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Im Mittelalter prägten meist hohe Steinmauern die militärischen Befestigungen. Befestigt wurden in der Regel bestimmte Orte der Herrschaft: Burgen und Städte. Die Landschaft blieb ungeschützt. Im 16. und 17. Jahrhundert wurden Kanonen mit immer grösserer Reichweite entwickelt, und französische Eisenkugeln hatten mehr Durchschlagskraft. Deshalb mussten die mittelalterlichen Stadtmauern durch breite Festungsringe aus mehreren Elementen (Bastionen, vorgelagerte Werke) ersetzt werden, um den Feind auf grössere Distanz zu halten. Auch die Massenproduktion verbesserter Gewehre zwang zu einer geometrischen Gestaltung der Befestigungsarchitektur, die sich an den Schusslinien orientierte. So entstanden spitze Formen, zwischen denen ein vorrückender Feind ins Kreuzfeuer genommen werden konnte. Die spitzen Winkel sollten auch die Standorte reduzieren, von denen aus eine Mauer oder ein Erdwall rechtwinklig beschossen werden konnte. Die verwinkelten und gestaffelten Mauerlinien boten im Inneren Schutz gegen alle Richtungen und sahen Rückzugsmöglichkeiten vor.
Mauerwerke umfassten meist massives Erdwerk, so wie auch die Erdwälle von Schanzen im Feld an den dünnsten Stellen eine Mindestdicke von 3.5 Metern hatten. Auch Feldlager von Armeen auf Kriegszug wurden nach diesen Prinzipien mit Schanzwerken und Palisaden geschützt. Das Wachstum der ländlichen Bevölkerung, die gestiegene Bedeutung von Nahrungsproduktion und Handels-wegen, sowie die Entwicklung neuer Kriegsstrategien zwangen dazu, die neue Befestigungskunst auch an allen kriegsstrategischen Punkten (Brücken, Wege, offene Grenzen etc.) einer Herrschaft anzuwenden. Eine Vielzahl von Schanzformen, meist mit französischen Bezeichnungen, stand zur Auswahl, um für die jeweilige topographische und strategische Situation die passende Lösung zu finden. So hat 1712 entlang der Südgrenze des zürcherischen Militär-Quartiers Wädenswil jede Schanz eine andere Form. Die mathematischen und zeichnerischen Anforderungen schufen einen neuen Berufsstand für Kartographie (die in ihren Anfängen rein militärischen Zwecken diente), Festungszeichnung und Artillerie (Berechnung der Flugbahn).
Der schrittweise Ersatz der Spiesse und Hellebarden durch Schusswaffen dauerte Jahrhunderte, auch weil es Pflicht des Soldaten war, selber seine eigene Waffe zu besorgen. Bern erfand sogar Bewaffnungsanforderungen als Heiratsbedingung. Im 17. Jahrhundert verbreiteten sich vor allem die grossen, schweren Musketen (der Musketiere), auch "Doppelhaken" genannt, weil der Schütze zum Zielen das schwere Gewehr auf einem Gabelständer abstützen musste. Das Schloss liess eine glühende Lunte auf die Pulverpfanne schnappen. Später waren es die Flinten (der Füsiliere), die ein sogenanntes Steinschloss hatten, wo ein Stück Feuerstein (Flintstone, pierre à fusil) beim Zuschnappen so kräftig an einem Eisenlöffel einen winzigen Eisenspan abtrennte, dass dieser glühend in die Pulverpfanne befördert wurde (in Bern erstmals ab 1653). Die Kampftaktik setzte weiterhin auf den Einsatz aller Waffengattungen mit Spiessen (Schutz vor der Kavallerie), Hellebarden (Nahkampf), Musketen (Distanzschuss) und Flinten (schnelles Nachladen). 1695 kaufte Zürich die letzten 50 Hellebarden als Zeughausreserve. Im ersten Villmergerkrieg erlitt Bern u.a. deshalb eine Niederlage, weil es zu früh den breiten Einsatz von Spiessen und Hellebarden reduziert hatte. Später wurden zunächst sogenannte Spundbajonette in den Gewehrlauf gesteckt (Zürich erstmals 1681), anfangs noch ohne Parier-stange. Die handlicheren Flinten eigneten sich besser als die schweren Musketen. 1689 schlugen die schottischen Highlander mit Schwert und Schild die Engländer, weil diese nicht genug Zeit fanden, die Spundbajonette aufzusetzen. Mit aufgesetztem Tüllenbajonett (erfunden 1687, verwendet in Bern/Zürich ab 1706) konnte trotzdem weitergeschossen werden.
Nach Leo Weisz, "Die Werdmüller": Ab dem 14. Jh. hatten die Eidgenossen zur Ablösung der ritterlichen Tradition beigetragen. Die eidg. Schlachtordnung war auch Marschordnung. Der Gewalthaufen hatte in der Tiefe 20 Glieder mit Helle-barden und Spiessen an den Flanken und wirkte erfolgreich als geschlossene Masse. Die Vorhut hatte Bogenschützen, zahlreiche Spiesse und einige Helle-barden. Die Nachhut deckte den Tross. Die Infanterietaktik wirkte mittels elementaren Bewegungen. Die Entwicklung der Feuerwaffen im 16. Jh. änderte die Kampfweise. Die Koordi-nation von Musketen und Spiessen war schwierig. Dieses Problem wurde zu Beginn des 17. Jh. durch die spanische Ordnung gelöst (Spiesse innen, Schützen aussen, weniger grosse Kampfeinheiten). Für die unterdotierten Holländer entwickelte Moritz von Oranien eine möglichst breite, durchmischte Aufstellung mit wenig Tiefe, wobei die Schützen weniger eng standen und zum Nachladen nach hinten rotierten, was zu ununterbrochenem Gewehrfeuer führte. Die Reiter wurden Musketiere und legten die Lanzen ab. Die Anzahl verschiedener Kaliber wurde bei der Artillerie reduziert. Aus der Antike wurde die innere Disziplin übernommen, sowie das Exerzieren für den Truppenzusammenhalt, was anspruchsvollere Bewegungen erlaubte. Die Zahl der Befehlshaber wurde stark erhöht.
Der Oranier wird deshalb als Schöpfer des Offiziersstands verstanden. Sogar die Schanzarbeit als zusätzliche taktische Fertigkeit konnte nun von Truppen verlangt werden, was andernorts als entehrende Zumutung abgelehnt wurde. Im 30jährigen Krieg (1618-1648) setzte Wallenstein (kath., kaiserlich deutsche Truppen) auf die spanische Ordnung, während Gustav Adolf (prot., schwed.) auf die neue hol-ländische Ordonnanz setzte und sie weiter entwickelte, strategisch grosszügiger, mit besseren und leichteren Waffen und Rüstung. Die Geschütze wurden aber grösser. Eine neue Fechtweise der Kavallerie diente einem schockartigen Effekt. Neue humane Grundsätze stellten die Ehrenhaftigkeit des Soldaten in den Vordergrund. Bewohner eroberter Gebiete wurden sogleich schwedische Untertanen. Der bisherige Usus, dass der Soldat sich selbst vor Ort verpflegte, wurde neu durch eine organisierte Verpflegung abgelöst, was Plünderungen vermeiden sollte. Damit war ein Grundstein für die späteren, stehenden Heere gelegt, aber auch für die Notwendigkeit eines geordneten Kriegshaushalts.