Chronologisch sortierte Zusammenfassung von Dr. G.J.Peters "Zur Geschichte des zürcher. Wehrwesens im 17. Jahrhundert."
Zürich 1907, Schultheiss & Co.
Hauptthemen:
- Bestand, Bewaffnung und Formation der zürcherischen Fusstruppen,
bis zum Sieg der Feuerwaffe über Spiess und Hellebarde
- Einteilung des Kantons in Militärquartiere (1624-1713)
- Alarmierungssystem des 17.Jh. (Hochwachten)
Bemerkung des Redaktors: Zunehmend angetan von der alten Sprache und Orthographie in den historischen Zitaten, bin ich dazu übergegangen, wenn immer möglich die Geschichte mit den Formulierungen der Originalquellen zu erzählen. Ausserdem habe ich aus den Detaildaten die zum Wädenswilerquartier gehörenden Angaben aufgeführt.
1529 "Anno Dommini 1529 haben myn herren von Zürich all ir
manschften in Statt und land
zellen laszen und und damalen nit mehr funden dan 13'000 und 12 man" (vor
Kappelerkriegen)
1546 Karte von Stumpf
1566 Karte von Murer. "eigentliche und grundliche verzeichnusz der stetten, graffschafften…
...so einer loblichen statt Zürich zugehörig sind"
1584-86 zur allgemeinen Musterung finden sich 15'272 Wehrmänner
ein (16 - 70 jährig!, inkl. eigentlich Untaugliche)
Ein Drittel davon war für Angriffskriege im "Stadtfähnli" (1500, Vorhut) bzw.
im Stadtbanner (4000, Gewalthaufen) eingeschrieben. Rekrutiert zu Abteilungen
mit 300 Mann aus "Grafschaften", "Herrschaften", "Aemtern" und "Zünften".
Nach der raschen Zunahme der Feuerwaffen hatte man festgestell, dass "an
schützen der gröste mangel und feller" bestand.
1585 "Schützenmandat" zur Hebung des Schiesswesens
(Zielschiessen). Mindestens an 6 Tagen musste man jährlich auf der
"Zillstatt" unter Leitung des Schützenmeisters das Schiessen üben. Zum
Zielschüssen sollten nur Reissbüchsen "...mit schnapperschloss, uff dass ein
angezündter Strick, der von einem frygen lebendigen führ, auffgesteckt wirt"
zugelassen werden. "zündmendli mit führstein" waren verboten, u.a. wegen "wind-,regens-
und sonst ungewitterzythen".
1590 "Blattenordnung" regelt für die Jungmannschaft das sogenannte "Tätschenschiessen" (Armbrust), bei dem es meist Zinnschüsseln ("Blatten") zu gewinnen gab.
1599 Gründung zusätzliches neues Korps aus vier "Freifähnli" zu
je 300 Mann. (13 aus Wädenswil, 10 aus Richterswil)
=> Total regulärer Auszug: 6700 Mann, wovon das Verhältnis der
Fusstruppenbestandteile wiefolgt war:
2/3 Spiessträger, "Piquenierer" (mit Harnisch, Bein- und Armschienen,
"Beggelhauben")
und "Hellebardierer (kurze Wehren)" (nur Kopfschutz)
1/3 Musketierer (Schützen) mit "Reisbüchse" oder "Haggen", Seitenwehr (Degen, Schwert oder Säbel) und Privatkleider
ansonsten: Spielleute, "Befehlshaber", Vereinzelte mit langen Schlachtschwertern
und "..persohnen so by den thoren, uff den thürn, rotthus und uff den gaszen.."
1604 Ein neuer Mannschaftsrodel dokumentiert Marsch- und Schlachtordnungen (Tiefe/Breite der Reihen, Abfolge der Waffengattungen). Die Idee von Lärmenplätzen taucht erstmals auf, ohne konkrete Umsetzung. Es geht darum, wo man sich bei unvermutetem feindlichen Einfall besammeln solle. „wo und an wellichen orten man inn jeder Vogty und Ambt am komlichsten und sicheristen zusamen khommen möchte“.
1608 neues Schützenmandat
- verlangt von den Schützen,dass "mit pulverfläschen oder
bandolieren ordenlich versehen" und dass die Kugeln, die von den
Schützen selbst in Formen gegossen wurden, mindestens 2 Lot schwer sein
sollen.
- Hakenbüchsen (auch Doppelhaken oder haquebuses genannt) werden zugelassen.
Waren urspr. Handkanonen, hatten höhere
Durchschlagskraft, grössere Treffsicherheit, wurden bei grösserer Zieldistanz
(250 statt 200 m) beübt und waren aber schwerer.
Zum Zweck des Auflegens auf die Brüstung von Mauern war diese Waffe mit Haken
versehen, die den Rückschlag verhindern
sollten. Im freien Feld wurde der Haken auf eine Gabel gelegt.
1616 Rat von Bern rechnet mit einem Krieg mit den V Orten und dem Abte von St.Gallen und lässt den Staatsingenieur Valentin Friedrich vertraulich auskundschaften, "wie man beide Stett Luzern und Zug uff ein zyth verschantzen und belegeren und sich mit Zürich konjugieren möcht". Reist zusammen mit dem Zürcher Ratsherrn Hans Heinrich Thumysen nach Bremgarten, der Reuss entlang, dann nach Cham, Zug und über Kappel an die Sihlbrugg und weiterhin der Grenze gegen Schwyz folgend bis gegen Rapperswil hin. Die Berichterstattung der Exploration wichtiger militärischer Punkte resultiert in einem "grundverzeichnuss" und Projektvorschlägen zum gemeinsamen Vorgehen von Zürich und Bern zur Eroberung von Bremgarten, Mellingen und Hohen-Baarburg (mit Anlegen von Redouten) sowie danach von Zug und Luzern. ("Conjunctionsgeschäft der beiden Stetten")
1617 Der Zürcher Rat spendet Schützengaben und ermahnt die Vogteien Schiessstände und Schützenhäuser auch finanziell zu fördern, was "nur billig" sei, "alsz inen söllichs im fahl der noth zu mehrerem schirm dienet".
1618 Ein Dokument "Etat" zu 70 Seiten mit allen Rottmeistern
ist erhalten.
Taktische Einheit = "Fähnchen" à 300 Mann zu 9 Rotten à 33 Mann.
Gesamter Auszug umfasst 26 Fähnchen (ca. 7800 Mann), wovon 1 Fähnchen aus
Quartier Wädenswil. (3 Rotten aus Wädenswil, 2 aus Horgen, 1 Zürich, 1 Thalwil,
1 Wollishofen-Enge, 1 Wiedikon. d.h. die Stadt musste dem Quartier Wädenswil
fehlende Rotten zuführen).
Zusätzlich 5000 Mann (153 Rotten) "nicht ausgezogene Mannschaft"
(Reservetruppen, weniger leistungsfähig) zur Sicherung des Landes gegen
"unversehenen überfahl". (Wädenswil ca. 500 Mann).
Die Durcheinanderwürfelung von Truppenkontigenten aus ganz verschiedenen
Landesteilen ergab sich auch aus der Anlehnung der militärischen Einteilung des
Kantons an die alten Herrschaftsverhältnisse mit "Amptshauptleuten", deren
Wahlrecht zum Teil den alten Herrschaften zukam - teils zusammen mit dem
Ernennungsrecht von Offizieren. Die Rücksicht auf alte Herrschaftsverhältnisse
gab nun Anlass zu Bedenken.
1619 Der Ausbruch des 30-jährigen Krieges verlangt eine
Reorganisation der zürcherischen Fusstruppen zur Ermöglichung einer schnelleren
Mobilisation, auch weil sich die Spannungen zwischen Katholiken (V Orte und Abt
St.Gallen) und Reformierten (Bern, Zürich) in der Eidgenossenschaft
verschärften. In Umsetzung des "Conjunctionsgeschäfts" (s. 1616) beauftragt der
Rat von Zürich für das Rekognoszieren der Terrainverhältnisse in der Grenzzone
(inkl. angrenzender Orte) "Ober-Archelygherr" (Artillerie-Oberst) Adrian
Ziegler, die Stadtingenieure Hans Haller und Hans Jakob Bürkli und ernennt neu
sechs sogenannte Quartiermeister worunter auch den 22 jährigen Hans Konrad Gyger
mit früher Neigung für Mathematik, Feldmesskunst und Malerei. Es ging um
Vorarbeiten für eine Generalstabskarte. Alle sechs Ingenieure hatten "Grenzen,
Pässe, Fähren, Landstrassen und was dergleichen" zu verzeichnen und
"aufzureissen", dabei sich für Hilfsarbeiten "nach tauglichen verschwiegenen
Leuten" umzusehen. Christoph Nüscheler war dabei zuständig für das Gebiet
zwischen Zürichsee und Sihl bis zur Rapperswiler Brücke und von Hirzel "hinter
sich bis gegen Einsiedeln".
Zusätzlich wurden Adrian Ziegler, Hans Haller und HJ. Bürkli aktiv auch
innerhalb der Grenzzonen aufzunehmen: "derselbigen örther und päsz uffzuryssen,
derselbigen Landtstrassen, steg, wäg, flüsz, fahr, möszer, sümpf, büchel,
hinderzüg, uff das best möglich warzenemmen und ze verzeichnen und so
möglich die nothwendigsten orth gar in grund zeleggen". Danach ging es darum,
das Land zu "bevestenen und gegen den fynt wehrhaft zemachen, mit Batterien,
Wällen, Schanzen, Brustwehren, Laufgräben, Streichwehren, verborgenen Wachten"
und wo "im fahl der noth auch wüzsten ze retirieren".
Erstmals sind erste Lärmenplätze erwähnt (s.o.1604) und dass Schiffe
verschiedenenorts am Zürichsee bereit zu halten sind.
über die Kriegsschiffe auf dem Zürichesee siehe hier:
Kriegsschiffe auf dem Zürichsee
1620 Der Zürcher Rat erhält eine Militärkarte "Karte von Gyger
und Haller" der Nordostschweiz (Leinwand, 150X272, ca 1:52000) mit
Kartenerläuterungen und dazu später die als "Hallersches Defensional" bekannten
Vorschläge zur Organisation des zürcherischen Heeres und formulierte Ziele einer
Zürcherischen Politik.
Die Karte war in der Terrainzeichnung flüchtig enthielt aber genaue Zeichnung
der geplanten Verschanzungen sowie der Berge, die zur Vergebung von Alarmzeichen
bestimmt wurden. ("..wie sömliche in Kriegsgfahren in ein corpus zesamen
zebringen, gegen allem fyenttlichen Gewalt zu fortificieren, in geschwinder
gfahr ufzewecken...".)
Von der Karte wurde eine Kopie aus 12 Blättern 58x45 erstellt, mit der
Aufschrift: "Landttafel von Ingenieur geiger. Nach Hallers Defensional
eingerichtet in 12 Tabellen. Kopiert von Ingenieur Johannes Müller".
Die wesentlichen Reorganisations-Vorschläge waren
- die Einteilung der Landschaft in 8, noch nicht näher definierte
Militärquartiere, zu je 27 Rotten (1000 Mann) und
- die Alarmierung durch Einrichten von Hochwachten zum schnellen Aufbieten der
Mannschaft: "dasz volck durch besondere
Zeichen uff den höchsten Bergen alles in zwey oder drey Stunden uffwekhen und
in die wehr bringen möge...
***) über die Signale der Hochwachten, siehe hier: >>>> ***) Umsortierte
Abschrift von Seiten 48-65, mit Zwischentiteln
In der Herrschaft Wädenswil sind Schanzen anzulegen auf dem Esel oberhalb
Richterswil, auf der Bellen und auf Fellmis beim Hüttersee." Als Hochwacht ist
formuliert: "C. Auf Laubegg (Spitzen, Hütten)."
Weiter wurde vorgeschlagen "frömbd volk um den sold zu dingen...und obschon von frömdem ein anzal drufgeht, hat man doch keine sorg, dasz inen iemand nachschrye, und eine ersame oberkeit inen wyb und kind erzüchen müszte". Der eine Teil des geworbenen Volkes solle man in das Tal zwischen Sihlbrugg und Horgerberg bis gegen den Baarerboden legen - so der Vorschlag. Viele der forschen Vorschläge zur Unterwerfung der ganzen Nordostschweiz wurden nicht beherzigt und Zürich damit auch nicht in den Strudel des 30 jährigen Krieges gezogen. Die dabei angedachte gute Zusammenarbeit von Zürich und Bern, aber sollte erst mit dem 2. Villmergerkrieg (1712) Früchte tragen.
1621 Haller stirbt und kann sein Projekt der neuen Quartiereinteilung nicht mehr vollenden
1622 Der Rat beschliesst die energische Umsetzung des
Hallerschen Defensionals, nimmt Oberst Schavalizki in Bestallung, um bei Bedarf
„wolgeübtes Kriegsvolkes zu Fusz..auch..zu Pferd“ anzuwerben und Tips für die
Neuorganisation zu geben.(bis ca. 1634).
Eine Anzahl Bürger ersucht den Rat um Erlaubnis, „sich in der Kriegsübung zu
Pferd anführen lassen dürften“. Der Rat erlaubt dies an 2 Wochentagen, aber ohne
Sonntag „zu verhütung von ergernusz rüwig syn söllind“. Ansonst blieb der Rat
aber passiv. Stattdessen war Oberst Schavalitzki verpflichtet fremde Kavalarie
in Sold zu nehmen.
1623 Zürich und Bern vereinbaren die Hochwacht-Signale, um sich
bei feindlichem Angriff der V Orte zur Hilfe zu rufen.
Der Auftrag ergeht an die Quartiere, "Lermenplätz" zu bestimmen: "myner Herren
Landtschafft etliche kombliche Lermenplätz, da man sich uff einen gechen
fygentlichen Inbruch zusammen thun sölte", sowie auf welche Sammelplätze oder
Retiraden man sich zurückziehen und daselbst verschanzen könnte. Weiter wurden
bis auf jeden Hof die Mannschaften bestimmt und den Lärmenplätzen zugeordnet.
1624 Die "Sturmordnung" steht. Darin sind nebst den Militärquartieren, auch für die Grenzen Schildwachen, für die Dörfer die Dorfwachten und für das ganze Land die Hochwachten bestellt. Die eigentliche Sturmordnung beschreibt die Alarmierung des Landes im Kriegsfalle. Oberst Hans Jakob Steiner verhilft im Zürcher Rat dem Hallerschen Gedanken von der Quartierordnung zum Durchbruch in dem er mit der Militärkommission die praktikable Detaillierung mit 10 Quartieren umsetzte. Der Rat erlässt "Lärmenplatz-Ordnungen" mit quartierspezifischen Truppenalarmierungen, Waffeninspektionen, Offizieren und Kontigenten pro Lärmenplatz. Hauptlärmenplatz (Quartiersammelplatz) im Wädenswilerquartier: beim Schloss Wädenswil. Hier wurden die Fähnchen noch nach der Ordnung von 1618 gebildet. Zugeordnet pro Hauptlärmenplatz mehrere Hauptwachten (später Nebensammelplätze) für nicht ausgezogene Mannschaften bei den jeweiligen grösseren Ortschaften.
Richtenschwil: Sternenwacht (Kalt[ch]bühl,Spett[ck]i,Sternen],
Bällenwacht(Lö[c]hli,Unter-/Ober-Wäber-Rüti,Bällen), Hüttenwacht
(Blegi,Bergli,Halden,Dorff Hütten,Vorder-/Hinter-Langenmoos), Finstersee-oder
Ober-Schönenberg-wacht(Unter-Kneus,Vorder-
Haslaub),Hirzelwacht(Sihlmatt,Ober-Bruderhaus,Hohlgrub,Mettel,Klaimoos,in der
Klus bis zur Sihlbrugg)
Unterstützung für Finsterseebrugg aus Wädenswil,Unter-Schönenberg; f. Sihlbrugg
(aus Horgen,Oberrieden,Thalwil,Rüschlikon)
Die Alarmierung folgte der "Sturm- und glöuffs"-Ordnung. Beim Sturmzeichen wurde der Glockenklöppel einseitig angeschlagen: "wann Je Zwüschent Zweyen streichen stillgehalten wirt, so soll sich jedermann, was desz alters Ist, dem fygend zu widerstahn, alsbald gefasst machen, mit wehr und waaffen, dieselben ufm tisch halten und sehen das an chrut und lot kein mangel syge; wer nit 6 klaffter luntten, ein pfund pulfer und 36 kugeln hat, der soll alsbald sehen, das ers bekhomme... Geschechen aber der Gloggenstreich dryg, ehe man ufhört, so soll man sich alsbald uff dem Lermenplatz verfügen. Thete man aber allwegen vier streich nach einanderen, ehe man ein wenig ufhörte, so bedütet es, dasz der fygent Inns Landt gfallen. Wann man aber schlachten thut oder sonst angriff und treffen geschechend, wirt man allzyt durch Statt und Landt den Lermenstreich ohne ufhören lassen schlachen."
1626 Gescheiterter Versuch den Rat zu überzeugen, eine Kavalerie zu gründen „in der Consideration, dasz einheimischen völkeren mehr zu trauwen als frömbden“, weil die Infanterie in Reorganisation war und wegen der Kosten der Neubefestigung der Stadt.
1627-31 Truppenmusterung ergibt, „das der mehrer teil der landlüthen eben schlechtlich und mit unnüzen wehren versechen“
Verzeichnisse aller Truppen(einteilungen) (Infanterie) werden
erstellt, Stärkung der Quartierhauptleute
Die „tugentlichste“ Mannschaften (16-50 jährig) totalisieren sich auf 15800
(ohne Schanzengräber und Schützenkompagnien).
1629 Ober Hans Georg von Peblis wird als Berater für die Militärorganisation in Sold genommen
1630 Ein Befund der Truppen ergibt: „…gesunde starke
mannschafft…aber sie seind in waaffen gar iebel unterrichtet und wenn einer aus
allen diesen zehen tausend ein tausend sollt auslesen, die ihr gewehr
mittelmässig könnten gebrauchen, sonderlich Musketierer, wird er wol zu schaffen
haben, sie zu finden. Ist auch gewisz, wer neben ihnen stellte, wie sie itzend
seind, wurde nicht ein geringe gfahr sein, von ihnen selbst ein stosz zu
bekommen, als von veindt“. Man nahm an, dass das wegen der kurzen
Instruktionszeit (6 halbe Tage im Jahr) so war und, dass man zu viel Zeit
verliere mit „Iebungen, die doch nimmer mehr fir dem feindt kenen gebraucht
werden, ..„ (stattdessen würde).. “wie mit den evolutionen und contremarchen,
..“ (…debattiert..) “…welches stick am allerschwäresten under allen“.
Oberst Peblis wird beauftragt eine „ordnung der üebungen in wehr und waafen“
auszuarbeiten, „wegen exercierung und abrichtung myner gnedigen Herren volks zu
Statt und Land“. 1 Kompagnie (Fähnlein) = 80 Musketiere, 80 Piquenierer, 20
Halebardierer, 2 Spielleute, 1 Balbierer (http://de.wikisource.org/wiki/Eygentliche_Beschreibung_Aller_St%C3%A4nde_auff_Erden:Der_Balbierer)
, 9 Befehlshaber und der „Trosz“ = 200 Mann. Hauptteil des Reglements: Marsch-
und Gefechtsordnungen. „Fürs erste soll man sich befleiszen einen gueten,
gleichen Schritt zu marschieren; darzu hilft mächtig viel, wenn die
Trommelschlacher ein gleichen Streich führen und in ihrem Schlagen wol
taktieren, welches aber bei unsern Trommelschlachern übel zu wegen bringen; dann
dieser Schlag hat wenig musikalischen Takt, darauf sich andere Nationen sehr
befleiszen, umb ihrem Volck die Marsche desto leichter zu machen; man mag sie
anstellen, so gut man kann.“ Die Gefechtsordnung war die holländisch/schwedische
mit vielen Zwischenräumen für das rotierende Vorrücken der hinteren Linien, dies
im Gegensatz zu den massierten Gewalthaufen der Spanier, Kaiserlichen und der
Eidgenossen bisher. Danach erstellten die Quartierhauptleute „Ordnungen der
üebung in wehren und waafen“. Die eifrige Einübung beginnt, unterbrochen vom
„grosze sterbent“ (die Pest).
1631 Oberst Peblis in allen Quartieren unterwegs, inspiziert und treibt unermüdlich zum häufigen Exerzieren an. Gleichzeit rät Peblis „als Instrument der Kriegspartei“ den Rat zu „geworben Volk“, weil er in der Landschaft sah, wie langsam Fortschritte zu erreichen sind, weil die schwedischen Heere immer näher rückten und weil die Kriegspartei den Religionskrieg auch hier zum Ausbruch bringen wollte. Letzteres gelang zum Glück nicht.
1633 Die 4 evangelischen Städte ersetzen die 1623 vereinbarten Hochwacht-Signale durch Posten zu Pferd und zu Fuss „..Diewil aber solche wegen regenwetters, ynfahlender neblen, durch die nacht und die ungefährde erschlafung der wachten ganz ungewüsz, gestalten da eins dem anderen, sowohl feuerzeichen alsz loszschütz nit fleiszig respondieren thuet, ein grosze und schädliche konfusion leichtlich darusz entstehen mag; insonderheit, wenn etwa durch verwahrloszung ein zeichen angezündt oder aber ein schutz gehen wurde..“
1635 Die Friedenspartei gewinnt im Rat die Überhand und Peblis wird durch Oberst Hans Kaspar Schmid „als Inspektor der Lermenplätze“ ersetzt. Hans Hartmann Lavater, der ihm in diesem Amt folgen wird, beginnt mit Inspektionen und findet die neuen Reglemente nicht umgesetzt, sondern stattdessen grosse Disziplinslosigkeit. „..von ungehorsammen, uf- und abweiszeren und schimpfbuben wider oberkeitliche ordnung…nit nur vil geschosz verrostet und verdorben…schöne reiszmuszqueten us dem land kommen…hand etliche glachet, mit antwort: Wann M.G.H.Kriegen wöllend, söllend sy usz ihrem Züghusz ihnen gwer mit Krut, lod und lunden, oder sy daheimen laszen; dagegen alles vertruncken“. Rat verordnet Teilnahmepflicht an mind 6 von 16 sonntäglichen Schiesstagen.
1643 Neuauflagen von Quartierordnungen ohne wesentliche militärische Reorganisationen, mit Ausnahme, dass neu pro Quartier mehrere Sammelplätze gelten. Quartier- und Hochwachtenkarte von Hans Konrad Gyger, 54.5 X 41.5
1644 Die Entscheidung von 1633 (s.o) wird wieder auf die Anwendung von Feuerzeichen (s.o. 1623) geändert. Hauptmann Hans Hartmann Lavater veröffentlicht das Kriegsbüchlein „..Fortificieren und Vestnen…Kriegs-Aktionen und Thätlichkeiten…Anleitung und übung allerhand Wehr und Waaffen…Zug- und Schlachtordnungen zu Rosz und Fusz“. Vieles auch wörtlich gemäss Peblis.
Hans Konrad Werdmüller wird mit der Gründung einer Kavalerie beauftragt. Im Herbst steht sie, mit ca. 1000 Reitern in 11 Komp.
1645 Werdmüller erstellt mit dem Kriegsrat und den Quartierhauptleuten eine „Reiterordnung“.
1652 Werdüller berichtet über Übungsmängel in Infanterie und
Kavalerie, „wan nit ohn underlasz by Jungen und Alten das Exercieren…wer mag
wüssen, wie lang wir friden haben mögend; dan der Antichrist fyret nit, allerley
unruhen und Neuwerungen anzestiften“. Er empfiehlt kürzer aber lebhafter zu
üben, ansonsten Trägheit „eingewöhnt, gleichsam in Natur verwandelt“.
Ausserdem wird der Geistlichkeit Mitverantwortung vorgeworfen, da sie die
Sonntagsübungen als Sabathschändung sahen.
Werdmüller preist stattdessen die Übungen (nach dem Gottestdienst): „..besser,
dan man sonsten sich mit anderen schlüffwinkelsünden in mehrerem tun, mit
suffen, spillen und unzüchtigkeit sich versündige“. Seine
Verbesserungsvorschläge nennt man fortan „Projekt Werdmüller“. Unter anderem
sollen die Kompagnien von 200 auf 150 Mann reduziert werden.
Die schweren Doppelhaken sollen durch die leichteren Feuerrohre (Fusils) ersetzt
werden, die vom Zeughaus angeschafft
und „zu äusserstem Preise“ an die Musketiere abgegeben werden.
1653 Bauernkrieg, Generäle Hans Konrad Werdmüller (eidg.,zürcher.), Erlach(Bern). Nun werden Werdmüller’s Vorschläge (1652) beschleunigt, hilfreich waren auch Werdmüllers Umsicht als Heerführer im Bauernkrieg und seine milde, versöhnliche Gesinnung als Politiker. Sein Vetter, Rudolf Werdmüller betreibt aber ehrgeizig seine Verdrängung aus dem Kriegsrat.
1656 Unglücklicher erster Villmergerkrieg (auch Rapperswilerkrieg), der den Vereinbarungen der evangelischen Orte direkt zuwiderlief, u.a. erfolglose Belagerung Rapperswils während 7 Wochen unter General Hans Rudolf Werdmüller, was auch zum Racheüberfall bei Hütten führte.
Hans Konrad Werdmüller wird rehabilitiert, sein 1652er Projekt wird weiter geführt und Hans Rudolf Werdmüller gebüsst.
Die Einführung des Bajonetts (in Frankreich um 1640 eingeführt) wird erstmals angedacht, verlangt aber erst die Förderung der leichteren Gewehre. (Die Einführung des Bajonetts brauchte über 30 Jahre, weil weiterhin neue Gewehre vom Füsilier selbst gekauft werden mussten)
1659 Die Generäle des Bauernkrieges Werdmüller/Erlach erneuern
und detaillieren das „Konjunktionsgeschäft“ von 1623,1633,1644.
Auch mit Glarus wird gegenseitige Hilfe mit Alarmierung via Hochwachten
vereinbart (Bachtel, Bilten, Orn)
1644,59-60 Zehn Spezialkarten pro Militärquartier werden von Hans
Conrad Gyger erstellt, mit Hilfe Weiterer vor Ort werden dazu erweiterte
Quartierbeschreibungen erstellt, dazu im Wädenswilerquartier (inkl. Thalwil,
Horgen, Richterswil + Uetikon):
- Hochwacht: "auf dem Zimmerberg (T) Laubegg, 'unweit der Landtstrasz, so von
Horgen nach Zug gaht". Auch „Zimberberg“
- „…der Lermenplatz ist bei der alten Burg Wädeschwil. Hat drey
Hauptwachen, die 1. zu Richteschwil und bewacht daselbst die Schwytzer-Grentzen
und den Zürich-See mit einem Groszen, sambt etlich kleinen Schifflenen die 2.
Ist uff dem Hirtzel, die 3. zu Horgen, mit glychem befelch, dasz die ander die
grentzen am Horgen berg und die Sillbrugg, die dritte aber den See mit wachten
zu Wasser und Land bestelle.“
- 4 Mannschaftssammelplätze
"1. Der alte schon vor langest gezeigete Sammelplatz by dem alten Schlosz
Wädischwyl, genannt auff Obersmatt
(„…sie söllend ein wacht haben zu Müllinen und verwahren, wo ein feind mit
Schiffen anländen und
unglägenheit machen wollte…haben ihre Rettiraden nach Wädischwyl,
entlich in die Auw“
2. Die Höchi auff der Laubegg, ob der Bällen, nebent dem Hütter-See., alwo sy
gern ein Kirchen hettend,
anstatt der alten, von dem feind verderbten, so zu Hütten gestanden. "
("....auff der Laubegg, söllind sich versammeln die Mannschafft in dem
ganzten Wädischwyler und Richtischwylerberg.
Die habend an Manschafft ohngefahr zu Fusz 350, zu Rosz 60. Disze söllend
ein wachtbar aug haben auff dem ganzten
Wädischwyler und Richtenschwyllerberg, wie dan ihr Sammelplatz gelichsamm
eine Hochwacht ist. Sonderlich aber söllend
sy achtung geben auff die Bruggen und Stäg über die Sil, als den Hütter-
und Finsterseer-Stäg…haben ihre Retiraden uff
dem Hirtzel oder Herlisperg…“)
3. Die Höchi nechst ob der Kirchen uff dem Hirtzel"
(„…Die haben zu verwahren den pasz von Zug über die Silbruggen zu
Babenwag – jedoch söllend sy en nothwendige
gnugsamme wacht by der Bruggen halten laszen
4. Unden an dem Forst, by den Hüszeren zu Gatticken, nebent dem weyer
daselbsten“ („ Dahin dient Dalwil und Rüschliken..“)
1660 „Ordonnanz“en „..betreff. Einrichtung und Bedienung der Hochwachten“ und „..für die Hochwachten der Statt und Landtschafft Zürich“. Das Hochwachtsystem wird mit weiteren Wachten auf niedrigerer Höhe, aber weitem Gesichtsfeld ergänzt (zum Beispiel in Thalwil und Kilchberg als Ergänzung zum Albisberg).
1664 Wigoltiner Handel / der grosse Hochwachten Fehlalarm,
infolge eines versehentlich in Brand geratenes Wachthauses in Menzingen („durch
verwahrloszung“), der zu einer kantonsweiten Alarmierung und der Besetzung aller
Zürcher Grenzen führte.
"...Bericht aus Wädenswil vom 22.August (altes Datum) morgens 9 Uhr, von
Johannes Werdmüller: 'disz beschicht E.G.u.W.zu berichten, dasz wir disze nacht
den Lermen alhier gehabt, da unsere Hochwacht (auf Laubegg) uns angemelt, dasz
der feind ohne zweiffel Cappell angriffe, willen sy aldort mit stucken und
Musqueten eine halbe Stund lang albereit zuesammen geschoszen und aller ohrten
unsers und ihres gebiets gestürmt"
1667 Gyger präsentiert nach Jahrzehnten der Arbeit die grosse
Tafel des Kantons Zürich (heute im Staatsarchiv Kanton Zürich)
Hochwachten werden entweder mit Wachthäuschen oder Harzstud dargestellt
1674 Gyger stirbt als grösster Schweizer Kartograph vor dem 19.Jh., von ihm sind noch 40 Landkarten erhalten.
1676 Neue Feuergefechtsordnung für möglichst ununterbrochenes
Feuern. Neu 1 Kompagnie = 220 Mann (gem. Eidg. Defensionale)
Neu sind die Gemeinden verpflichtet, für Pulver, Lunten und Kugeln Vorrat zu
halten.
1677 Erste Quartiere führen nur noch Feuerwaffen (Ende der Spiesse und Hellebarden)
1683 Visitation der Hochwachten (wegen Glarner Landesstreit) ergibt, dass die meisten Hochwachten nur mehr eine Harzpfanne für das Geben von Feuerzeichen führten. Aufrichtung von neuen Hochwachten auf „Gysenrüti“ (sichtbar wäre von da auch die Hochwacht.. „..Schwösterrey…wegen zweyen in gleicher gsichtlinien stehender bäumen, ohngefahr 100 Schritt vor der Stud, aber solche dismahlen nicht gesehen werden kann.“ und auf „Schlosz Wedischwyl“ („…weil keine andere gelegenheit eine Schyben zuordnen, umb ander Hochwachten zusehen, abgezeichnet in der Oberen Schütti, auff einer beigen Stein, so gegen der Statt sihet, von welcher man sihet die Hochwacht auff dem Uettliberg und Lägerberg. – Auff der anderen, gegem See hinab, auch under einem fenster, kann man sehen und sind verzeichnet die Hochwachten: 1.Pfannen Still, 2.Orn, 3.Schwöster-Rey.“
1689 Visitation der Hochwachten („…Uff Hauwert oder Zimmberg…Uff Giszen-Rüthi….Uff dem Schlosz Wedischwyl…“)
1690 Auf jeder Zürcherischen Hochwacht müssen Tag und Nacht 8 Wächter im Einsatz sein
1697 erste zaghafte Uniformierungsversuche, beginnend mit „…patrontäschen, bajonette…Casaques und rechten Hüten..“
1695 Erneuerter Hochwacht-Alarmierungsverbund mit Glarus, das seinerseits mit Bünden(„Pündten“) via Flescherberg vernetzt war
1702 Die 8 Wächter pro Hochwacht werden auf 4 reduziert (September) und danach ganz abgestellt (November).
1703 Ordonnanz für die Hochwachten („…Hartzpfannen, Bächkräntz, Hartzgrüben…dürres Holtz..Tannkrysz..allerley Studen…“)
1707 Um das Bajonett erfolgreicher auszubreiten beschliesst der Rat „in durchgehend bekahnter hochoberkeitlicher Milthätigkeit denjenigen nit wol bemittleten lüthen, die mit 2-lötigen löuffen versehen“ auf Staatskosten Feuersteinschlösser an ihre Läufe montieren zu lassen…“sonderheitlich aber so genannte Catholische ohrte auf das beste damit versehen, hingegen der gröszte Theil M. G. H, Mannschafft derselben annach mangeln und bey begebenden anlas… ein Corps ohne bajonetten gegen einem anderen mit bajonetten kümmerlich substituieren möchte.“
1712 In Wädenswil kommen auf 1883 Füsiliere noch 216 Hellebardiere und keine Spiessträger. Nach dem Toggenburgerkrieg (auch 12er Krieg oder zweiter Villmergerkrieg) wird die Kompagniegrösse von 200 hinterfragt (wegen Beweglichkeit und Verpflegung).
1713 Von den 23652 Mann des Kantons stammen aus dem
Wädenswilerquartier 1000 und aus dem Horgener Quartier 1132 Mann
in Kompagnien zu 100 Mann. Das Exerzierregelment kann nun wegen einheitlicherer
Bewaffnung vereinfacht werden.