Kampftaktik |
zum
Drill zur Erwerbung der Fertigkeit an der Luntenmuskete
Nach Leo Weisz, "Die Werdmüller": Ab dem
14. Jh. hatten die Eidgenossen zur Ablösung der ritterlichen Tradition
beigetragen. Die eidg. Schlachtordnung war auch Marschordnung. Der Gewalthaufen
hatte in der Tiefe 20 Glieder mit Helle-barden und Spiessen an den Flanken und
wirkte erfolgreich als geschlossene Masse. Die Vorhut hatte Bogenschützen,
zahlreiche Spiesse und einige Helle-barden. Die Nachhut deckte den Tross. Die
Infanterietaktik wirkte mittels elementaren Bewegungen. Die Entwicklung der
Feuerwaffen im 16. Jh. änderte die Kampfweise. Die Koordi-nation von Musketen
und Spiessen war schwierig. Dieses Problem wurde zu Beginn des 17. Jh. durch die
spanische Ordnung gelöst (Spiesse innen, Schützen aussen, weniger grosse
Kampfeinheiten). Für die unterdotierten Holländer entwickelte Moritz von Oranien
eine möglichst breite, durchmischte Aufstellung mit wenig Tiefe, wobei die
Schützen weniger eng standen und zum Nachladen nach hinten rotierten, was zu
ununterbrochenem Gewehrfeuer führte. Die Reiter wurden Musketiere und legten die
Lanzen ab. Die Anzahl verschiedener Kaliber wurde bei der Artillerie reduziert.
Aus der Antike wurde die innere Disziplin übernommen, sowie das Exerzieren für
den Truppenzusammenhalt, was anspruchsvollere Bewegungen erlaubte. Die Zahl der
Befehlshaber wurde stark erhöht.
Der Oranier wird
deshalb als Schöpfer des Offiziersstands verstanden. Sogar die Schanzarbeit als
zusätzliche taktische Fertigkeit konnte nun von Truppen verlangt werden, was
andernorts als entehrende Zumutung abgelehnt wurde. Im 30jährigen Krieg
(1618-1648) setzte Wallenstein (kath., kaiserlich deutsche Truppen) auf die
spanische Ordnung, während Gustav Adolf (prot., schwed.) auf die neue
hol-ländische Ordonnanz setzte und sie weiter entwickelte, strategisch
grosszügiger, mit besseren und leichteren Waffen und Rüstung. Die Geschütze
wurden aber grösser. Eine neue Fechtweise der Kavallerie diente einem
schockartigen Effekt. Neue humane Grundsätze stellten die Ehrenhaftigkeit des
Soldaten in den Vordergrund. Bewohner eroberter Gebiete wurden sogleich
schwedische Untertanen. Der bisherige Usus, dass der Soldat sich selbst vor Ort
verpflegte, wurde neu durch eine organisierte Verpflegung abgelöst, was
Plünderungen vermeiden sollte. Damit war ein Grundstein für die späteren,
stehenden Heere gelegt, aber auch für die Notwendigkeit eines geordneten
Kriegshaushalts.
Der schrittweise
Ersatz der Spiesse und Hellebarden durch Schusswaffen dauerte Jahrhunderte, auch
weil es Pflicht des Soldaten war, selber seine eigene Waffe zu besorgen. Bern
erfand sogar Bewaffnungsanforderungen als Heiratsbedingung. Im 17. Jahrhundert
verbreiteten sich vor allem die grossen, schweren Musketen (der Musketiere),
auch "Doppelhaken" genannt, weil der Schütze zum Zielen das schwere Gewehr auf
einem Gabelständer abstützen musste. Das Schloss liess eine glühende Lunte auf
die Pulverpfanne schnappen. Später waren es die Flinten (der Füsiliere), die ein
sogenanntes Steinschloss hatten, wo ein Stück Feuerstein (Flintstone, pierre à
fusil) beim Zuschnappen so kräftig an einem Eisenlöffel einen winzigen Eisenspan
abtrennte, dass dieser glühend in die Pulverpfanne befördert wurde (in Bern
erstmals ab 1653). Die Kampftaktik setzte weiterhin auf den Einsatz aller
Waffengattungen mit Spiessen (Schutz vor der Kavallerie), Hellebarden
(Nahkampf), Musketen (Distanzschuss) und Flinten (schnelles Nachladen). 1695
kaufte Zürich die letzten 50 Hellebarden als Zeughausreserve. Im ersten
Villmergerkrieg erlitt Bern u.a. deshalb eine Niederlage, weil es zu früh den
breiten Einsatz von Spiessen und Hellebarden reduziert hatte. Später wurden
zunächst sogenannte Spundbajonette in den Gewehrlauf gesteckt (Zürich erstmals
1681), anfangs noch ohne Parier-stange. Die handlicheren Flinten eigneten sich
besser als die schweren Musketen. 1689 schlugen die schottischen Highlander mit
Schwert und Schild die Engländer, weil diese nicht genug Zeit fanden, die
Spundbajonette aufzusetzen. Mit aufgesetztem Tüllenbajonett (erfunden 1687,
verwendet in Bern/Zürich ab 1706) konnte trotzdem weitergeschossen werden.
Mauerwerke umfassten meist massives
Erdwerk, so wie auch die Erdwälle von Schanzen im Feld an den dünnsten Stellen
eine Mindestdicke von 3.5 Metern hatten. Auch Feldlager von Armeen auf Kriegszug
wurden nach diesen Prinzipien mit Schanzwerken und Palisaden geschützt. Das
Wachstum der ländlichen Bevölkerung, die gestiegene Bedeutung von
Nahrungsproduktion und Handels-wegen, sowie die Entwicklung neuer
Kriegsstrategien zwangen dazu, die neue Befestigungskunst auch an allen
kriegsstrategischen Punkten (Brücken, Wege, offene Grenzen etc.) einer
Herrschaft anzuwenden. Eine Vielzahl von Schanzformen, meist mit französischen
Bezeichnungen, stand zur Auswahl, um für die jeweilige topographische und
strategische Situation die passende Lösung zu finden. So hat 1712 entlang der
Südgrenze des zürcherischen Militär-Quartiers Wädenswil jede Schanz eine andere
Form. Die mathematischen und zeichnerischen Anforderungen schufen einen neuen
Berufsstand für Kartographie (die in ihren Anfängen rein militärischen Zwecken
diente), Festungszeichnung und Artillerie (Berechnung der Flugbahn).