung durch den Arm, wollte sich aber dennoch nicht verbinden lassen, sondern hielt tapfer aus bis zum letzten Entscheid. – Auch Herr Rittmeister Eschmann’s Pferd wurde demselben unter dem Leibe so stark verwundet, dass er eilig dasjenige eines Bedienten besteigen musste. – So wurden auch zweyen seiner Reuter ihre Pferde wund geschossen.

Da nun der Feind, sowohl der Zahl, als der günstigern Stellung nach, die Oberhand hatte, rief Herr Major Mattli dem Herrn Rittmeister Eschmann zu, mit seinen Reutern ebenfalls auf die Höhe  sich hinaufzuziehen, woselbst er bereits sich aufgestellt hatte. – Dessen ungeachtet konnten sie nicht verhindern, dass die sehr eilig heranrückenden Zuger mit den Schwytzern sich vereinigten, und nunmehr mit Einschliessung und Untergang sie bedrohten.

Dass es in diesem sehr critischen Momente sowohl auf dem Schlosse, als im Flecken Wädenschweil sehr düster aussah, ist leicht zu begreifen.

Schon am frühen Morgen war alle noch übrige Cavallerie bis auf 1 Officier und 4 Reuter nach dem Schlachtfelde gesandt und dagegen von Richtenschweil her ungesäumt 40 Mann zur Schlosswache beordert worden, während die in Wädenschweil befindliche alte Mannschaft und die jungen Knaben eilend’s in’s Schloss berufen, und die Doppelhaken auf die hinter der Schlossmauer (Ringmauer) angebrachten Galerien gebracht wurden. (Es bezweckten diese Vertheidigungsanstalten keineswegs die persönliche Sicherstellung der in dem Schlosse logierten Stabs-Officiere, sondern das Schloss Wädenschweil war vielmehr als das letzte Reduit [als eine Art kleiner Citadelle] zu betrachten, um sich darin noch festzuhalten, auch selbst, wenn der Feind bis gegen Wädenschweil hin hätte durchdringen können.)

Als nun ein Bothe nach dem andern mit immer schlimmern Berichten anlangte, die Feinde seyen bey Schönenberg bey 2000 Mann stark schon in’s Land eingedrungen, und man könne ihnen, ohne die Schanzen unbesetzt zu lassen, nicht mehr, als 150-160 Mann entgegenstellen, so setzten sich Herr Statthalter Meyer, Junker Rathsherr Escher und Herr Secretarius Rahn zu Pferde und ritten persönlich auf den Kriegsschauplatz, während sie dem zweyten Secretair: Herrn David Ott den Auftrag ertheilten, den mit Uebermacht statt gefundenen, sehr bedrohlichen, feindlichen Einbruch nach Zürich zu berichten, und, im Rahmen dortiger Herren Kriegsräthe, Mgn. HHerren nochmals angelegentlichst zu ersuchen, 3 Compagnien Infanterie (etwa 600 Mann) beförderlich nach Wädenschweil zu senden, damit man im Stande sey, dem Feinde so viel möglich Widerstand und Abbruch zu thun; - zu welchem Ende hin allbereit 3 Nachen abgeschickt worden, und noch mehrere folgen werden; - mit Ersuchen, wenn dieses nicht geschehen würde, diese Völker eiligst über Land abmarschieren zu lassen.

Nachdem die 40 Mann zur Bewachung des Schlosses Wädenschweil von Richtenschweil her eingetroffen waren, hielt Herr Diacon Ulrich ein Gebeth um Gottes Beystand, und verfügte sich sodann um 8½ Uhr nach dem Flecken Wädenschweil, um die verwundeten Soldaten, die, vom Segel und von Hütten her, in ziemlicher Anzahl heruntergekommen, zu besuchen. – Unterwegs begegnete Er vielen Frauen und Kindern, welche jammerten und Ihm zuriefen, wie es gehe, worauf er erwiederte: „Bethet! Bethet! Bethet! – Gott wird Alles wohl machen!“ (Wie sehr man auch in Zürich auf den Ausgang jenes schweren Kampfes gespannt war, geht daraus hervor, dass Herr Diacon Ulrich damahls innerhalb 3-4 Stunden 3 Briefe an seine Gattinn nach Zürich sandte.)

Diese Aufforderung, die Hülfe da zu suchen, wo sie auch selbst in der schwersten Zeit am sichersten zu finden ist, war um so zeitgemässer, weil damahls auf dem Kampfplatze der verhängnissvolle Entscheid gleichsam nur noch wie an einem Faden hing.

Wenn auch die Sternenschanze von einem Sturmangriffe verschont blieb, so hielten dagegen die in der Itlismoosschanze zurückgebliebenen Feinde mit heftigem Canonieren gegen solche unablässig an, denen jedoch aus derselben tapfer geantwortet wurde, so dass man die Schüsse auch selbst in der Stadt Zürich hören und zählen konnte.

Noch weit ernstere Angriffe hatte aber die Bellenschanze zu bestehen, in welcher Schanze Herr Hauptmann Keller von Ohringen entschlossenen Widerstand leistete, was um so bemerkenswerther ist, als derselbe 56 Jahre früher ebendaselbst als junger Soldat sich ausgezeichnet hatte. (1712 gegen 80 Jahre alt, war Er, um zu beweisen, dass Er noch kräftig genug sey, zu Fusse nach Zürich gekommen, und hatte noch einmahl, an derselben Stelle zu wachen und nöthigen Falls zu kämpfen verlangt. … Als Seitenstück hiezu darf es nicht unerwähnt bleiben, dass die Fahne der Frutiger-Compagnie im Bernerischen Heere von einem 78jährigen Greisen getragen wurde, der schon dem ersten Vilmergerkrieg beygewohnt.)

Um der Bellenschanze desto leichter beyzukommen, pflanzten die Feinde auf der Höhe ob dem Stollenrain 2 Stücke auf, mit welchen sie benannte Schanze zu beschiessen begannen, die ihnen nichts schuldig blieb, sondern nicht minder wacker sich hören liess.

Schwerer wurde es ihr dagegen, die Sturmangriffe abzuwehren, welche im Verfolge, zu wiederholten Mahlen, dagegen unternommen wurden.

Nachdem nämlich Herr Rittmeister Eschmann sowohl, als Herr Major Mattli sich überzeugt hatten, dass, nachdem der ihnen gegnüberstehende Feind so bedeutende Verstärkung erhalten, sie unausweichlich ein sehr ernstliches Gefecht mit demselben zu bestehen haben werden, so blieb ihnen nichts übrig, als ihre Leute durch kräftigen Zuspruch zu ermuthigen, sich bis auf den letzten Blutstropfen zu wehren, in der getrosten Hoffnung, der gnädige Gott werde ihnen beystehen, sie den Feinden nicht zum Raube werden lassen, sondern bald, bald Hülfe und Rettung senden.

Diese Hülfe liess auch nicht auf sich warten; - indem gerade im gefährlichsten Momente Herr Rittmeister Meyer mit seiner Compagnie rother Dragoner (Während bis 1798 alle übrigen Dragoner die blaue, so trug die Escadron des Kyburger- und Thurbentahler-Quartiers die Rothe Uniform [mit gelber Weste, Beinkleidern, Klappen, Aufschlägen, und Kragen]. Herr Rittmeister Hs. Heinrich Meyer war vermuthlich Sohn des Herrn Rittmeister Hs. Heinrich, Neffe des Herrn Burgermeister Andreas, Bruder des Commandanten des Wädenschweiler Corps, Herrn Statthalter Andreas Meyer [1683-1740], 1711 Rittmeister und des Grossen Rathes, 1717 Amtmann zu Rüti.) und Herr Lieutenant Eschmann mit dem noch übrigen Theil der Reuter-Compagnie seines Herrn Vaters auf dem Schlachtfelde eintrafen. – Mit dieser Verstärkung rückte nunmehr Herr Rittmeister Eschmann in Gottes Nahmen, unter Trompetenschall, auf’s Neue gegen den Feind, welcher nicht Stand hielt, sondern, ohne einen Schuss zu thun, sich zurückzog, längs dem Hüttnersee seinen Weg nahm (Einer mündlichen Ueberlieferung zufolge sollen viele von den Feinden von den Dragonern in den Hüttner-See gesprengt worden seyn. – In diesem critischen Momente blieb auch Herr Major Werdmüller von der Höhe seiner Schanze herab in lebhaftiger Thätigkeit. – Er sandte etwa 30 Mann von seinen besten Leuten, um die Feinde zu observieren, in das Dorf Hütten hinunter, welche auf die feindliche Nachhuth Feuer gaben und 2 Mann über den Haufen schossen; - welche Schüsse der Feind, jedoch ohne Erfolg, erwiederte; auf den nun auch noch 2 Canonenschüsse abgefeuert wurden. – Als aber der Kampf auf der Bellen sich erhob, und das Dechargieren auf allen Posten anging, so ermahnte Herr Major Werdmüller seine Leute zum Gebeth, weil sie nicht anders helfen könnten. – Und, als die feindliche Reserve bey dem kleinen Hölzchen während des Kampfes ihre Fahnen blicken liessen, so bewog er solche durch wiederholte Canonenschüsse zum Rückzug, wobey es bemerkenswerth, dass die Canonen Nr. 12 und 13 als Zollikoferstücke auf der Hüttnerschanze ihre Feuerprobe ehrenvoll bestanden haben.), dann aber die Bellenschanze zu erstürmen, sich anschickte.

Nachdem die Feinde von der nächstgelegenen Lölismühle, von Itlimoos und von der Weberrüti her (von welch letzterm mit Brustwehren versehenen Ort sie am Morgen früh die Zürcherische Besatzung unter Commando des Herrn Major Kilchsperger, der gerade anfänglich tod geschossen worden, vertrieben [Die obere und untere Weberrüti, 2 Bauernhöfe vorwärts der Bellen links zunächst der Landesgränze]), sich verstärkt hatten, unternahmen sie bis zum dritten Mahl einen sehr heftigen Sturm auf die Bellenschanze, wurden aber durch das sowohl von der Brustwehr, als auch aus dem Graben auf sie gerichtete sehr wirksame doppelte Feuer (Diese sonst ungewohnte doppelte Feuerlinie [von der Brustwehr und aus dem Graben] ist um so beachtenswerther, als solche sowohl auf der Hüttner-, als auch auf der Bellenschanze angewendet wurde, und an beyden Orten gegen den feindlichen Sturm sich bewährt hat. – Nebendem, dass dadurch das die Schanze vertheidigende Feuer verdoppelt wird, sind die aus dem Graben kommenden, nahe über den Boden hinstreichenden Schüsse weit rasierender und daher weit sicherer, als die von der Brustwehr ausgehenden. – In der Ebene kann indessen diese Vertheidigungsweise nur bey hohen Brustwehren oder schwachen Profilen [bey geringer Brustwehrdicke und Grabenbreite] angewendet werden, weil, wenn die Schüsse der Brustwehrbesatzung nicht hoch genug über die Köpfe der Grabenbesatzung weggehen, die letztere von der erstern getroffen zu werden Gefahr läuft; - abgesehen davon, dass bey jedem über 4‘ tiefen Graben auf der Grabensohle ein Auftritt angebracht werden muss, damit der im Graben stehende Soldat bis über den Rand der Contrescarpe hinaufzureichen vermöge. – Wird dagegen die betreffende Schanze auf einer Anhöhe an derselben Rande errichtet, so dass mithin der obere Rand der Conrtescarpe tiefer steht, als der Boden, auf welchem die Brustwehr erbaut ist, so gehen die von der Brustwehr ausgehenden Stück- und Flintenschüsse so hoch über die Contrescarpe hinweg, dass dadurch die Vertheidiger des Grabens auch von Ferne her nicht gefährdet werden, und da, wegen des Abfalls des Terrains, [besonders bey grösserer Grabenbreite] die Contrescarpe weniger hoch ist, als die Escarpe, so kann die dahinter stehende Mannschaft öfters eines Auftrittes entbehren. Auch ist dieselbe der feindlichen Ensilade auf der Anhöhe weniger ausgesetzt, als in der Ebene. – Ob der Graben sowohl der Hüttner-, als der Bellenschanze palissadiert, mithin hiedurch dessen Besatzung einiger Massen gegen den Sturmangriff gesichert war, ist nicht bestimmt angegeben, jedoch sehr wahrscheinlich. {Anmerkung www.villmergerkriege.ch Hütten mit Palisaden, Bellen ohne}) jedes Mahl mit grossem Verlust wieder zurückgewiesen, indem die Schanze noch überdiess durch diejenige Mannschaft unterstützt ward, welche Junker Major Escher theils hinter einem Haag, theils am Seerain aufgestellt hatte. (Junker Major Escher war, nachdem Er bey der Bellenschanze alle nöthigen Anstalten zu guter Gegenwehr, im Fall sie angegriffen würde, gemacht, den bey’m Segel Noth leidenden wenigen Zürcherischen Truppen zu Hülfe geeilt, hernach aber, da die Feinde der Bellenschanze zugeloffen, bey rechter Zeit allda wieder angekommen, und hatte das Commando über die oben an der Bellenschanze sich befindende Mannschaft übernommen, wodurch dem Feind nicht geringer Schaden zugefügt worden.)

Dennoch würden die auf’s Aeusserste gebrachten, des Pulvers und der Kugeln bereits ermangelnden tapfern Vertheidiger der Bellenschanze bey nochmahliger Erneuerung des feindlichen Sturmes am Ende vielleicht doch noch unterlegen seyn, wären nicht, gerade im entscheidensten Momente, die Herren Rittmeister Eschmann und Meyer, über dem Laubeggrain im Galopp heransprengend, bey der Bellenschanze eingetroffen und auf den Feind so tapfer eingedrungen, dass sie denselben in die Flucht schlugen und bis über die Gränze hinaus verfolgten.

(Herr Rittmeister Meyer hielt still neben der Schanze auf dem Seerain; - Herr Rittmeister Eschmann hingegen verfolgte den Feind noch eine Strecke weit auf die Lölismühle zu, über die Landesmarche hinaus. – Später nahm er sein Nachtlager auf der Laubegg, aus Besorgniss, dass die Feinde am darauf folgenden Morgen ihren Einfall erneuern möchten.)

Obschon Herr Rittmeister Eschmann sammt den Seinigen von Morgens 3 Uhr bis über Mittag in beständiger Motion sich befunden, und dabey von Speise und Trank ganz nüchtern geblieben war, so wollte Er dennoch sich weder zur Ruhe begeben, noch Jemanden etwas zu sich nehmen lassen, bevor sie dem gütigen Gott für den ihnen ertheilten gnädigen Sieg durch ein öffentliches, andächtiges Gebeth den allerschuldigsten Dank abgestattet. – Er verrichtete ein solches öffentlich, in Gegenwart der meisten an dem Streit gestandenen und zu Hülfe gekommenen Officiere und Soldaten herzinnigstens, welche auch, herzliche Andacht zu bezeugen, nicht ermangelt haben. (Nach gänzlich beendigtem Krieg und glücklich wiederhergestelltem Frieden empfing Herr Rittmeister Eschmann von den HHerren Burgermeister und Rath der Stadt Zürich eine Urkunde, wodurch Sie, in wohlwollender Anerkennung der höchst rühmlichen, wahren vaterländischen Treue, Tapferkeit und Eifers zu Beschirmung des Landes, welche ihr besonders getreue, liebe Burger: Herr Rittmeister und Landschreiber Joh. Jacob Eschmann zu Wädenschweil bewiesen, Ihm, zu Bescheinung Ihres gnädigen Wohlgefallens und allerbesten Vergnügens, dieses Patent, als ein stetes Kennzeichen ihrer Gnade und Huld, sowie auch die Gnade ertheilt, dass seinem Sohn, in Hoffnung, dass seines l. Vaters ruhmliches Wohlverhalten, Ihm zum Exempel, dem nachzukommen, dienen werde, die Landschreiberey Ihrer Herrschaft Wädenschweil, auf sein, des Vaters Absterben, von nun an, ohne dannzumahl mehr vorzunehmende Wahl, wirklich conferiert seyn solle; - welchem Patent noch eine goldene Medaille beygefügt wurde. – Die Herren Geistlichen von der Herrschaft und Herr Kriegs-Commissarius beschenkten den Herrn Rittmeister Eschmann mit einer zierlichen mit silbernen, vergoldeten Schlossen garnierten Bibel und darin geschriebenen Carminibus; - und seine sämmtlichen Reuter verehrten Ihm ein gar schönes und wohlgemachtes silber-vergoldetes Pferdlein mit Anfügung zu beständigem Andenken dienenden Ehrenverse. „Herrn Rittmeister Eschmann Joh. Jacob Eschmanns, Landschreiber der Herrschaft Wädenschweil substanzliche, wahrhafte Relation des feindlichen Einfalls, vorgefallenen Treffens und anderer Kriegerischer Hergangenheiten in der Herrschaft Wädenschweil 1712.“)

Nachdem der Kampf beendigt war, berichteten die Kriegsräthe des Wädenschweiler-Corps an den Rath in Zürich, dass ihre Officiere und Soldaten durch langwieriges Fechten und ausgestandene ungemeine Fatiguen dergestalt abgemattet, dass sie für diess Mahl nicht im Stande seyen, sich gebrauchen zu lassen, und sie nothwendig zu seyn befinden, dass dieselben abgelöst werden. – Alle ihre Officiere, so am meisten sich tapfer gehalten, seyen entweder tod oder blessiert, ausser Junker Major Escher und Herr Major Werdmüller, welche beyde, neben andern, sich distinguiert, aber auch beyde so sehr abgemattet seyen, dass sie, soulogiert zu werden, anhalten; - dessnahen Unf. Gn. HHerren drungentlich bitten, dass Sie nicht allein in den abgesendeten Nachen, die Abschickung der allhero beorderten 4 Compagnien beschleunigen, sondern auch etliche erfahrne Officiere auf das Förderlichste ihnen zukommen lassen wollen, damit sie, auf erfolgende fernere Attaque, im Stande seyen, auszuhalten. – Ihrerseits habe man 11 Todte: Herrn Major Kilchsperger, Herrn Capitainlieutenant Hüni von Horgen (Vielleicht war derselbe in der Nähe des Finsterseesteges im Kampfe mit den heranrückenden Zugern gefallen, indem er mit 2 Wachtmeistern und 50 Mann, als mit dem Land wohl bekannt, auf Recognoscierung entsendet worden.) und Herrn Lieutenant Wunderli von Meilen, (welche alle sich tapfer aufgeführt und sehr betrauert werden) sammt 8 Soldaten; - Blessierte werden in circa 50 gezählt; darunter Herr Major Mattli und Herr Lieutenant Vogel, so sich ruhmlich verhalten. (So auch Herr Fähnrich Diezinger von Wädenschweil.) Ettliche Blessierte werden sie diesen Abend in den Spital nach Zürich abführen lassen. (Am Nachmittag des Schlachttages besuchte Herr Diacon Ulrich die Blessierten, so auf dem Gesellenhaus lagen, zum zweyten Mahl; – worunter ein Müller sich befand, welcher 11 Wunden empfangen hatte. {Anmerkung www.villmergerkriege.ch : Die Einquartierung dieser Verwundeten sind in der Spitalgeschichte Zürich vermerkt. Das Spital war im Prediger, heute ZB, die Verwundeten kamen aber in dessen Dependance, dem ehem. Kloster Ottenbach, heute Urania Parkhaus}) – Feindlicher Seits habe man bey der Bellen 29 todt gefunden; - wie viel deren bey Schönenberg, Hütten und an andern Orten liegen, hat man bisanhin keine Specification. – Von ihren Blessierten, deren vermuthlich eine starke Anzahl seyn soll, weiss man nichts. – Sie ersuchen, ihnen aufs Förderlichste 50 Flinten und 4 Kisten Pulver zukommen zu lassen. – Die Schwytzerischen Kriegsräthe auf der Schanze auf Itelmoos haben von Junker Major Escher die Auslieferung ihrer auf der Bellen liegenden Todten begehren, um solche auf den Gränzen bey der Lölismühle abholen zu lassen. – Sie dankten dem lieben Gott für den glücklichen Ausgang. (Sie können Unf. Gn. HHeren nicht unangezeigt lassen, dass beyde Reuter-Compagnien zu Abtreibung des Feindes auf der Bellen und auf Hütten ihr Bestes gethan, und das Meiste contribuiert. {so das Schreiben der Kriegsräthe des Wädenschweiler-Corps vom 22. Juli 1712.})

Der, in der Ungewissheit der Erneuerung eines feindlichen Einbruchs, so dringend verlangte Succurs blieb nicht aus. – Auf den Abend spät langten 300 Mann von Rüti an; und bey der Nacht 4 Compagnien von Zürich her (Die Compagnien der HHerren Major Hirzel, Hauptmann Hess im Lindenhof, Hauptmann Spöndli und Hauptmann Heidegger und mit ihnen 2 junge Feldprediger: Herr Exspectant Fries und Herr Heinrich Heidegger.)

Mit dem Treffen bey Hütten und auf der Bellen war indess der Krieg noch nicht beendigt, sondern es sollte derselbe 3 Tage später in einem noch weit grössern Kampfe bey Vilmergen entschieden werden. Vielleicht war es noch im Hinblick auf den zweyten Cappelerkrieg geschehen, dass das stärkste Zürcherische Armee-Corps nach dem Knonaueramte verlegt, sowie auch von den Bernern das jenseits der Reuss liegende Freyamt stark besetzt worden.

… (Berner gewinnen bei Villmergen, Zürcher erobern Gaster, Rapperswil etc.)

Inzwischen hatte seit dem 22. Julii an der Schwytzer-Gränze nicht nur keine ernste Beunruhigung mehr statt gefunden; - sondern es war im Gegentheil am 1. August auf dem Schloss Wädenschweil ein Waffenstillstand abgeschlossen worden, welchem zufolge das Schloss Pfäffikon, das Hurderfeld und die Schindellegi den Ständen Zürich und Bern eingeräumt, und am 2. August Herr Major Werdmüller, nach der Schindellegi zu marschieren, beauftragt wurde.(Herrn Major Joh. Conrad Werdmüller, 1660-1723, jüngster Sohn des Herrn Ratsherr, Obersten Feldhauptmann und Feldzeugmeisters Johann Georg Werdmüller diente von 1691-1694 als Cavallerie-Hauptmann in einem Würtembergischen Regimente in Savoyen, später [als trefflicher Ingenieur] als Aufseher bey dem Bau des neuen Rathhauses, auch als Instructor unserer Zürcherischen Cavallerie.)

…(Friedenschluss 11. August 1712)